Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
angetan hat, die Person, die mich hier festhält und die Person, die am meisten anrichten kann. Er könnte mir einfach so das Leben aushauchen und dennoch fühle ich mich gerade beschützt von ihm. Ich glaube, ich sollte schnellstens zum Psychologen, wenn das hier so weiter geht. „Ja ... ja, ich finde sie nett“, bringe ich nur leise raus und setze mich auf das große Bett, welches zum Glück weich genug ist, um darauf ohne Schmerzen sitzen zu können. Langsam wandert mein Blick wieder zu Tom, welcher unschlüssig im Raum steht und mich anschaut. Warum verdammt nochmal will er unbedingt heiraten, wieso an diesem Tag und wieso ... „Wieso willst du unbedingt heiraten? Und wieso hast du ausgerechnet mich ausgewählt?“Tom seufzt und lässt sich langsam neben mich sinken.
„Barry ... Ich hab dir doch schon mal gesagt, dass es halt dich erwischt hat. Also, ich hab dich nicht ausgewählt oder so. Jamie hat dich halt gesehen, fand, dass du sicherlich zu meiner Zufriedenheit wärst, und hat dich hergebracht. Also ich kannte dich vorher noch nicht, solltest du das meinen! Ich hab dich noch nie gesehen gehabt, bevor du herkamst. Aber jetzt bist du hier und bist mein Verlobter, der Mann, der mich bald heiraten wird. Da gibt’s nichts dran zu rütteln, aber ich denke, dass ich doch auch eigentlich gar nicht so schlimm bin, oder? Und warum ich heiraten will, muss oder wie auch immer du das nennst ... Auch Verlobte müssen nicht alles voneinander wissen!“, erklärt Tom mal wieder und streichelt sich, warum auch immer, übers Knie. „Aha, aber ich denke mal, Gefangene hätten eigentlich das Recht darauf, oder?“, murre ich und starre bockig auf die Wand vor mir, würdige Tom keines Blickes und bewege auch mein Sichtfeld keinen Millimeter. „Recht? Gefangene? Also wenn du mich fragst, klingt das unlogisch! Und wenn du dich mit Gefangenen meinst ... Ich sehe das anders, denn du bist mein Zukünftiger und wirst hier bald mehr Freiheiten haben, als alle anderen! Wie gesagt darfst du dann deine Familie besuchen gehen und auch deine Freunde, ganz normal, wie du es vor ein paar Tagen noch gemacht hast, vermute ich jedenfalls. Und wenn du möchtest, können wir den Bungalow neben dem Haus herrichten, da können deine Freunde auch herkommen und deine Familie. Ob hier direkt ins Haus ... weiß ich noch nicht genau, müsste man sehen. Du kannst dir dann kaufen, was du willst, zumindest fast alles, also mit 20 Jachten solltest du nicht ankommen, denn dann wäre sogar mein Geldbeutel so langsam erschöpft, aber ansonsten kann ich dir wohl fast jeden Wunsch erfüllen. Außerdem lebst du in einem großen, wunderschönen Haus, du brauchst nichts machen, weil wir hier Haushälterinnen etc. haben. Was willst du mehr? Meinst du immer noch, dass du ein Gefangener bist?“, lacht er am Schluss und lächelt mich an, was ich sogar aus dem Augenwinkel sehen kann. Langsam lasse ich meinen Blick zu ihm wandern, sehe ihm tief in seine Augen und habe das Gefühl, dass er wirklich ein -Nein- erhofft und erwartet. „Einem Gefangenen kann es gut und schlecht gehen. Einen Gefangenen macht es aus, dass er nicht dahin kann, wo er will, dass er wo sein muss, wo er gar nicht sein will. Okay, vielleicht kann ich dann wieder raus, wenn wir geheiratet haben, aber jetzt kann ich es nicht und das ist eine Tatsache, die mir jetzt wichtiger ist! Ich kenne dich kaum, weiß nicht mal, ob du deine Versprechen auch wirklich hältst, und weiß nur, dass sicher ist, was ich jetzt habe und nicht, dass sicher ist, was ich haben könnte oder werde! Und was ich jetzt habe, ist verdammt nochmal scheiße!“, knurre ich am Schluss schon fast und drehe mich um, sodass ich durch die große Balkontüre nach draußen sehen kann. Es regnet ein bisschen und ist recht bewölkt und dennoch hab ich gerade unheimliche Lust auf eine Zigarette, die mich ein wenig in die Normalität zurückholt.
„Darf ich auf den Balkon? Und ... hast du vielleicht eine Zigarette?“, frage ich schüchtern an Tom gewandt und hoffe, dass er beides bejaht. „Ja, wenn du möchtest. Ich rauche zwar nur ab und zu, aber ich habe Zigaretten da!“, lächelt mich Tom an und beugt sich rüber zu seinem Nachtschränkchen und holt eine Schachtel Zigaretten raus. Geöffnet hält er mir die Schachtel hin, worauf ich eine Kippe herausziehe und er selbst nimmt sich auch eine raus. Dann steht er auf und geht Richtung Balkon, öffnet die Tür und tritt heraus. Wortlos und unaufgefordert gehe ich ihm hinterher
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