Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
Warum tat Rupert ihr das an? Wie enervierend gemein er doch war! War das seine Rache dafür, dass sie ihn an die sprichwörtliche Kette gelegt hatte?
Wie konnte es anders sein? Rupert tat während des ganzen Essens so, als wäre alles in bester Ordnung, unterhielt sich lebhaft mit den anderen am Tisch und brachte sogar seine Mutter mehr als ein Mal zum Lachen. Sehr zu Rebeccas Leidwesen blieb Lilly noch bis nach dem Essen. Sie wollte sich gerne mit ihrer Tochter unter vier Augen unterhalten und wissen, wo sie sich ungestört zurückziehen konnten. Es gab keinen Grund, die Katze nicht endlich aus dem Sack zu lassen. Also führte Rebecca sie nach oben in das Zimmer, in dem sie allein, ohne ihren Gemahl, wohnte.
Kapitel 52
Rebecca sah durch das Fenster auf die Straße vor dem Haus, den Blick auf eine Kutsche gerichtet, die sich dahinschleppte. Im Schein der erleuchteten Laternen wirbelten vereinzelt winzige Schneeflocken herum. Noch war es zu mild, als dass der Schnee liegen blieb, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis der Winter Einzug in die Stadt hielt und mit ihm eine eisige Kälte. Ähnlich den Temperaturen, die Rebeccas Gedanken umgaben.
»Und ich dachte, es ginge dir gut! «, brachte Lilly hervor, die in Rebeccas Rücken auf und ab lief. »Du hast deine Rolle mit Bravour gemeistert - anfänglich. Aber ich kenne dich zu gut. Du kannst mir nichts vormachen. Jetzt raus mit der Sprache! Was sollte das Schauspiel bei Tisch? Habt ihr beiden Streit? «
»Frag lieber, wann wir uns nicht streiten! «, antwortete Rebecca mit einem Seufzen und drehte sich um.
»Das verstehe ich nicht. Den Gerüchten zufolge verkündete Rupert eure Vermählung vor einigen Wochen auf einem Ball. Wenn Männer so etwas tun, heißt das für gewöhnlich, dass sie voll und ganz hinter der Heirat stehen. Also stimmt es nicht, was die Leute sich so erzählen? «
»Doch, das mit dem Ball stimmt. Er machte aus einer Laune heraus mit mir die Runde durch den Ballsaal und erzählte allen von uns, weil ich es zu Beginn des Abends versäumt hatte. Wir haben eine Art Waffenstillstand vereinbart, damit die Öffentlichkeit und seine Familie nicht mitbekommen, dass wir nicht richtig zusammen sind. Es war seine Idee. Seit zwei Wochen ist er der wundervollste Ehemann, den man sich vorstellen kann. Und das wiederum hat mir klargemacht, dass ich .... ich liebe ihn! «
Kaum hatte Rebecca die letzte Silbe ausgesprochen, brach sie in Tränen aus. Bestürzt eilte Lilly zu ihrer Tochter und schloss sie in die Arme.
»Das klingt doch alles nicht so dramatisch, Liebes«, wagte Lilly sich vor, nachdem Rebecca sich wieder ein wenig beruhigt hatte.
Rebecca machte einen Schritt nach hinten und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. »Ich finde es schon dramatisch, wenn zwei Menschen nur so tun, als würden sie etwas füreinander empfinden. Außerdem kehrt er allmählich wieder sein altes Selbst heraus. Es wundert mich ohnehin, dass er sich so lange verstellen konnte. «
Sofort war Lilly wieder auf Rebeccas Seite und fragte empört: »Ist er dir schon untreu geworden? «
»Klingt, als hättest du es auch erwartet. «
»Nun ja, immerhin war er gar nicht offiziell auf Brautschau, und ihm eilt ein gewisser Ruf voraus. « Lilly seufzte.
»Ich weiß, du hast mir ja oft genug gepredigt, dass Männer ihre Schwächen haben und... «
»Aber nur, wenn sie nicht unsterblich verliebt sind«, korrigierte Lilly ihre Tochter.
»Was er nicht ist. Aber das wollte ich gar nicht sagen - ich meinte es vielmehr in Bezug auf mich. «
»Du bist ihm untreu gewesen? «, keuchte Lilly entgeistert.
Rebecca blinzelte und musste gegen ihren Willen kichern. »Natürlich nicht! Ich meinte Ruperts Versprechen, mir kei ne Avancen zu machen, bis er davon überzeugt ist, dass ich schwanger bin. «
Ohne mit der Wimper zu zucken, erwiderte Lilly kühl: »Ihr lebt unter einem Dach. Du bist seine Gemahlin. Du hättest damit rechnen müssen, dass so etwas passiert, selbst wenn ihr nicht in einem Zimmer schlaft. «
Rebecca errötete. »Das meinte ich auch nicht. Alle naselang ergeht er sich in zweideutigen Anspielungen und küsst mich, obwohl er es gar nicht möchte. «
»Klingt für mich, als ob er es doch möchte und... «
»Glaub mir, er möchte es nicht! Er wird deswegen sogar wütend, so als sei er nicht mehr Herr seiner selbst. Wie ich schon sagte: Er wird allmählich wieder der Alte. Seine Neigung, Frauen nachzustellen, gewinnt wieder die Oberhand. Selbst seine Ehefrau bleibt
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