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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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Lippen und schaut mich gleich zu Beginn so an, als hätte sie in ihrem Herzen noch ein Plätzchen frei.
    Sie reibt mit ihren Händen über ihren Stuhl. Sie streckt ihre Zehen in den golden glitzernden Sandalen. Alles glitzert, das Collier mit den Ohrringen, die Ringe mit Diamanten.
    »Wie groß sind Sie?«, fragt sie mich.
    Ich sage ihr meine Größe, 1,98 Meter.
    Sie findet meine Größe erstaunlich. Sie schnalzt ein wenig mit den Lippen, als würde sie mich gleich aufessen. Ich denke an Sachs, die Erotik, und wie weit sie davon entfernt ist.
    Die Baronin spielt mit ihren Lippen, wenn sie mich ansieht, und hält sie still, wenn sie Anne anguckt.
    Sie macht mir Komplimente.
    »Oh ja, ein Playboy. Ja, das könnten Sie sein.«
    »Gunter Sachs hat ihn Siegfried genannt«, behauptet Anne.
    »Oh ja, das kann sein. Sie sind ja so groß, das passt.«
    Ich mache die Beine ein wenig breit und gucke von oben in ihr Dekolleté. Einmal treffen sich unsere Blicke auf dem Weg dorthin. Einmal verfängt sich mein Blick in ihrem Collier.
    »Ist die Côte d’Azur noch die Küste des Sex?«, frage ich ein wenig umständlich.
    Aber sie versteht.
    »Nicht vielleicht Monte Carlo, aber zwischen Cannes und Saint-Tropez geht einiges.«
    Ob es denn einen Weg für mich gebe, hier etwas zu werden, frage ich die Baronin.
    »Ja«, sagt sie.
    Sie mustert mich noch einmal. Ihre Lippen beginnen sich wieder so hungrig nach vorne zu stülpen wie eben.
    »Ja«, findet sie, ganz sicher.
    »Einen Monat«, sagt sie, dann hätte ich wohl die Kontakte.
    »Wollen Sie mich noch etwas fragen?«, fragt sie mich.
    Ich denke, was wir wohl zu besprechen hätten, da beginnt sie ein Spiel.
    »Wärmer!«, ruft sie.
    »Madame«, sage ich und springe Richtung Klimaanlage.
    »Jetzt ist mir zu kalt.«
    Ich höre ihr zu, wie ein guter Playboy zuhört, und gebe mich aufmerksam wie Knigge. Zwischendurch helfe ich ihr auf die richtige Temperatur.
    Beim Golfen, Tennis, Wasserski, in den Clubs, da träfe sie die anderen wichtigen Leute, erzählt mir die Baronin.
    Ich sehe sie vor mir, auf einem Brett im Wasser, wie sie ins Meer schießt auf ihren weißen, unbestrumpften Beinen.
    Wenn sie beim Wasserski einen »Bums« nach vorne mache, sie sagt »Bums« und guckt mich an, da sei immer gleich jemand da, der zu ihr komme, schwärmt sie. Manchmal ginge man erst auf eine Cola, »aber dann …«
    Ich spüre, dass sie sich nimmt, was sie braucht, und wie gerne sie Cola trinkt.
    Es muss wohl schon ein Flirt sein, denke ich. Ich sitze jetzt exakt so wie Gunter Sachs auf diesen alten Fotos, lässig.
    Vor Kurzem war da ein Mann, ein Junge, sagt sie. Der war 25 Jahre alt und schon so gerissen. Er habe ihren Freundinnen seine Anlagen verkauft, keine guten leider. Sie seien ja alle auf diesen Jungen reingefallen. Trotz seiner löchrigen Schuhe, mit denen er gekommen war.
    Die Baronin betont, dass der 25-Jährige kein Lover von ihr war, »zu hässlich«.
    Und guckt mich wieder an.
    Sie mustert mich, ihre Krallenfinger mit den langen spitzen Nägeln massieren die bulligen Stuhllehnen, morgen wolle sie nach Istanbul für eine Woche.
    Morgen.
    Ob ich da schon mal war?
    »Ich habe morgen Verpflichtungen in Berlin«, sage ich, aber ihre Musterung ist noch nicht beendet.
    »Sie sind so schön, Sie sind so sportlich«, sagt sie.
    »Das gute Aussehen und die gute Sprache«, die würden mir helfen, es wirklich weit zu bringen. Vielleicht käme ich ja wirklich einmal mit in ihre Clubs.
    Zum Abschied reicht sie Anne die Hand. Mir auch. Mit der anderen tätschelt sie vorsichtig meinen Bauch. Ich spüre, dass sie sich nimmt, was sie will.
    Und dass sie das öfter macht.
    ***
    »Mama, ich will aber keine braune Sauce«, höre ich ein kleines Mädchen vor meinem Fenster wieder in Berlin. Die neue Familie von gegenüber baut sich ihren Tisch auf dem Bürgersteig meiner Wohnstraße auf, sie hat entschieden, ihr Mittagessen heute doch lieber draußen einzunehmen.
    »Henning, bringst du bitte noch den großen Topf mit raus?«, höre ich, als ich mittags noch im Bett liege.
    Ich kann nicht mehr, ich bin erledigt, ich weiß nicht mehr so ganz genau, wer ich bin, die Baronin, der Millionär Sachs geistern durch meinen Kopf.
    Ich gehe auf meinem Balkon und gucke auf einen Tisch mit Karo-Tischdecke und Blumenvase und einer Pfanne mit Braten.
    Wenn sich ein Mann seiner Umwelt nicht mehr so ganz zugehörig fühlt, wer ist er dann? Wenn die Frau, mit der ein Mann alles macht, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen,

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