Reid 2 Die ungehorsame Braut
sind. Wenn ich meine Eifersucht hintanstelle, mag ich sie sogar.«
»Das ist nur zu verständlich. Alle Welt mag Sabrina.«
Als Raphael dem nichts mehr hinzufügte, hob Ophelia das Kinn. »Warum sagst du nicht gleich, dass mich alle hassen?«
Raphael lächelte sie an. »Weil es gelogen wäre, meine Liebe.«
Ophelia spürte, dass er damit auf sich selbst ansprach. Sie errötete. Doch dann ruinierte er alles, indem er hinzufügte: »Meine Tante mag dich nämlich.«
Ophelia verstand nicht, warum sie sich plötzlich zutiefst verletzt fühlte, aber es gelang ihr, das Gefühl schnell wieder abzuschütteln. »Du hast anscheinend gar nicht begriffen, worauf ich hinauswollte. Auf all jene, auf die ich irgendwann mal eifersüchtig war, bin ich bis heute nicht gut zu sprechen. Sabrina bildet da eine Ausnahme. Mir war, als hätte ich ihr unrecht getan, und sobald die Eifersucht verflogen war, habe ich mich eine dumme Gans gescholten und sie wieder ins Herz geschlossen. So etwas tue ich für gewöhnlich nicht.«
»Ich finde, dass das nichts Ungewöhnliches ist. Vielleicht hattest du noch immer die Hoffnung, ihr könntet Freundinnen werden.«
»Ich habe ihr gesagt, Duncan hätte mich geküsst, als ich mich mit ihm im Wirtshaus traf, um mich bei ihm wegen des Barbaren zu entschuldigen. Heute schäme ich mich dafür.«
»Du hast ihr also eine faustdicke Lüge aufgetischt. Schön, dass du das Thema zur Sprache bringst. Ich wollte ohnehin mit dir über die eine oder andere Lüge sprechen.«
Ophelia verdrehte die Augen. »Warum überrascht mich das nicht? Was ist mit den anderen?«
»Es gibt nur noch eine einzige weitere Lüge, von der ich weiß.«
»Was ist nur los? Keine ellenlange Liste? Ich dachte, du wärst besser vorbereitet.«
»Na, na, wer wird denn gleich so schnell sauer werden?«
Ophelia blinzelte, ehe sie ihm ein aufrichtiges Lächeln schenkte, um ihm zu zeigen, dass alles wieder in Ordnung war.
Mit einem überraschten Gesichtsausdruck lehnte Raphael sich zurück. »Jetzt bin ich baff. Welch ein Durchbruch, Phelia. Wie geht es dir dabei?«
Ophelia grinste. »Ich fühle mich wundervoll. Es ist schön, mein Temperament unter Kontrolle zu haben. Von welcher anderen Lüge hast du eigentlich gesprochen?«
»Gab es denn so viele, dass du keine Ahnung hast, was ich meine?«
Ophelia dachte einen Augenblick lang nach, ehe sie antwortete: »Nein, habe ich nicht. Ich kann mich nur an ein anderes Mal erinnern, als ich Sabrina absichtlich angelogen habe. Du hast mich boshaft genannt, und ich habe es geleugnet, aber ich war wirklich gehässig, angestachelt durch meine Eifersucht. Sie hat keine Ruhe gelassen, wollte wissen, wann Duncan und ich unsere Verlobung wieder aufnehmen würden. Das hat mich geärgert, also habe ich ihr gesagt, dass wir es tun würden, sobald sie dem Haus den Rücken gekehrt hätte. Genau genommen wollte Duncans Großvater, dass wir diese Geschichte verbreiten. Aus irgendeinem Grund hat die Nachricht Sabrina aus dem
Gleichgewicht geworfen, warum auch immer. Weißt du etwas darüber?«
»Was auch immer zwischen Duncan und Sabrina geschieht, es geht uns nichts an. Du gibst also zu, dich ihr gegenüber gehässig verhalten zu haben?«
Es überraschte Ophelia nicht, dass er dieses Thema breittrat. »Ja. Bist du jetzt glücklich?«
»Nicht wirklich. Die Frage ist - und sie ist von größter Bedeutung, meine Liebe -, hast du etwas aus unserem Gespräch gelernt? Jetzt, nachdem du deine ablehnende Haltung abgelegt hast? Oder wirst du nach London zurückkehren und wieder...«
»Sprich bitte nicht weiter«, fuhr Ophelia ihm ins Wort. »Ich würde heute vieles anders machen, das ist mir jetzt klar geworden.«
»Ophelia, du hast es geschafft. Ich sehe keinen Grund, warum wir noch länger hier bleiben sollten. Nach dem Frühstück morgen früh brechen wir auf, wir fahren zurück nach London.«
Kapitel siebenundzwanzig
E igentlich hätte Ophelia in Hochstimmung sein und vor Freude Luftsprünge machen müssen, weil sie endlich wieder nach Hause durfte. Doch stattdessen kämpfte sie während der Fahrt immer wieder gegen ihre Tränen an. Wenn sie wenigstens gewusst hätte, warum sie mit einem Mal so niedergeschlagen war.
Da es für Rafe keine Veranlassung gab, auf dem Kutschbock Platz zu nehmen, saß er bei den Frauen im Wagen. Ophelia, die große Schwierigkeiten hatte, sich auf Esmeraldas Geplapper zu konzentrieren, war froh, dass sie nur einen Teil der Strecke gemeinsam verbrachten. Sie bedauerte es,
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