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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Strich.
    Eines Abends besuchte ich eine Party, die Char lotte Blonsky organisiert hatte. Im allgemeinen mied ich solche Abende wie die Pest, denn man begegnete dort zahlreichen Schriftstellern, und ich war nicht gerade scha rf auf ihre Gesellschaft. Sie ödeten mich schnell an. Ich hielt mich generell ein wenig abseits auf, bis man mich holte und mit einem Schwall unverständlicher Worte überhäufte, entweder dem Rohmaterial für ein neues Buch oder der Zusammenfassung eines Vortrags, den sie in Vermont oder in Sydney vor vollbesetztem Saal gehalten hatten.
    Aber ich bestand darauf, an Charlotte Blonskys Party teilzunehmen.
    Sie war gut besucht, sehr gut besucht. Ich stellte fest, daß wertvolle Bilder an den Wänden hingen, während ich im Gefolge von Georges Blonsky von einem Zimmer ins andere ging und darauf wartete, das Wort an ihn richten zu können. Ich hatte keine Ahnung, was ich ihm sagen würde, ich wußte nicht einmal, ob ich mit ihm reden würde. Ich begnügte mich damit, ihm zu folgen, und schnappte mir im Vorübergehen hier und dort ein paar belegte Bro te, die von charmanten Hostessen in superkurzen schwarzen Röcken angeboten wurden, sowie ab und zu ein Glas Champagner.
    Ich schüttelte auch diverse Hände, nahm aber nur das summende Geräusch der Unterhaltungen wahr, ich konnte den Blick nicht von dem Mann im Blazer abwenden, der meine Tochter aufs Kreuz legte. Manchmal war ich fast auf Tuchfühlung mit ihm, konnte die Poren seiner Haut sehen, sein Parfüm riechen und den Stoff seines Blazers streifen. Schließlich stellte ich mich vor.
    »Ich bin Lilis Vater. Sehr erfreut.«
    Ich streckte ihm die Hand entgegen. Er drückte sie, ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen. »Ich weiß. Wir kennen uns.«
    »So gut nun auch wieder nicht«, erwide rt e ich und konzentrierte mich auf das unange- nehme Ge fühl, das der Kontakt seiner Haut mit der meinen hervorgerufen hatte. »So gut nun auch wieder nicht, verehrter Freund.«
    Ich war unfähig, das Gespräch weiterzuführen, und ließ ihn gehen. Durch ein offenes Fenster streckte ich meine Hand nach draußen und ver grub sie in dem Schnee, der auf dem Sims lag, einer Schicht von mehreren Zentimetern, die sengend heiß wurde. Wie konnte er es nur wagen? Wie kam er nur darauf, daß er irgendein Anrecht auf etwas habe? Auf junges Blut, auf Blut von meinem Blut? Das ging mir wirklich gegen den Strich. Ich hatte gesehen, was ich aus der Nähe hatte sehen wollen, und diese widerwärtige Hand berührt.
    Halb betrunken knöpfte ich mir später zwischen Tür und Angel Charlotte vor.
    »Ich muß mit dir über deinen Mann sprechen«, sagte ich.
    »Mein Lieber, das Thema ist seit langem abgeschlossen.«
    Ich betrachtete eine Weile die jungen Hostessen, die wie Spatzen von einer Gruppe zur anderen trippelten. Man hätte nur die Hand auszustrecken brau chen, um sich eine von ihnen zu schnappen. Das war das Problem. Aber wie sollte man wissen, was in ihren Köpfen vorging. Wie hatte sich Lili nur in Georges Blonsky vergucken können?
    Ich machte mich auf die Suche nach ihm.
    Als ich ihn fand, stand er gerade auf dem Flur. »Ich fühle mich nicht gut«, erklärte er mir.
    »Na prima, dann geht es uns ja ähnlich. Freut
    mich, das zu hören.«
    Er hatte die Hand auf die Brust gelegt und ver drehte die Augen, doch der Flur drehte sich auch um mich. Ich lehnte mich mit der Schulter gegen die Wand.
    »So, nun hören Sie mal zu...« begann ich.
    Ich hielt ihn fest, sonst wäre er gefallen.
    »Jetzt sperren Sie mal weit die Ohren auf...«
    Und dann starb er in meinen Armen an einem Herzinfarkt. Er stieß in meinen Armen den letzten Seufzer aus. Er klammerte sich noch an mich, als ich ihn auf den Boden gleiten ließ. Sein altes Herz hatte ihn plötzlich im Stich gelassen.
    Als erstes wurde ich zumindest in einer Hinsicht beruhigt: Lili war nicht auf alte Männer fixiert. Ich war erleichtert, als ich nach den Feiertagen ent deckte, daß sie mit einem jungen Typen ging, der noch alle Zähne besaß und normale Kleidung trug.
    Aber die Enttäuschung ließ nicht lange auf sich warten.
    Georges Blonskys Tod hatte sie in Wirklichkeit viel stärker getroffen, als ich gedacht hatte. Sie wei gerte sich, mit mir darüber zu sprechen, und ver mied sogar, soweit möglich, jede Unterhaltung mit mir. Wenn sie abends nicht überhaupt unter dem Vorwand, sie habe keinen Hunger, in ihrem Zimmer blieb, hatte ich große Mühe, den Kontakt zu ihr herzustellen. Ich fand sie blaß, völlig abwesend,

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