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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Aussterben begriffen und hauptsächlich noch in nostalgischen Vorabendserien anzutreffen war. Emma ging zur Theke und sah zu, wie der mürrische, übergewichtige Wirt die Gläser füllte. Staubgesprenkeltes, gebrochenes Sonnenlicht fiel grau getönt durch das Fenster und ließ sie die Augen zusammenkneifen, als sie mit den beiden Bieren hinaus ins grelle Sonnenlicht des Gartens trat.
    »Denkst du, er löst den Fall?«, fragte Williams, nachdem er einen kräftigen Schluck genommen hatte.
    »Wenn Jacobson ihn nicht löst, ist er unlösbar.«
    Die meiste Zeit schwiegen sie und entspannten sich einfach nur.
    »Hast du am Wochenende schon was vor, Em?«
    »Jepp. Mich vollfressen und schlafen, wenn dieser Scheißfall vorbei ist.«
    Williams tat so, als schüttelte er entrüstet den Kopf.
    »Eine Frau in deinem Alter, Em. Mitte zwanzig, auf die Dreißig zugehend. Du solltest mittlerweile einen netten Mann zu Hause haben. Der abwäscht und mit den richtigen Ölen wartet, wenn du nach einem harten Tag heimkommst.«
    Emma schnaubte in ihr Glas.
    »Hast du so’n Zeug überhaupt mal gerochen?«
    Bei jedem anderen, zum Beispiel Mick Hume, wäre sie beleidigt gewesen. Aber sie kannte Williams, arbeitete gut mit ihm zusammen, traute ihm. Das brauchte man bei der Polizei: einen Partner. Jemanden, dem man bis zum Letzten trauen konnte.
    Ihre Pager piepten. Jacobson hatte für halb sieben eine Besprechung angesetzt. Sie tranken aus, und Emma brachte auf dem Weg nach draußen die Gläser zurück zur Theke.
Danke,
sagte der Wirt abwesend, fast so, als hätte es einer aus ihm herausgewürgt. Sie gingen zurück die Straße hinauf, wo Williams den Wagen geparkt hatte. Ohne wirklich darüber nachzudenken, mehr aus einem professionellen Reflex heraus, sah Emma im Vorbeifahren noch einmal zu Kevin Hollands Haus hinüber: Wendy Pelham öffnete gerade die Haustür, und Faith Lawson und Mark Jones, alias Snake, spazierten hinein.

24
    Sie hatten ihn von ihr weggerissen, bevor sie begriff, was da vorging. Seine Hände waren mit etwas Blauem auf dem Rücken zusammengebunden. Er hatte getreten und sich mit aller Macht gewehrt, den Dritten in die Knie gezwungen, keuchend, nach Luft schnappend. Aber die beiden Kräftigeren hielten ihn jetzt sicher bei den Armen gepackt und stießen ihn zwischen den Bäumen her, seine Füße berührten kaum den Grund. Äste schlugen ihm gegen den Kopf. Sie waren groß und stark, alle drei, einer in Shorts, die anderen in Jogginghosen. An viel mehr konnte sie sich später kaum erinnern. Nur noch, dass sie Strumpfmasken über den Köpfen getragen hatten. Sie rappelte sich hoch und hatte das Gefühl, der Schlaf von hundert Jahren laste auf ihr.
    »Halt. Nicht. Hilfe! Was soll denn das?«
    Aber jetzt hatte sich auch der Dritte wieder bekriegt, fasste sie im Genick und hielt ihr den Mund zu.
    »Lass es, Mädchen. Du bleibst hier. Halt dich da raus«, sagte er fast schon sanft.
    Sie traf ihn mit dem Knie, riss sich los. Daraufhin holte er aus und warf sie mit Wucht um. Sie war ganz benommen.
Tut mir leid,
glaubte sie ihn im Fallen noch sagen zu hören.
    Schließlich kam sie wieder auf die Beine und ranntein die Richtung, in die sie ihn gebracht hatten, wie sie dachte. Sie rannte bis ans Ende der Bäume, wo der Park schließlich aufhörte. Bis an die vierspurige Straße, die auf der einen Seite in die Stadt hineinführte, auf der anderen hinaus zur Umgehungsstraße. Auf dem schmalen Grünstreifen parkte ein weißer Lieferwagen gefährlich nah an der Fahrbahn. Eine der hinteren Türen stand halb offen, und sie glaubte, Bewegungen ausmachen zu können, kämpfende Körper. Aber dann knallte die Tür zu, und der Wagen fädelte sich in den Verkehr ein, war nicht mehr zu sehen, weg. Sie rannte zurück, stieß jetzt selbst gegen Bäume, riss sich die Wange auf, störte sich nicht daran. Im Picknickbereich hatte eine Familie zwei Tische belegt. Mit Körben, Kühlboxen, Wein und Bier. Zwei Frauen, Mutter und Tochter, kamen zu ihr hergerannt. Sie hörte, wie jemand, ein Mann, aufgeregt in ein Handy rief.
    »Polizei. Schnell. Da ist ein Mädchen angegriffen worden.«
    »Nein!«, schrie sie. »Nein! Das stimmt nicht!«
    Der Streifenwagen kam vom Revier Crowby Central, und dahin brachten die Beamten sie auch. Crowby Central lag vom Präsidium aus gesehen auf der anderen Seite des Stadtzentrums und bestand aus wenig mehr als dem Wachraum, einem Dienstzimmer und einem halben Dutzend Zellen. Eingekeilt zwischen den Haupteinkaufsstraßen

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