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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Weil Tak alles verändert hatte. Tak hatte ihm Power Wagons gegeben, die nicht nur Spielsachen waren; Tak hatte ihm Filme gegeben, die real waren; Tak war mit einem Paar Siebenmeilen-Cowboystiefel aus der China-Grube gekommen, die genau richtig waren für einen einsamen kleinen Jungen. Wer würde wollen, daß so ein wunderbarer Freund wieder fortging? Besonders, wenn man wieder im Gulag seines eigenen Schädels eingesperrt sein würde, wenn der vertraute Gefährte verschwand.
    Seth? fragte Tak wieder. Wo steckst du, altes Streitroß, du? Weit hinten im Netz der Höhlen und Tunnel und Schlupflöcher, die der Junge gebaut hatte (der Teil von ihm, der Tak nicht wollte, der Teil, der Angst vor dem Fremden hatte, der jetzt in seinem Kopf wohnte), nahm Tak einen Funken wahr, ein schwaches Pulsieren, das es kannte. Präsenz!
    Es war tatsächlich Seth. Er versteckte sich. Vertraute darauf, daß Tak ihn nicht sehen, hören oder riechen konnte. Was es strenggenommen auch nicht konnte. Aber das Pulsieren war da, eine Art Echolot-Piepsen, und wenn es Seth brauchte, konnte es ihn aufspüren und herauszerren. Das wußte Seth nicht, und wenn er ein braver kleiner Cowboy war, würde er es auch nie herausfinden. Ja, Sir, dachte es, als es den Kühlschrank aufmachte, ich bin ein regelrechter Ein-Mann-Verfolgertrupp. Aber selbst Verfolgertrupps müssen essen. Sie bekommen schrecklichen Hunger, diese Verfolgertrupps, wenn sie Bankräuber und Viehdiebe jagen.
    Auf dem obersten Rost stand frische Schokoladenmilch. Tak nahm mit Seths schmutzigen Händen den hohen weißen Tupperware-Krug heraus, stellte ihn auf den Tresen und inspizierte den Inhalt des Fleischfachs. Es waren Hamburger da, aber Tak konnte nicht kochen, und in Seths Gedächtaisspeicher fanden sich keine Informationen darüber, wie man es machte. Tak hatte nichts gegen rohes Fleisch - es schmeckte ihm sogar -, aber es hatte Hamburger zwei- oder dreimal so gegessen, und jedesmal war Seths Körper krank geworden. Wenigstens behauptete Tante Audrey, daß das rohe Fleisch ihn krank gemacht hatte, und Tak glaubte nicht, daß sie log (obwohl man bei Tante Audrey nie ganz sicher sein konnte). Beim letztenmal war es am schlimmsten gewesen - Seth hatte die ganze Nacht gekotzt und geschissen. Tak hatte das Weite gesucht, bis es vorbei gewesen war, und sich nur ab und zu vergewissert, daß keine komischen Sachen abliefen. Es haßte Seths Ausscheidungsfunktionen schon, wenn sie normal waren, aber in jener Nacht waren sie alles andere als das gewesen.
    Also keine Hamburger.
    Aber es fand Mortadella und ein paar Kraft-Scheibletten - die gelben, die es besonders gern mochte. Es stellte die Nahrungsmittel mit Seths Händen auf den Tresen und nutzte die außergewöhnlichen Geisteskräfte, die sie beide besaßen, um einen Plastikbecher von McDonald's vom Schrank herüberschweben zu lassen, wo sie aufbewahrt wurden. Während es sich ein Sandwich machte, indem es Wurst und Käse auf dick mit Senf beschmierte Weißbrotscheiben klatschte, schwebte der Plastikkrug in die Höhe und füllte den McDonald's-Becher, auf dem ein verblassendes Bild von Charles Barkley zu sehen war, der ein Spiel eins-gegen-eins mit dem Tasmanischen Teufel machte. Tak trank die halbe Schokoladenmilch mit vier gewaltigen Zügen, rülpste und leerte den Becher vollends. Es schenkte sich mittels Geisteskraft einen weiteren Becher ein, während es in das Sandwich biß, ohne darauf zu achten, daß Senf herausquoll und auf Seths schmutzige Füße tropfte. Es schluckte, biß ab, schmatzte, schluckte, trank, rülpste. Das Brüllen in seinem Magen ließ nach. Das Schlimme am Fernsehen war - besonders wenn Die Regulatoren oder MotoKops 2200 kam -, daß Tak sich dafür interessierte, in seine machtvollen Träume versank und vergaß, Seths Körper zu füttern. Auf einmal waren sie beide dann so heißhungrig, daß Tak kaum klar denken konnte, geschweige denn handeln oder planen. Es trank sein zweites Glas Schokoladenmilch leer, hielt es über den Mund, um die letzten Tropfen aufzufangen, und warf das Glas in die Spüle zum restlichen schmutzigen Geschirr. »Nichts geht über einen Happen am Lagerfeuer, Pa!« rief es mit seiner besten Little-Joe-Cartwright-Stimme. Dann schwebte es wieder zur Küchentür, ein Ballon in Form eines schmutzigen kleinen Jungen mit einem Sandwich in der Hand.
    Mondlicht fiel durch das Wohnzimmerfenster herein. Die Poplar Street draußen war verschwunden. Sie war der Main Street von Desperation, Nevada,

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