Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
»Sie lügt, Pa«, sagte die Stimme von Dan Blocker ... und einen Moment sah der schwebende Junge wirklich wie Blocker aus. »Little Joe?« »Lügt, Pa.« »Root-root-root-root!«
    »Sei still, Rooty!« sagte die Stimme von Snake Hunter. Es war, als würde ein unsichtbares Ensemble talentierter Wahnsinniger eine Show für sie abziehen. Als das Ding vor ihr wieder das Wort ergriff, war Snake Hunter verschwunden und Ben Cartwright wieder zur Stelle, der gestrenge Moses der Sierra Nevada. »Wir sehen Lügner nicht gern auf der Ponderosa, Ma'am. Ausbüchser auch nicht. Was, meinen Sie, sollen wir mit Ihnen anfangen?« Tu mir nicht weh, versuchte sie zu sagen, brachte aber keine Worte heraus, nicht einmal ein Flüstern. Sie versuchte, auf ein internes Leitungsnetz umzuschalten, indem sie sich das kleine rote Telefon vorstellte, nur mit dem in den Plastikhörer eingestanzten Wort SETH darauf. Es machte ihr angst, daß sie Seth auf diese Weise direkt erreichen wollte, aber sie hatte noch nie so in der Klemme gesteckt. Wenn es beschloß, daß sie sterben mußte ... Sie sah das Telefon im Geiste, sah sich selbst in den Hörer sprechen, und was sie zu sagen hatte, war schmerzlich einfach: Laß nicht zu, daß es mir weh tut, Seth. Am Anfang hast du Macht über es gehabt, das weiß ich. Vielleicht nicht viel, aber ein wenig. Wenn du noch welche hast - Macht, Einfluß -, bitte laß nicht zu, daß es mir weh tut, bitte laß nicht zu, daß es mich tötet. Es geht mir elend, aber nicht so elend, daß ich sterben möchte. Noch nicht. Sie suchte nach einem Flackern von Menschlichkeit in den Augen des schwebenden Dings, nach der winzigsten Spur von Seth, fand aber nichts.
    Plötzlich schnellte ihre linke Hand in die Höhe, stieß wieder herab und schlug ihr mit einem Klatschen auf die linke Wange, das sich anhörte, als würde ein Stück Feuerholz brechen. Hitze strömte durch ihre Haut; es war, als hätte jemand eine UV-Lampe auf diese Gesichtshälfte gerichtet. Ihr linkes Auge tränte.
    Nun stieg ihre rechte Hand vor ihren Augen empor wie die Schlange eines hinduistischen Swamis aus ihrem Korb. Sie verharrte einen Moment vor ihrem Gesicht, dann ballte sie sich langsam zur Faust.
    Nein, versuchte sie zu sagen, bitte nicht, bitte, Seth, laß es nicht zu, aber auch diesmal brachte sie nichts heraus; die Faust, deren Knöchel im Halbdunkel übertrieben weiß wirkten, schlug zu, und dann schien Audreys Nase zu einer Wolke weißer Pünktchen, Schmetterlingen gleich, zu explodieren. Die Pünktchen tanzten irre vor ihren Augen, während warmes Blut ihr über Lippen und Kinn floß. Sie taumelte rückwärts.
    »Diese Frau ist eine Beleidigung für das Rechtsempfinden des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts!« sagte Colonel Henry mit seiner strengen Stimme - einer Stimme, die sie mit jeder Folge der verdammten Zeichentrickserie selbstgefälliger fand und mehr haßte. »Man muß ihr klarmachen, wie verwerflich ihr Tun ist.«
    Hoss: »Ganz recht, Colonel! Wir müssen diesem Miststück zeigen, wer die Oberhand hat!« »Root-root-root-root!«
    Cassie Styles: »Ganz recht, Rooty! Und wir wollen damit anfangen, daß wir sie ein wenig süßer machen!« Sie ging wieder - besser gesagt, wurde gegangen. Das Wohnzimmer schwebte an ihr vorbei wie eine Landschaft vor den Fenstern eines Zuges. Ihre Wange pochte. Ihre. Nase pochte. Sie konnte Blut auf ihren Zähnen schmecken. Jetzt stellte sie sich ein Telefon im Stil der MotoKops vor, in dem man seinen Gesprächspartner tatsächlich sehen konnte, und stellte sich weiter vor, wie sie Seth in diesem Telefon erblickte. Bitte, Seth, es ist deine Tante Audrey, erkennst du mich wieder, auch wenn mein Haar jetzt eine andere Farbe hat? Tak hat mich gezwungen, es zu färben, damit es wie das von Cassie aussieht, und wenn ich ausgehe, muß ich ein blaues Stirnband tragen, wie Cassie, aber ich bin es trotzdem, Tante Audrey, die dich aufgenommen hat, die auf dich aufpaßt, es zumindest versucht, und jetzt mußt du auf mich aufpassen. Laß nicht zu, daß es mich zu sehr verletzt, Seth, bitte nicht.
    In der Küche waren die Lichter aus, der Raum war eine Höhle voll dunkler, wallender Schatten. Als sie über den gelben Linoleumboden befördert wurde (der in sauberem Zustand fröhlich aussah, jetzt aber fettig und gelbstichig wirkte), kam ihr ein von einer schrecklichen Logik diktierter Gedanke: Warum sollte Seth ihr helfen? Selbst wenn er ihre Botschaft bekam und noch helfen konnte, warum sollte er? Flucht vor Tak bedeutete,

Weitere Kostenlose Bücher