Reid 2 Die ungehorsame Braut
durchschaut. Er versuchte, die entstandene Stille gegen sie zu benutzen. Aber dieses Mal würde es nicht funktionieren...
»Ich törichte Gans habe ihr eine Chance gegeben«, platzte es wenig später aus ihr heraus. »Als sie mit ihren Tanten in London eintraf, um während der Saison bei uns zu wohnen, machte sie einen liebenswürdigen Eindruck. Das war auch der Grund, warum ich ihr eine Chance gab. Ich dachte, sie könnte meine Freundin werden.«
Raphael stieß einen Seufzer aus. »Eine Freundin, der du bei der erstbesten Gelegenheit ein Messer in den Rücken gerammt hast. Ehrlich gesagt hätte ich erwartet, dass du mit einer fadenscheinigen Entschuldigung aufwartest.« Raphael blickte geradezu enttäuscht drein. Ophelias Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Worauf wollte er nur hinaus? Sie hatte nicht den blassesten Schimmer, wovon er sprach.
»Hättest du wohl die Güte, mir deine Bemerkung ein wenig zu erläutern? Wie habe ich ihr denn ein Messer in den Rücken gerammt?«
»Indem du den Familienskandal wieder aufgewärmt hast, nachdem endlich ein wenig Gras über die Sache gewachsen war.«
»Jetzt mach dich bitte nicht lächerlich«, zischte Ophelia. »Wenn man es genau betrachtet, habe ich ihr sogar einen Gefallen erwiesen.«
Raphael zog die Augenbrauen in die Höhe. »Indem du ihre Chancen auf einen achtbaren Gemahl zunichte machst?«
Mit einem Seufzen ließ Ophelia sich zurücksinken. »Ich sehe schon, ich komme um eine Erklärung nicht herum. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe lediglich versucht, das Mädchen vor einem Leben voller Kummer zu bewahren.«
»Kummer?«
»Ja. Ich wollte verhindern, dass sie sich in einen Mann verliebt, der ihr aus der Geschichte einen Strick dreht. Denn irgendwann wäre es ohnehin herausgekommen. Außerdem würde ich das Ganze nicht als Skandal bezeichnen. Wenn überhaupt, ist es ein Skandälchen. Welcher Mensch, der mit einem gesunden Verstand gesegnet ist, würde glauben, dass Sabrina in Gefahr schwebt, nur weil einige Familienmitglieder vor Urzeiten den Freitod gewählt haben? Das ist doch an den Haaren herbeige-zogen. Ich wollte lediglich publik machen, wie lächerlich der Gedanke ist. Nur deshalb habe ich das Thema zur Sprache gebracht. Um allen, die anderer Meinung sind, laut ins Gesicht zu lachen. Glaub mir, im Nu wäre das Thema ein für alle Mal vom Tisch gewesen.«
»Ich fasse es nicht. Du willst mir allen Ernstes einreden, dass du dich für sie stark machen wolltest?«
Ophelia mahlte mit dem Kiefer. »Es gibt gar keinen Grund, so schnippisch zu sein. So sah meine ursprüngliche Idee aus.« »Aha.« Rafe nickte.
»Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Auf den schlimmsten meiner Makel.«
»Der da wäre?«
»Meine Eifersucht.«
»Ist dir eigentlich klar, wie absurd deine Erklärung für dein Verhalten ist?«, erwiderte Raphael mit einem Kopfschütteln. »Du bist vermutlich die hübscheste Frau in ganz England. Wenn hier jemand Grund zur Eifersucht hat, dann die Frauen, deren Weg du kreuzt. Nehmen wir nur mal meine Schwester.«
»Natürlich hast du recht. Und auch wieder nicht. Ich weiß, wie lächerlich es erscheinen mag, dass ausgerechnet ich von Eifersucht zerfressen bin. Manchmal reichen schon Kleinigkeiten aus, um mich missgünstig zu stimmen. Und bin ich erst einmal neidisch, lasse ich mich auch so schnell nicht mehr davon abbringen.«
»Du willst mir also allen Ernstes sagen, du seiest eifersüchtig auf Sabrina?«
»Ja. Und es war Mavis, die das Gefühl in mir ausgelöst hat. Sie wurde Zeugin, wie drei meiner Verehrer um Sabrina herumschwirrten. Hatte ich anfänglich vor, den Lambertschen Familienskandal aus der Versenkung zu holen, um ihr einen Gefallen zu tun, tat ich es dann aus purer Eifersucht. Als ich alles wiedergutmachen wollte, waren Sabrina und ihre Tanten bereits abgereist.«
»Ehrlich gesagt kaufe ich dir die Geschichte mit der Eifersucht nicht ganz ab.« Mit einem nachdenklichen Gesicht fügte er hinzu: »Kann es sein, dass noch mehr hinter der Geschichte mit Sabrina steckt?«
Ophelia errötete. »Nun ja... Als ich sie mit Duncan zusammen sah, war ich außer mir. Ich nahm an, er wolle mich eifersüchtig machen.«
»Ist das alles?«
»Nein. Als ich dich mir ihr gesehen habe, ist es wieder passiert. Deshalb habe ich auch gedacht, dass du und sie...«
»Danke, keine Details.«
»Wie du meinst. Eigentlich wollte ich nie mit dir über dieses Thema sprechen. Aus dem einfachen Grunde, weil meine Gefühle ihr gegenüber sehr gemischt
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