Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
sie erschrocken zusammen. Mit gekünstelter Ruhe sprühte sie sich den Duft auf die Haut, verschloss den Flakon und ging erst dann zur Tür. Ein leiser Verzückungsschrei entfuhr ihrer Kehle, als sie ihn erblickte.
Es war das erste Mal, dass sie ihn in einem Anzug sah. Ihr wurde bewusst, wie viel ihm dieser Abend bedeutete. Der graue Zweiteiler über dem weißen Hemd stand ihm unverschämt gut und brachte sein dunkles Haar zur Geltung. Grinsend stand er in der Tür und streckte ihr eine Flasche Dom Pérignon und eine rote Rose entgegen.
Sie zog ihn in die Wohnung, schloss die Tür und schlang ihm die Arme um den Hals.
Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen und knabberte dann zärtlich an ihrem Ohrläppchen, wie sie es so gern hatte.
„Ich habe dich vermisst, Süße.“
Benommen schloss sie die Augen und gab sich seinen Liebkosungen hin. „Bist du sicher, dass wir nicht hier bleiben wollen?“, flüsterte sie und hoffte, dass sie ihn überzeugen konnte, zu Hause zu bleiben. So sehr sie sich auf den Abend gefreut hatte, sein Anblick reizte sie. Plötzlich wünschte sie sich nichts sehnlicher, als ihn für sich allein zu haben.
Ohne die Lippen von ihrem Hals zu lösen, wisperte er: „Der Tisch ist reserviert.“ Er knabberte sich ihren Hals entlang und murmelte: „Du riechst unverschämt gut.“
Sie lächelte, denn sie hatte vorher gewusst, dass dieser blumige Duft ihm besonders gut gefiel.
Sie deutete auf die Champagnerflasche, die er noch immer in der Hand hielt. „Du willst hoffentlich nicht trinken, bevor du fährst?“
Er löste sich von ihr, stellte die Flasche auf den Tisch und lächelte verschmitzt. „Die ist für später.“
„Du bleibst heute Nacht?“ Sie spürte ihr Herz schneller schlagen und dachte voller Vorfreude an die Nacht, die ihr bevorstand.
Er legte ihr seine Arme um die Schultern und drückte ihren Körper an sich. „Ich bin jetzt dein Verlobter.“ Zärtlich kniff er ihr in den Po. „Und nun lass uns los. Ich komme um vor Hunger.“
Die Fahrt von Trittau nach Großensee war kurz, aber anstrengend. Der Scheibenwischer lief auf höchster Stufe. Trotzdem konnten sie kaum fünfzig Meter weit sehen. Es schüttete schneller, als der Scheibenwischer hinterher kommen konnte. Der Wind wirbelte das Laub meterhoch über die Straße. Wolkenmassen schoben sich in rasantem Tempo vor den Mond, um ihn wieder freizugeben, bevor die nächsten Wolken heran rauschten.
Er fuhr, dem Wetter angemessen, vorsichtig. Sie warf ihm heimliche Blicke zu und bewunderte seinen konzentrierten Gesichtsausdruck. Seine Hände strahlten soviel Kraft aus und waren zugleich die zärtlichsten Werkzeuge, die sie je berührt hatten.
Plötzlich, direkt hinter einer Kurve, kniff er die Augen zusammen.
„Gütiger Himmel.“ Er trat auf die Bremse.
Sie löste den Blick von ihm und sah nach vorn. In ihrem Hals steckte ein Kloß.
„Oh Gott“, rief sie und holte sofort ihr Handy aus der Jackentasche. Im Straßengraben lag, aufs Dach gekehrt, ein dunkler Wagen. Die Reifen drehten sich noch. Im Inneren rührte sich nichts.
Er stoppte und riss seine Tür auf. Während er ausstieg, rief er ihr zu: „Ruf einen Krankenwagen.“ Durch Regen und Wind war seine Stimme kaum zu verstehen. Sie nickte, obwohl er sie längst nicht mehr sehen konnte. Die Nummer der Feuerwehr hatte sie bereits gewählt. Nachdem sie den Unfallort, so gut es ging, beschrieben hatte, schilderte sie, was sie sah und eilte ihrem Verlobten danach zur Hilfe.
Er lag bereits im Straßengraben und hatte die Tür des Unfallfahrzeugs geöffnet. Als sie näher kam, sah sie, dass sein Hemd blutverschmiert war. Einen Moment zögerte sie. Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust. Sie fürchtete sich vor dem Anblick, der sich ihr bieten könnte. Der eisige Regen peitschte ihr ins Gesicht und zerrte sie zurück in die Wirklichkeit. Ohne länger zu zögern, stürzte sie sich ebenfalls in den Graben. Er sah sie dankbar an.
„Hilf mir. Wir müssen die Frau raustragen.“
Er presste mehrere Mullkompressen mit seiner Hand gegen die Platzwunde am Kopf der Fahrerin. Die Tücher färbten sich zusehends rot. Aber die Frau war bei vollem Bewusstsein. Obwohl sie zitterte, machte sie einen Versuch zu lächeln.
Sie halfen ihr aus dem Auto heraus. Es war nicht zu übersehen, dass die Fahrerin unter Schock stand. Schweiß stand ihr auf der Stirn, ihr Unterkiefer zitterte. Ihre Bewegungen waren unkontrolliert. Sonst schien sie unverletzt zu sein. Sie bestand darauf, selbst zu
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