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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Augenblick gewesen. Vielleicht aber auch nicht.
    Egal, jedenfalls solle ich ihr nicht mehr auf den Wecker fallen, und dabei knallte sie die Tür ihres Zimmers zu.
    Was auch immer der Grund für unsere Ausein andersetzung gewesen sein mochte, es war klar, daß jetzt der kleinste Funken alles in Brand setzen konnte, und auch wenn ich darauf vorbereitet war, hatte ich Mühe, mich damit abzufinden.
    Ich schenkte mir ein Glas ein, ließ ein paar Minuten verstreichen und ging dann wieder zu ihr hin.
    »Hör zu«, sagte ich zu ihr, »ich habe lange ge glaubt, du seist die einzige Frau auf der Welt, mit der ich keine Probleme haben würde. Aber ich ha be meine Meinung geändert. Ich habe festgestellt, daß ich mich geirrt habe. Du kannst mich ansehen, wenn ich mit dir rede.«
    Sie schleuderte auf ihrem Drehstuhl herum, als sei er mit Raketen bestückt.
    »Ich bin achtzehn. Ich bin volljährig.«
    Ihre Mu tt er war ziemlich dickköpfig gewesen. Sie wäre lieber in einem Swimmingpool abgesof fen, als daß sie nachgegeben hätte.
    »Ich habe dir schon erklärt, daß das nicht das Problem ist. Ob du volljährig bist oder nicht, ist nicht das Problem. Das Problem liegt darin, daß er sechzig ist. Verstehst du das?«
    »Na und, auch wenn er sechzig ist. Was geht dich das an?«
    »Entschuldige, Lili, aber es gibt da Grenzen.« »Ich will, daß du mich Lilian nennst. Bist du taub?«
    »Willst du wissen, was ich denke? So ein Typ ge hört ins Gefängnis. Und ich glaube, ich bin ziem lich liberal eingestellt. Obendrein ist er noch verheiratet. Umlegen müßte man ihn, das sage ich dir.«
    »Raus aus meinem Zimmer!«
    »Zwing mich nicht, ihn aufzusuchen, um mit ihm zu reden.«
    »Wenn du das tust, zieh ich aus.«
    »Zwing mich nicht, ihn zur Rede zu stellen. Mehr sage ich nicht dazu.«
    Ich ging ins Wohnzimmer zurück und sah zu, wie es schneite. Ganz kleine feine Schneeflocken wie Pulver. Anschließend schob ich einen tiefgekühlten Auflauf in den Backofen.
    Wir aßen stumm.
    Dann sagte ich zu ihr: »Und ich hatte geglaubt, du seist die einzige Frau auf der Welt, die mir nur Gutes bringen würde. Da siehst du, wie man sich irren kann.«
     
    Ich war rein zufällig der Hauptaktionär eines klei nen Verlags geworden - aus dem ich offiziell meine Einkünfte bezog -, und wir ha tt en etwa ein Dut zend Autoren in unserem Katalog, unter anderem auch Charlotte Blonsky, die immer Vorschüsse verlangte, die in keinem Verhältnis zu den Verkaufszahlen ihrer Bücher standen - alle diese Autoren haben im Grunde die Seele eines Hais. Und aus rei ner Herzensgüte hatten wir ein paar Monate zuvor zu Ehren von Charlotte Blonsky in der Buchhandlung eine kleine Cocktailparty veranstaltet, um das Erscheinen ihres neuen Buchs Der erdrosselte Liebhaber zu feiern, das meine beiden Mitaktionäre Corinne und Sandra einfach umwerfend fanden - und dazu hatten sie ihr Foto an den Wänden der Buchhandlung ausgestellt.
    Charlottes Mann war ein Typ um die Sechzig in einem marineblauen Blazer - das gab's auch noch? - mit goldenen Knöpfen. Dazu trug er ein Halstuch. Wer hätte sich gedacht, daß solche Leute immer noch frei herumliefen? Und dennoch wurde er von Frauen umringt. Georges Blonsky. Ein Mann, der von einem anderen Stern zu kommen schien.
    »Sagst du das im Scherz?« fragte ich Lili auf dem Heimweg. »Du findest also, daß er Charme hat. Daß Georges Blonsky Charme hat. Ist es seine Rapperkleidung, die dich so begeistert?«
    Ich hatte sie lächelnd angesehen, denn ich ge wöhnte mich allmählich daran, von ihr das Gegen t eil von dem zu hören, was ich sagte.
    Und schließlich hatte ich hinzugefügt: »Nein, meinst du das im Ernst? Du machst dich wohl über mich lustig.«
    Ich mußte feststellen, daß sie es ernst meinte. lch mußte feststellen, daß Georges Blonsky an jenem Abend meiner Tochter den Kopf verdreht hatte.
    Er war nicht der erste, das war nicht das Pro blem. Schon seit zwei Jahren traf sie, wie die meisten ihrer Freundinnen, die entsprechenden Vorkehrungen - wenigstens war ich nicht der einzige Vater, der die Zähne zusammenbeißen und diesen harten Schlag, dem jeder zu entgehen hoffte, hinnehmen mußte -, und sie kannte sich auf diesem Gebiet mindestens so gut aus wie ich. Das war nicht das Problem.
    Ich wußte nicht, worin es genau bestand, wenn ich mal ganz in Ruhe darüber nachdachte. Es kam sogar vor, daß ich genug Abstand gewann und mir sagte, daß die Situation gar nicht so dramatisch sei. Aber irgend etwas ging mir gegen den

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