Reich kann jeder
alleine die richtigen Größen ausgesucht, den richtigen Geschmack für den Stoff, wir fühlen uns wie kleine Modeschöpfer.
Meine Bedenken zerstreut er.
»T-Shirts haben zwar im Frühjahr Saison, aber diese hier werden das ganze Jahr gekauft! Wenn ihr nachher am Tag 100 Shirts verkauft, könnte ich euch einen guten Vertreiber empfehlen«, sagt er. Und noch mal: »Ich finde die Idee gut!«
Er sieht am Tag viele Ideen, er findet nicht jede Idee gut, denke ich.
***
»Anne Nürnberger, schönen guten Tag. Wir wollten uns doch noch mal sehen wegen der Mauer. Sie erinnern sich doch?«
Die Stimme erinnert sich.
»Ich wollte mich letzte Woche schon melden, aber wir waren so viel unterwegs.«
Kein Problem, das mache nichts. Die Stimme klingt erfreut, Anne zu hören.
»Wie würde es denn am Freitag bei Ihnen aussehen? So gegen 17 Uhr?«
Das sei super, das könne man machen.
Er gibt sich sehr flexibel. Und den Ort gibt er auch gleich an. Das könne man dann im Büro machen. Die Klingel sei weiß.
»Die ohne Namen?«
Genau.
»Ich habe mir mal ein paar Dinge notiert, über die wir sprechen sollten. Wie funktioniert unser Deal? Was ist mit der Provision? Und wir müssen darüber sprechen, was ihr uns für Präsentationsmaterial zur Verfügung stellt. Den Katalog.«
Okay. Das könne man machen.
»Danke, Ciao.«
»Danke, Ciao.«
***
Ich war noch nie auf Mallorca, habe mich immer geweigert da hinzufahren zu Jürgen Drews und den Kegel-Klubs. Jetzt bin ich froh, dass sie da sind. Unsere Kunden.
Schade, dass die Shirts noch nicht fertig sind, da hätte man glatt eine Ladung mitnehmen können. Schade, dass wir die Nummer nicht machen können, wo wir den Touristen die Villen von den Promis zeigen. Hier wohnt die Schiffer, hier der Lagerfeld. Zu weit auseinander, diese Villen.
Es sind schon Herbstferien, und es stehen viele Kinder in der Schlange. Sie haben bunte Rucksäcke auf und bunte T-Shirts an. Ihre Eltern tragen die gleichen Rucksäcke in groß.
»Wir haben da so eine kleine Bucht«, sagt der Mann vor mir am easyJet-Schalter. »Wir freuen uns so auf unseren Urlaub.«
»In den Urlaub?«, denke ich. »Ich fahre, ja, in was fahre ich eigentlich?«
Anne schläft im Flieger, und ich decke sie mit ihrem pinkfarbenen Buddha-Tuch zu. Selbst wenn sie schläft, sieht sie noch müde aus.
»Erhol dich nur, wenn wir auf Mallorca sind, musst du gut aussehen!«, denke ich und überstehe einen kleinen Panikanfall, dass wir uns umsonst aufreiben und niemals reich werden. Ich gucke mir die Leute im Flieger an, beobachte die Stewardess, die ich schon vom Flug zu Knigge kenne, und lenke mich ein bisschen mit der Kompaktausgabe der Welt ab. Eleganz sei wieder sehr gefragt, steht da.
Na bitte, denke ich.
Ich habe noch den schwarzen Zylinder besorgt, den wir brauchen werden, aus einem 20er-Jahre-Laden, Mietpreis 25 Euro. Mein Anzug war in der Reinigung, ist jetzt wieder tipptopp, Annes weißes Kleid auch.
Anne hat eine Mail an die PR-Chefin unseres Hotels geschickt.
Liebe Frau P.,
viele liebe Grüße von Frau H., die für uns schon so viel möglich gemacht hat. Es ist toll, wie professionell, spontan und begeistert alle aus dem Marriott-Team bei unseren Reisen mitgeholfen haben, dass alles perfekt klappt. Wir freuen uns sehr auf Sie, unseren Aufenthalt bei Ihnen und darüber, dass Sie uns helfen, unser nächstes Projekt vorzubereiten.
Gerne schicke ich Ihnen die Liste mit den Dingen, die wir für unsere charmante Performance brauchen. Über Ort und Zeit hatten wir ja schon gesprochen: am Dienstag, nach der Siesta, Dauer etwa drei bis vier Stunden an einem belebten Ort/Platz in Palma mit viel gehobenem Publikumsverkehr, stilvollen Flaneuren, die Muße und Lust haben, stehen zu bleiben, zu staunen und das Projekt zu unterstützen.
Wir bräuchten:
1.Jemanden, der alle Utensilien mit einem Hotel-Minibus zum Ort des Geschehens bringt und sie perfekt dekoriert.
2.Einen Tisch, festlich dekoriert mit weißer Tischdecke, gerne mit Marriott-Logo.
3.Einen Obstkorb
4.Zwei Gedecke aus feinem Porzellan mit gefalteten Stoffservietten
5.Eine Vase mit roten Rosen
6.Antipasti, die sich schön auf dem Tisch arrangieren lassen
7.Brotkorb
8.Süßes Gebäck
9.Eine Flasche Mineralwasser/Gläser
10.Einen Champagnerkühler mit geöffneter Flasche (kann auch Apfelschorle drin sein)/Gläser
11.Gutes Wetter :-)
Das ist die Wunschliste zur Perfektion. Wenn es nicht ganz perfekt wird, improvisieren wir natürlich.
Herzliche
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