Reich kann jeder
liege, sie uns die Frucht-Cocktails bringen und die Zeitung, die Herald Tribune . Anne schwimmt ein paar Runden, sie hat noch ein bisschen Schlaf in den Augen, der Pool gehört ihr ganz alleine.
»Weißt du, Jan«, sagt der Kumpel, er ist Anwalt, »ich habe jetzt doch gefragt, ob ich mehr Geld kriegen kann.« Er arbeitet schon seit drei Jahren für die Sozietät, er macht gerade seinen Doktor.
»Weißt du, was sie gesagt haben: Wir haben doch so einen renommierten Namen als Kanzlei. Seien Sie froh, dass Sie hier bei uns Fälle machen dürfen.« Am liebsten würde er jetzt kündigen, sagt er, aber er wisse es noch nicht, er werde mal sehen.
Ich tröste ihn.
So sind sie, die Methoden, sage ich. So machen sie es überall und werden reich.
***
Es sind Bilder von Sachs, auf dem Riva-Boot, mit Frauen, mit Männern mit schönen Händen, ich spüre den Geist, den Witz. Das ist er also, Gunter Sachs, denke ich und sitze immer noch über den Fotoseiten seiner Biografie. Grau ist das Buch, silbern, schwer. »Nackedei« heißt das eine Bild. Zwei Mädchen kauern aneinander, nackt mit Hut, Gunter steht davor – auch mit Hut. Gunter Sachs sitzt im Pool mit einem guten Freund. Mädchen postieren sich auf einem Schachbrett in seinem Garten.
Sein Sohn liegt auf seinem Rücken, angekuschelt wie ein Teddy.
Ich sehe Thomas Gottschalk. Ich lese von einer sexuell sehr anregenden Feier bei Salvador Dalí, bei der am Bett ein Stau herrschte.
Da, das ist Kennedy, Gianni Agnelli. Alle, die jemals wichtig waren, sind seine Freunde – und er ist auch da.
»Excuse me, Sir«, klopft das Mädchen draußen an unsere Tür. Das wird meine weiße Hose sein. Perfekt gebügelt und glatt wie seine. In das alte, das schöne Saint-Tropez werde ich mit ihr fahren, dorthin, wo Sachs wohnt, wenn es warm ist.
Er lädt uns zu sich ein, privat.
Ich ziehe meine weißen Turnschuhe aus, die ich gleich wieder anziehen werde, und streife die Hose über. Im Bad stehe ich mit weißer Hose, weißen Schuhen und nacktem Oberkörper. Ein helles Poloshirt ziehe ich an, die Knöpfe lasse ich offen. Wie sonst sollte es sein?
»Come on, du bist cool«, sage ich und zwinge mich, in den Spiegel zu gucken und möglichst cool dabei auszusehen. Wenn man an sein Kinderfoto denkt, hatten wir im Alter von vier Jahren noch Ähnlichkeit.
Ganz schön große Nasen. Die gleichen Haare.
Er empfängt uns, denke ich. Der berühmteste Playboy der Welt, der Kunstsammler, das Vorbild.
»Geld braucht man nur so viel, um nicht aufzufallen«, hat er mal gesagt über die Wichtigkeit des Geldes, und auch, dass er gar nicht so genau wisse, wie viele Häuser er habe. Es scheint nicht wirklich relevant zu sein für einen Mann, der milliardenschwer ist.
»Verbotenes oder Eigenwilliges hatte seinen Reiz, doch es musste in Klasse verpackt und authentisch sein«, hat er auch gesagt.
Schnürschuhe mag er nicht, nur Slipper. Auf einen ordentlichen Redefluss legt er schon großen Wert.
Ich nehme mir vor, ihm zuzuhören, ganz dicht bei ihm zu sein, so nahe ich kann. Gentleman zu sein, ganz wie er, wie ein Ziehsohn vielleicht oder ein Neffe.
Er soll mein Lehrer werden. Mein Lehrer Amos, und mir genau erzählen, wie es war mit der Bardot auf der Jacht, als er mit ihr schlief und am Steuer niemand mehr war und die Küste immer näher kam. Als alles Liebe war, Geschwindigkeit, lebenswertes Risiko.
Als er die Geschichten lebte, die andere träumten, seinen Mythos schuf.
Ich möchte ihn fragen, wie sie war, die Bardot. Wie er sie gebändigt hat, die Frau, mit der ich damals auch gerne alles gemacht hätte, und warum er sie verlassen hat.
Ich möchte ihn fragen, wie es war, als Kaiserin Soraya abends neben ihm ging und er spürte, wie sich ihre Hosen streiften. Ich möchte alles fragen, was Stil für ihn ist, was wichtig ist, was cool ist, und ob lässig sein cooler ist als cool.
Und auch, wie es war mit ihnen allen, den Playboys von damals. Ich möchte ihn über Gianni Agnelli ausfragen, den legendären Patriarchen von Fiat, über Porfirio Rubirosa, den Sohn eines Generals – wie er zur Tür reinkam. Was war da los, was haben die Frauen dann gemacht?
Ich möchte ihn fragen, was Mut ist, und ob er mutig ist. Ob man reich sein muss, um Erfolg bei den Frauen zu haben, oder ob es auch ohne geht.
»Jan«, steht Anne vor der Tür. »Würdest du dich bitte beeilen?«
»Ja«, sage ich – und bitte sie, nachher bei ihm ein wenig freundlicher zu mir zu sein.
»Vielleicht darf ich mich auch noch
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