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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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plötzlich nicht mehr alles machen will? Wenn die Frau plötzlich nicht mehr ganz so weit gehen will, was soll der Mann dann machen?
    »Jan, wir müssen aufpassen«, sagt Anne neuerdings immer wieder. »Ich habe Mann, Familie. Das ist ein Fulltime-Job. Das geht an die Grenzen.« Sie hat Kaffee vom Bäcker mitgebracht, schwarzen für sich und Cappuccino für mich.
    »Anne, wir sind ganz nah dran«, sage ich.
    ***
    »Und, seid ihr schon reich?« Mit dieser Frage im Kopf treffen wir ihn an diesem Morgen, Norbert Vojta, der sich aufmachen wird, uns das Wesen des Charismas zu erklären, mit angeschlossenem TV-Training, dem guten Auftritt vor der Kamera. »Und, wie viel habt ihr schon verdient?«
    Ein guter Freund hat mir die Frage gestellt, einer, der mich wirklich mag und an mich glaubt.
    Ich weiß nicht, was ich von dieser Frage halten soll, es ist keine gute Frage und sie bereitet mir einen kleinen Stich im Herzen. Sie tut ein bisschen weh.
    Sollte ich schon reich sein? Geht es ihn etwas an? Sollte ich ihm etwa sagen, dass ich mit einer Baronin im Tresorraum war? Sollte ich angeben mit der Gunst von Gunter Sachs?
    Nein, das wäre nicht richtig, angeben ist überhaupt nicht das meine, denke ich, als wir an diesem Morgen zu Norbert Vojta fahren, dem Charisma-Coach, der auf uns wartet.
    Über die zweite Frage, die mir der Freund auch gestellt hat und die mich sehr beschäftigt hat, die mir wehtat, habe ich einfach hinweggehört.
    »Was ist, wenn ihr doch nicht reich werdet?«
    ***
    Norbert Vojta ist ein Mann, der wirklich viel zu tragen hat an dem vielen Lob, das ihm zuteil wird. Der Goldknopf-Sprecher von Frank-Jürgen Weise hat ihn gelobt und ihm auf seiner Internetseite die Ehre erwiesen. »Das Mediencoaching mit Prof. Vojta & Partner und Norbert Vojta erfolgte auf höchstem Niveau. Zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten.« Von niemandem lasse er sich lieber kritisieren als von Norbert Vojta, hat Alexander von Schönburg befunden.
    »Der ist die Quelle des Guten«, sage ich zu Anne. Es ist schon so, dass ich mir eine ganze Menge von ihm verspreche. Alles, was mir noch fehlt.
    Ich weiß gar nicht mehr so genau, was es ist, das mich so für ihn einnimmt. Ob es seine schnellen Augen sind. Ob es seine klare Aussprache ist, sehr norddeutsch. Seine zurückgekämmten Haare, diese Sicherheit in jeder einzelnen seiner sparsamen Bewegungen.
    Er sei ja so kamerageil, sagt Norbert Vojta, kaum dass er uns begrüßt und gefragt hat, ob Anne und ich auch wirklich keine Geheimnisse voreinander hätten. Das hier, das werde zum Teil schon ein bisschen persönlich.
    Er sei ja so kamerageil. Wenn es an der Ampel rot werde, stelle er sich hin und sage: »Guten Abend, meine Damen und Herren!«
    Ich lächele, als er das sagt. Das rote Lämpchen an seiner Kamera leuchtet jetzt, und die Linse vorne in seiner Kamera registriert meine Schwächen.
    Wo der geneigte Herr vor der Linse dazu neigt zu schwitzen. Wo der geneigte Herr nicht ganz gerade sitzt. Und wo er einfach nicht begreift, dass ein Lächeln die stärkste Waffe ist, die ein lebendes Individuum mit Erfolgsorientierung nur haben kann.
    Ich will Vojta zeigen, dass ich ein williger Schüler bin. Ich glaube, dass ihm das gefällt, und ich glaube, ich bin etwas merkwürdig.
    »Sei bitte knallhart mit mir, keine Scham, keine Skrupel«, sage ich so ergeben, dass Anne sich schon peinlich berührt abwendet.
    Er tut ein bisschen so, als ignoriere er das, und stellt lauter Fragen, die mich offenbar ein bisschen provozieren sollen. Pikante Fragen, nach Schwächen. Wie Plasberg, so ein bisschen forsch, herrisch.
    Wir spielen eine Art Kreuzverhör zu meinem Leben. Ich antworte kurz, weil ich kurze, prägnante Aussagen schätze, aber das ist nicht richtig, denn ich entblättere mich wie ein Kind, das beim Bonbonklauen erwischt wurde.
    Er ist ganz eindeutig der Meinung, dass ich länger antworten solle, dann könne er auch nicht so viele Fragen in zwei Minuten stellen, dann sei ich vorne. Das sei wichtig, vorne zu sein. Ich nicke, ja, das verstehe ich.
    Dann sagt er: »Und noch etwas«, und ist beim Thema Optik. Beim Thema Optik gebe es ja leider schon noch etwas zu korrigieren.
    »Deine Schuhe«, sagt er. »Tipptopp. Aber nicht geputzt.«
    »Doch!«, sage ich und überlege ernsthaften Widerspruch.
    »Aber nicht vorne!«
    Er zeigt auf die Kante meiner Sohle. »Da musst du auch drüber, wenn du perfekt aussehen willst. Das hast du dir nicht heute abgelaufen.«
    Er lobt meinen Anzug. »Toll,

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