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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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erschossen. Männer schaufelten Massengräber – Tag und Nacht.
    Das Krematorium war rund um die Uhr in Betrieb.
    Und auch seine Zeit nahte; er wusste, dass er am nächsten Tag an der Reihe war.
    Doch dann hob ein Flüstern an im Lager. Aus dem Krankentrakt, dort, wo man die Experimente durchgeführt hatte, war jemand geflohen.
    Die Zahl derer, die am nächsten Tag sterben sollten, wurde erhöht. Die Wächter waren brutal wie nie und sorgten dafür, dass die Gefangenen genau wussten, was sie erwartete. Bald, sehr bald.
    Aber es kursierten weitere Gerüchte.
    Es hieß, dass Wächter – gut ausgebildete, erfahrene Wäch-ter – getötet worden seien. Und Andreson sei verwundet worden, raunte man sich zu.
    In jener Nacht …
    … setzten sie sich zusammen – Männer, die ob ihrer Herkunft oder ihres Glaubens interniert worden waren, Widerstandskämpfer, sogar ein paar sogenannte Verrückte. Sie überlegten, ob man die Wächter überwältigen und den anderen die Möglichkeit zur Flucht eröffnen könnte, selbst wenn man sein Leben opfern müsste.
    Sie kauerten im Dunkeln und sprachen gerade über die Stellungen der Wächter und über deren Waffen, als die ersten Schüsse fielen.
    Alle sprangen auf und lauschten.
    Weitere Schüsse fielen. Die Wächter schossen, stritten sich …
    Einige schrien, als hätte sich die Hölle aufgetan und würde sie verschlingen.
    Die Tür wurde aufgestoßen.
    Drinnen war es finster, draußen war Licht, grelles Licht. Er erkannte nur eine Silhouette an der Tür – eine unfassbare Silhouette.
    Er schrie laut auf.
    Doch gleich darauf stürmte ein Mann herein. Er schloss Fesseln und Ketten auf.
    Jemand rief, man habe Waffen, die man den gefallenen Wächtern abgenommen habe.
    Er taumelte ins Freie. Dort ging alles drunter und drüber, ein Anblick des Grauens bot sich ihm.
    Auf dem Hof lagen Wächter in ihrem Blut. Andere, die überrascht von dem Aufstand aus ihren Baracken kamen, wurden rasch niedergemäht von den Gefangenen, die inzwischen Waffen in den Händen hielten und noch stark genug waren, sie auch zu benutzen.
    Er spürte neue Kraft in sich. Beeilt euch!, ertönte es von allen Seiten. Manche Gefangene erhielten die Aufgabe, die anderen zu befreien und sich um die Frauen und die Kinder zu kümmern, die anderen hatten den Kampf gegen ihre brutalen Häscher aufgenommen.
    Er rannte von Baracke zu Baracke und erinnerte sich an alles, was er früher auf der Straße gelernt hatte – in einer anderen Welt und an einem anderen Ort. Er duckte sich im Schutz der Gebäude und merkte, dass er die Schritte der Wächter wahrnehmen konnte, merkte, dass er noch immer seine Waffe einsetzen konnte.
    Baracke um Baracke, Fußbreit um Fußbreit begann eine Handvoll Männer, kaum mehr als lebende Leichen, den Sieg zu erringen.
    Beim Krankentrakt wurde er aufgehalten. Er kauerte mit dem Rücken gegen die Tür, als sich plötzlich eine Hand – eine Hand wie eine Eisenfaust – auf seine Schulter legte.
    Fast hätte er laut aufgeschrien.
    Fast hätte er die Kontrolle über sich verloren, seine Automatik blind in die Nacht abgefeuert.
    Aber dann …
    … wusste er Bescheid.
    Paul saß vor Erleichterung schluchzend auf dem Fußboden.
    Die Kleider gehörten nicht Yvette. Sie war es nicht, die so schrecklich verstümmelt worden war, dass man sie ihnen nicht hatte zeigen wollen.
    Er war so froh, dass er Monsieur François’ Bein umarmte. Monsieur François war ebenfalls erleichtert, aber er war auch ungeduldig und gereizt. Er hätte schon längst in seinem Café sein sollen.
    Die Polizisten waren so freundlich, Paul hochzuhelfen. Er hörte sie irgendetwas von Fingerabdrücken und DNS murmeln und davon, dass sie sich vergewissern müssten, dass es sich bei der Leiche nicht um Yvette handelte. Paul war sich bereits sicher.
    Diese Sachen gehörten nicht ihr.
    Sie wurden von den Polizisten zur Wache zurückgebracht. Monsieur François schimpfte lauthals vor sich hin. Er konnte es kaum erwarten, an seine Arbeit zurückzueilen. Er hätte schon Unsummen verloren, meinte er. Zum Schluss sagte er noch, man müsse Paul strengstens verhören, die Polizisten hätten ja keine Ahnung, wie schlimm er sich mit Yvette gestritten habe. Er wiederholte noch einmal alles, womit Paul Yvette gedroht hatte.
    Doch offenbar hatten die Polizisten eher Mitleid mit dem armen, tränenüberströmten Burschen. Sie nahmen Paul jedenfalls nicht fest.
    Als er das Revier verließ, konnte er sich kaum auf den Beinen halten, und nach ein paar

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