Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
Vom Netzwerk:
nach Hause zu fahren.
    Jetzt …
    Einen Moment lang war das Gefühl sehr stark.
    Etwas war in seiner Nähe, ganz nah.
    Er sah sich stirnrunzelnd um. Plötzlich schien das Revier in einen dunklen Schatten gehüllt. Am Fuß des kleinen Hügels, vor allem um den Eingang zur Katakombe, machten sich noch immer viele Beamte zu schaffen.
    Er warf noch einmal einen Blick auf das Revier und ließ sich das Gespräch mit Javet durch den Kopf gehen. Er dachte über alles nach, was er von diesem Mann gehört und gesehen hatte.
    Es ergab keinen Sinn.
    Trotzdem war es da – ein gewisses Unbehagen. Etwas war faul.
    Und zwar hier.
    Er kehrte ins Revier zurück. Der Beamte an der Pforte hielt ihn auf. »Sie wünschen?«
    »Ich muss noch mal kurz mit Javet sprechen.«
    »Er hat soeben mit einem anderen Kommissar das Haus verlassen. Kommen Sie später wieder.«
    Brents Unbehagen wollte nicht weichen. Und dennoch …
    Ihm war, als ob da etwas gewesen wäre …
    … das in diesem Augenblick verblasste.
    Und dann war es weg.
    Es hatte keinen Zweck, herumzustehen und mit dem diensthabenden Beamten zu verhandeln.
    Er trat wieder auf die Straße und ging einen Block weiter ins Café. Dort setzte er sich an einen Tisch im Freien und bestellte einen Kaffee und ein Glas Whiskey. Als die Getränke kamen, bezahlte er gleich. Dann lehnte er sich zurück und tat, als wolle er sich entspannen, während er auf die Absperrung um die grob gezimmerte Treppe starrte, die hinunter zur Ausgrabung führte. Auch die Umgebung um das Portal, das er zertrümmert hatte, war abgesperrt.
    Schließlich fragte er den Kellner nach den Toiletten und erhob sich. Drinnen ging er durch eine Tür, auf der ›nur für Angestellte‹ stand, in einen Gang, der zu dem Lieferanteneingang auf der Rückseite des Gebäudes führte.
    Niemand folgte ihm.
    Sein Wagen stand vor dem Café. Er beschloss, ihn stehen zu lassen, und ging in die nebenan liegende Bar. Dort benutzte er einen Münzfernsprecher, obwohl er auch ein Handy besaß.
    Er hätte nicht sagen können, ob das Telefon geklingelt hatte. Jedenfalls antwortete eine tiefe Stimme unmittelbar, nachdem er gewählt hatte. »Hallo?«
    »Ich brauche dich«, erklärte er unumwunden.
    »Ich weiß. Ich habe geahnt, dass es so weit kommen würde. Es ist heute passiert – für dich heute Abend.«
    »Ich hätte es wissen müssen. Ich habe es vermutet. Ich … ich habe versagt«, meinte Brent tonlos.
    »Niemand trägt die Schuld, es sei denn ich selbst.«
    »Einer ist tot. Mehr kann ich bislang nicht sagen. Ich halte jedenfalls die Augen offen.«
    »Wir haben schon die Tickets. Holst du uns in Orly ab?«
    »Nein. Ich war bei der Polizei. Wenn ihr hier seid, erkläre ich euch alles.«
    »Die Tickets sind auf den Nachtflug gebucht.«
    »Dann also bis morgen. Heute Nacht tue ich, was ich kann, aber Paris ist eine große Stadt.«
    »Auch ich tue, was in meiner Macht steht.«
    Er legte auf, ging nach draußen und vergewisserte sich, dass ihm auch diesmal niemand folgte.
    Dann stand er reglos da, ließ sich den Wind ins Gesicht wehen und lauschte.
    Hier war nichts. Nichts im Wind, nichts in der Luft.
    Er hatte keine Ahnung, was er als Nächstes tun sollte.
    Aber er durfte nicht tatenlos bleiben.
    Fünf Menschen waren verschwunden. Fünf, von denen die Polizei wusste. Paris war ein Verkehrsknotenpunkt, hier herrschte ein ständiges Kommen und Gehen.
    Es konnten mehr sein, weit mehr.
    Und jetzt diese junge Frau in der Gruft. Wenn sie gesehen worden war, wenn sie wussten, dass sie einen Verdacht hatte …
    Er dachte daran, mit dem Auto zu fahren, entschloss sich aber anders.
    Einen Moment lang machte er die Augen zu und beschwor ihr Bild herauf, wie sie in der Gruft gestanden hatte: schlank, blond, sich auffallend gerade haltend, schön, intelligent, argwöhnisch und sehr entschlossen. Aus der Fassung gebracht, aber nicht feige, und sehr würdevoll, selbst in dem Moment großer Angst. Er hatte sie kaum gesehen, hatte kaum mit ihr gesprochen …
    Und dennoch …
    Plötzlich überkam ihn der Impuls, sie zu beschützen und zu verteidigen. Nun wusste er auch, was er als Nächstes zu tun hatte – natürlich nur deshalb, weil er sich ziemlich sicher war, wer diese junge Frau war.
    Und weil er sich ziemlich sicher war, dass die verschwundenen Personen eine ganze Menge mit dem heutigen Mord zu tun hatten, hatte er auch allen Grund, sich Sorgen um sie zu machen.
    Die Nacht war lang. Zuerst einmal musste er sich vergewissern, dass die am stärksten

Weitere Kostenlose Bücher