Reich kann jeder
anziehen«, herrscht Anne mich an.
Merkwürdig aufgeregt bin ich. Im Auto immer noch, sogar noch mehr. »Mir ist so erwachsen«, sage ich. »Wenn wir jetzt reich wären, so reich wie er, wenn wir jetzt auch so viele Millionen hätten – meinst du, ich würde dann alle Frauen kriegen?«
»Hatte er alle?«
»Na, klar. Der wusste, wie es geht. Der hat schon mit sechs nur noch englisch sprechen wollen, um dem englischen Kindermädchen zu gefallen. Steht in seinem Buch.«
Dann erzähle ich ihr alles, was ich über ihn gelesen habe. Von der Bardot, die lieber Jeans trug als Röcke, von Juliette Gréco.
Dass er denkt wie wir, dass es keinen Zufall gibt. Dass er fast nie schläft, wie ich, manchmal nur drei Stunden – und sich am liebsten immer alles selbst erklären möchte.
Dass er ein Perfektionist ist – alles perfekt haben möchte. Und dass ich ganz schön überrascht bin, dass ein Mann wie er dieselben Gedanken denkt wie ich.
Noch eine halbe Stunde über die Autobahn, dann werden wir da sein und ich bei ihm. In seinem Garten, in dem manchmal ein Helikopter landet, mit dem er nach Monaco fliegt oder nach Nizza. Er möge es nicht, wenn im Sommer die Jachten dicht an dicht vor seiner Bucht liegen und die Besitzer sich mit dem Heli Zeitungen und Zwiebeln holen, wurde neulich geschrieben. Ich finde das sympathisch. Gunter Sachs nimmt sich nur einen Helikopter, wenn es wirklich Sinn macht. Wenn sich das rechnet, auch emotional.
Wir sind gleich bei ihm. Pinien und Palmen, und da ist ein leichter Wind, der dir die Haut streichelt. Ein Wetter, bei dem man Frauen ausziehen kann, ohne dass sie frieren, denke ich, als ein Pinienzapfen haarscharf an meinem Kopf vorbeidonnert. Ich stecke ihn ein, als Erinnerung.
Ich bin jetzt fast gar nicht mehr aufgeregt. Ich freue mich wie verrückt auf ihn, wie ein Kind an einem großen Tag. »Heute ist ein Ausflug in unsere Zukunft«, sage ich zu Anne. »Genieße es und höre ihm gut zu.«
Anne sieht fabelhaft aus – silberne Bändchen-Schuhe, kurze Tunika, die Haare offen, ganz leicht, wie sein Leben.
»Anne, bitte, sprich nicht so viel. Gunter Sachs und ich, wir haben es gerne, wenn Frauen nichts Falsches sagen«, sage ich zu Anne und bin voller Vorfreude und kriege einen echten kleinen Klaps auf den Hinterkopf.
Tatsächlich wird es ein schöner Tag, den wir mit Gunter Sachs verbringen, länger, anders und besonderer als gedacht. Natürlich würde ich gerne allen davon erzählen, wie es war und was wir erlebt haben – und warum der legendäre Gunter Sachs wirklich einer der großartigsten Menschen ist, die ich jemals getroffen habe. Aber das mache ich nicht. Denn auch etwas anderes habe ich von ihm gelernt: Wenn es nötig ist, die Sachs’sche Diskretion.
***
Die Baronin ist nicht unbedingt das, was man sich als junger Mann so wünscht, aber reich ist sie, und ich will mal gucken, ob sie Playboys mag.
Die Baronin war verheiratet, mehrfach, aber es kann nicht lange gut gelaufen sein, Genaueres weiß ich nicht. Um 20 Uhr sollen wir sie treffen, unten in der Lobby ihres Meerblick-Hotels, in dem sie ihre Zeit verbringt.
Ich trage die weiße Hose wie Sachs, den weißen Armani-Pullover, die weißen Turnschuhe so bewusst wie nie.
»Sehr Siegfried«, sagt Anne in Anspielung auf die Heldensage, »ich bin sicher, du wirst der Baronin gefallen.«
Ich sehe sie kommen, sie gefällt mir nicht. Oh je, denke ich.
Wo sie mit mir hin könne, fragt die Baronin an der Rezeption und guckt mich kaum an. Sie hat ein Wickelkleid aus Seide in Naturweiß an, oben zu tief ausgeschnitten, unten zu kurz. Sie ist sehr energisch. Ihre Stimme ist kratzig.
Dann hat sie einen Raum für uns, den Tresorraum. Sie wirft ihren Kaugummi, den sie noch im Mund hat, in den Blumenkasten. Das dürfe sie, wer so viel zahle wie sie, der dürfe das. Eine Million Euro habe sie hier schon gelassen im Laufe ihres Lebens.
Ein Boy schließt uns auf, der Boy schließt die Tür. Es gibt nur zwei Stühle. Den schöneren für die Baronin, den anderen für Anne.
Die Baronin streckt genüsslich ihre Beine aus. Sie trägt champagnerfarbene Strümpfe, das orange Strumpfband kneift sich halterlos in das welke weiße Fleisch ihrer Oberschenkel.
Ich sitze auf einem Brett, das direkt an die Wand gebaut ist. Der Schmucktresen vermutlich, auf dem die Hotelgäste ihre Juwelen ausbreiten, bevor sie sie in den Tresor legen. Die Baronin hat nicht viel Zeit. Und will keine mehr verlieren.
Die Baronin schürzt ihre aufgespritzten
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