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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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du mich denn in Gefahr gebracht?«
    »Ich wollte es nicht«, sagte er leise. Er schnitt eine Grimasse. »Aber immerhin warst du nicht mehr in den Katakomben, und du bist nicht zur Polizei gegangen.«
    »Moment mal: jeder anständige Bürger …«
    »Du bist Amerikanerin, keine Französin«, fiel er ihr ins Wort.
    »Als Weltbürger …«
    »Du hättest nichts tun können«, unterbrach er sie abermals.
    »Ich finde immer noch, dass ich auf der Stelle aufbrechen und mit der Polizei reden sollte.«
    »Nein!«, protestierte er so erregt, dass sie Angst um ihn bekam. Sein Gesicht war aschfahl geworden, und er sah schwach und gebrechlich aus.
    »Aber …«
    »Der Bursche, der darauf bestanden hat, dass du verschwindest, hat dir tatsächlich einen großen Gefallen getan. Dein Name darf bei den Ermittlungen auf keinen Fall auftauchen. Jemand ist runter in die Katakomben und hat einen Arbeiter ermordet. Vielleicht ist der Täter sehr gefährlich. Wenn dein Name mit dem Fall in Verbindung gebracht wird, könntest du in der allergrößten Gefahr schweben.«
    »Großpapa«, sagte Tara, »du musst mir unbedingt erklären, was hier los ist. Der Professor glaubt, dass dort unten eine Adlige begraben liegt. Wurden ihr denn Schätze mit ins Grab gegeben? Welchen Grund hätte jemand, einer Leiche wegen einen Mord zu begehen?«
    »Nimm dir erst mal einen Brandy!«, beharrte er.
    Da sie noch immer sehr aufgewühlt war, folgte sie seinem Vorschlag und leerte den Inhalt eines kleinen Kognakschwenkers in einem Zug. Wärme durchflutete sie. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie kalt ihr gewesen war. Sie nahm sich gleich noch ein Glas und setzte sich damit an die Bettkante.
    »Sag mir …«
    »Was war das für ein Bursche, der darauf bestanden hat, dass du nach Hause gehst?«
    »Was das für einer war? Er hat dort unten gearbeitet.«
    »Alt? Jung? Franzose, Engländer, Italiener?«
    »Amerikaner. So zwischen – keine Ahnung, Ende zwanzig, Anfang dreißig, glaube ich.«
    Jacques runzelte die Stirn. »Und wie sah er aus?«
    »Staubig.«
    Abermals runzelte er die Stirn.
    »Mittelgroß, drahtig, stark. Er hat eine dicke Holztür eingedrückt, um uns die Flucht aus der Kirche zu ermöglichen. Braune Haare, glaube ich. Haselnussbraune Augen.«
    »Kurzes Haar?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich bis zum Kragen oder länger. Er hatte es zurückgebunden.«
    Jacques runzelte noch immer die Stirn. Er sah seine Enkelin nicht an, sondern schien in seinen Erinnerungen zu kramen. »Na ja, die Haare – Haare können sich verändern.«
    »Was redest du da? Jacques, bitte, du musst mir sagen, was hier los ist.«
    Nun sah er sie direkt an. »In den Ruinen der alten Kirche lauert das Böse.«
    Sie seufzte und biss sich auf die Lippen. »Jacques, damit kann ich mich nicht zufriedengeben.«
    »Du bist in Sicherheit«, sagte er mehr zu sich selbst als zu ihr. »Gott sei Dank. Ich hätte nicht gedacht, dass sie schon so weit sind. Ich hätte dich niemals dorthin geschickt, wenn ich nicht geglaubt hätte, dass noch Zeit ist, das Ganze … aufzuhalten, mehr herauszufinden. Jetzt weiß ich alles. Ich war töricht. Aber es ist so schwer, etwas dagegen zu tun. Es sind nur noch so wenige von uns übrig. Weißt du, die Welt hat sich verändert. Aber das ist unerheblich. Geh zu meiner Kommode und zieh die oberste Schublade auf.«
    Sie blieb stur sitzen. »Erst wenn du mir gesagt hast, was hier gespielt wird.«
    Er schloss die Augen und fasste sich plötzlich an die Brust.
    »Großpapa!«
    Ein altes wässriges Auge ging auf.
    »Tu, was ich dir gesagt habe!«
    »Nein, das tue ich nicht. Ich rufe jetzt einen Notarzt.«
    »Nein, verdammt noch mal! Ich bin nur etwas erschöpft, aber ich habe keinen Anfall. Tu bitte, was ich dir gesagt habe!«
    »Ich lass jetzt nicht mehr locker«, erklärte sie fest.
    »Mach die Schublade auf.«
    Endlich folgte sie seiner Aufforderung. Die Schublade wirkte sehr aufgeräumt.
    »Hol die kleine braune Schachtel raus und mach sie auf.«
    Auch das tat sie. Es lag ein Kreuz darin, ein wunderschönes Kreuz, achtzehn Karat Gold, schätzte sie, ein großer, fein gearbeiteter Anhänger in Form eines Kreuzes.
    »Leg es an!«
    »Ich trage einen Steinanhänger. Einen Geburtsstein.«
    Er schüttelte den Kopf. »Bitte, ich flehe dich an: Trag es mir zuliebe!«
    Sie nahm den Geburtsstein ab und legte sich das Kreuz um den Hals. Dann trat sie wieder an sein Bett. Sie wunderte sich, wie fest er ihre Hand umklammerte.
    »Setz dich.«
    Sie setzte

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