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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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denn der Mann war erst seit Kurzem tot. So schnell können Sie keine Reichtümer und auch keine mumifizierte Leiche versteckt haben. Vorläufig verhafte ich Sie also nicht wegen Mordes.«
    »Aha.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich nehme an, ich stehe unter Beobachtung.«
    »Das ist richtig.« Javet zögerte kurz, als müsse er seine nächsten Worte gut überlegen. »In der Stadt macht sich ohnehin schon ein gewisses Unbehagen breit.«
    »Ach so?« Brent runzelte die Stirn. Er hatte sich so auf die Arbeit in der Gruft konzentriert, dass er kaum etwas anderes wahrgenommen hatte. »Sind denn in letzter Zeit schon andere Morde passiert?«
    Javet beobachtete ihn genau, weil er sehen wollte, wie der Mann auf diese Nachricht reagierte. Nun zuckte er die Schultern. »Wahrscheinlich hat es gar nichts miteinander zu tun. Es gab ein paar Vermisstenanzeigen. Aber Sie wissen ja – manchmal verschwinden Leute, weil sie eben einfach verschwinden wollen.«
    Brent beugte sich vor. »Und manchmal verschwinden sie, weil ihnen etwas angetan wurde. Wie viele Leute werden denn vermisst?«
    Wieder zog Javet die Schultern hoch. »Fünf, laut meinen Unterlagen. Darunter eine britische Touristin, eine junge Frau, Mitte zwanzig.« Er zog eine Schublade auf und holte eine Akte heraus, in der er zu blättern begann. »Ein junger Mann und vier junge Frauen. Zwei von ihnen sind auf den Strich gegangen, der Mann und die anderen beiden Frauen waren Touristen. Die drei besaßen Bahnpässe und waren mit Rucksäcken unterwegs, sie können also überall sein. Und was die Prostituierten angeht … die beiden haben jeweils in einer sehr zwielichtigen Gegend angeschafft und waren außerdem drogenabhängig, und … Na ja, sie waren zwar jung, haben dem Tod aber Tag für Tag ins Auge gesehen.«
    »Eine Prostituierte, die ihr Zuhälter oder ein Freier umgebracht hat, findet man doch bestimmt in irgendeiner Gasse, glauben Sie nicht?«
    »Wir haben keine einzige Leiche gefunden, und wie gesagt – die anderen jungen Leute könnten überall sein. Sie wissen schon – Kinder, die einfach vergessen, sich daheim zu melden, und nervöse Mamis, die dann bei uns anrufen und noch nervöser werden. Jedenfalls haben wir die Anzeigen aufgenommen, Fotos und Akten liegen jetzt in sämtlichen Revieren im Großraum Paris.«
    »Mir ist weder in den Nachrichten noch in der Zeitung etwas in diese Richtung aufgefallen.«
    »Dann sind Sie über die erste Seite nicht hinausgekommen. Über die Sache wurde berichtet.«
    »Vielleicht sollte häufiger darüber berichtet werden.«
    »Paris ist die Stadt des Lichts. Wir brauchen Besucher aus der ganzen Welt. Deshalb versuchen wir, die Öffentlichkeit nach Möglichkeit nicht unverantwortlich in Angst und Schrecken zu versetzen.«
    »Aber sie zu warnen wäre ja trotzdem ganz nett.«
    »Sie sollten jetzt wohl besser gehen, bevor ich doch noch beschließe, Sie zu verhaften.«
    Brent lehnte sich zurück. »Sie werden mich nicht verhaften. Sie vermuten nämlich, dass die Vermissten etwas mit diesem Mord zu tun haben. Und Sie wissen ganz genau, dass ich Jean-Luc nicht umgebracht habe. Es gibt also einen unbekannten Mörder dort draußen. Er – oder sie – könnte befürchten, dass ich etwas gesehen habe, und ich könnte deshalb als Köder rumlaufen, um den wahren Mörder anzulocken.«
    Javet zuckte mit den Schultern. »Mag sein.« Er starrte Brent nach wie vor so eindringlich an, als wolle er in seiner Miene lesen.
    Brent starrte ungerührt zurück.
    Schließlich hob Javet die Hände. »Sie können gehen – solange Sie in der Nähe bleiben.«
    »Nun denn – ich kann Sie schlecht bitten, mir als Fremden zu vertrauen, aber ich bin genauso interessiert daran wie Sie, Sir, diesen Mörder zu überführen«, erklärte Brent und stand auf.
    Auch Javet erhob sich und schüttelte ihm die Hand. Dann flüsterte er einem Mann, der an seinen Schreibtisch getreten war, etwas zu. Der Kommissar wusste, dass Brent fließend Französisch sprach, und offenbar wollte er nicht, dass der Amerikaner seine Anweisungen mitbekam.
    Doch selbst wenn er bei diesem kurzen Wortwechsel nicht zugegen gewesen wäre, wäre ihm klar gewesen, dass man ihn beschatten würde.
    Er trat ins Freie und zündete sich eine Zigarette an. Dann blieb er reglos stehen.
    Hier war etwas …
    Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich seiner.
    Und nicht zum ersten Mal. Er hatte es bereits gespürt, als er mit Tara aus der Kirche gekommen war und sie gedrängt hatte, so rasch wie möglich

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