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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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gemacht, jedenfalls nicht mehr, als sie ohnehin schon hatte. Allerdings hatte er etwas angedeutet, worüber sie gerne etwas mehr gewusst hätte.
    »Solche Dinge hat es hier seit Hunderten von Jahren nicht mehr gegeben?«, hakte sie nach.
    »Na ja, hier erzählt man sich so manches. Zu Zeiten des Sonnenkönigs sind angeblich alle möglichen schlimmen Dinge passiert. Ich habe mich nie besonders für Geschichte interessiert, deshalb kann ich Ihnen nicht viel darüber erzählen. Aber bei der Leiche, die bei der Ausgrabung gestohlen wurde, handelt es sich um Louisa de Montcrasset, eine Geliebte des Königs. Es heißt, dass sie den König um den kleinen Finger gewickelt hatte, und weil er so in sie vernarrt war, weigerte er sich, zu glauben, dass sie zu etwas Bösem fähig war. Und deshalb konnte sie alle möglichen grauenhaften Taten vollbringen. Angeblich hat sie arme junge Leute entführt – Männer wie Frauen, da war sie nicht heikel – und seltsame Rituale veranstaltet. Sie hat in Blut gebadet, sie hat Blut getrunken und vom Blut ihrer Opfer gelebt, weil sie glaubte, das würde ihr zur ewigen Jugend verhelfen und zu ihrer erstaunlichen Anziehungskraft beitragen. Aber irgendwann konnte der König die Augen nicht mehr verschließen. Allerdings wollte er nicht, dass seine Geliebte vor aller Welt gedemütigt wird. Sie war die Tochter eines berühmten Ritters, der jahrelang tapfer für Frankreich gekämpft hatte, und trotz ihrer Untaten konnte der König seine Liebe zu ihr nicht völlig vergessen. Nachdem hieb- und stichfeste Beweise gegen sie vorlagen, weigerte er sich allerdings, sie noch einmal zu empfangen. Es gab Beweise für ihre Untaten, aber auch dafür, dass sie den König mit einem anderen Mann betrogen hatte. Seinen Rivalen behandelte er nicht so nachsichtig; angeblich befahl er, den Burschen in seinem Bett zu erschlagen, seinen Leichnam zu zerstückeln und in die Seine zu werfen. Offenbar hatte sich eine sektenartige Gruppe zusammengefunden, deren einziges Anliegen es war, Louisa und ihren bösen Gefährten zur Strecke zu bringen. Diese Leute verhalfen dem König dann auch zu der Einsicht, welch schändliche Taten auf das Konto seiner Geliebten gingen. Aber selbst da weigerte sich der König, Louisa in die Öffentlichkeit zerren oder ihre Schönheit zerstören zu lassen. Auf seinen Befehl hin wurde sie in einem versiegelten Sarg bestattet. Danach hatte auch der Schrecken ein Ende, der in Paris und hier im Dorf gewütet hatte.«
    »Ich kenne die Geschichte von Louisa de Montcrasset«, meinte Tara. »Aber ich wusste nicht, dass sie neben dem König noch einen anderen Geliebten hatte oder dass dieser Mann umgebracht wurde, als sie begraben wurde.«
    »So etwas steht natürlich in keinem Geschichtsbuch«, meinte der junge Mann. »Das sind alles lokale Legenden. Aber jetzt, nachdem ihr Sarg entdeckt wurde, steht ja wohl fest, dass vieles davon wahr ist. Zumindest stimmt es wohl, dass es diese Frau gegeben hat – falls es sich bei der Leiche in der Grabkammer tatsächlich um sie handelte. Ganz genau kann man das natürlich nicht sagen, jetzt wo der Leichnam verschwunden ist.«
    »Das mag schon sein«, murmelte Tara.
    »Hätten Sie gerne noch eine Tasse Kaffee?«, fragte der Kellner höflich.
    »Nein, vielen Dank«, erwiderte Tara. »Bringen Sie mir bitte die Rechnung.«
    Während Tara in ihrem Geldbeutel nach dem passenden Kleingeld kramte, merkte sie plötzlich, dass jemand an den Tisch getreten war. Sie blickte hoch.
    »Miss Adair, wie geht es Ihnen?«
    Es war Kommissar Trusseau. Tara hatte wahrhaftig keine Lust auf ein Gespräch mit ihm. Hier im Café hatte sie nicht viel erreicht, aber ihr war eingefallen, dass sie doch etwas tun konnte – etwas Praktisches: Sie konnte Jacques aus dem Haus schaffen.
    »Herr Kommissar, hallo, wie geht es Ihnen?«, fragte sie und erhob sich rasch.
    »Danke, gut. Und Ihnen?«
    »Recht gut.«
    Sie musterte ihn verlegen.
    »Ich glaube, wir werden Ihnen bald einen Besuch abstatten«, erklärte Trusseau. Er war ein großer, gut aussehender Mann, der irgendwie nicht zu der Vorstellung passen wollte, die Tara von einem Spezialisten für Spurensicherung hatte, aber vielleicht war er ja doch ein Fachmann auf seinem Gebiet. Jedenfalls war er attraktiv und schien über die nötigen Umgangsformen zu verfügen, die ihm die Türen öffneten, falls es die Autorität nicht tat.
    »Ja, ich weiß, dass Kommissar Javet mit meinem Großvater sprechen möchte.«
    Trusseau nickte. »Ich fürchte,

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