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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Kriegsgefangenenlager. Am Ende des Krieges hatten wir vierzehntausend Deutsche hier. Hier gibt’s ein Buch, da ist alles drin.«
    Zu meiner Verwunderung hatte er trotz des kargen sonstigen Angebots einen Stapel Bildbände neben der Kasse liegen. Titel: Caithness im Krieg oder so ähnlich. Es gab mir einen zum Anschauen. Er enthielt die üblichen Bilder von ausgebombten Häusern und Pubs, um die die Leute herumstanden und sich fassungslos am Kopf kratzten oder mit diesem idiotischen Katastrophenbildergrinsen in die Kamera starren, als dächten sie: Na, wenigstens kommen wir in die Picture Post. Ich fand kein einziges Bild von gelangweilten Soldaten in Halkirk, im Register wurde das Dorf nicht einmal erwähnt. Das Buch hatte den stolzen Preis von 15,95 Pfund.
    »Wunderbares Buch«, spornte mich der Besitzer zum Kauf an.
    »Preiswert.«
    »Vierzehntausend Deutsche hatten wir hier im Krieg!« brüllte der alte, halbtaube Knabe.
    Mir fiel nicht ein, wie ich taktvoll nach Halkirks gräßlichem Ruf fragen konnte. »Für die britischen Soldaten war es doch hier bestimmt ziemlich einsam«, überlegte ich laut.
    »Ach nein, das glaube ich nicht«, widersprach der Mann.
    »Thurso ist doch nur einen Katzensprung entfernt und Wick auch, wenn Sie mal eine Abwechslung wollten. Damals wurde viel getanzt«, fügte er einen Hauch zweideutig hinzu und nickte dann in Richtung des Buchs in meinen Händen. »Preiswert.«
    »Ist von dem alten Stützpunkt noch was übrig?«
    »Hm, die Gebäude sind natürlich nicht mehr da, aber wenn Sie hier hinten hinausgehen«, er gestikulierte in die entsprechende Richtung, »stoßen Sie noch auf die Fundamente.« Einen Moment schwieg er und sagte dann: »Und kaufen Sie das Buch nun?«
    »Äh, hm – ich überleg’s mir noch mal«, log ich und gab es ihm zurück.
    »Es ist preiswert«, sagte der Mann.
    »Vierzehntausend Deutsche warn hier!« rief mir der Alte nach, als ich ging.
    Zu Fuß schaute ich mir die Umgebung noch einmal an, gondelte dann noch ein bißchen im Auto herum, fand aber keine Spur von einem Gefangenenlager, und langsam dämmerte mir, daß es doch wohl auch ziemlich unwichtig war. Ich fuhr nach Thurso zurück und brachte dem freundlichen Fordhändler das Auto. Er war völlig überrascht, weil es erst kurz nach zwei war.
    »Wollen Sie wirklich nicht noch woanders hinfahren?« sagte er. »Es ist doch schade, Sie haben das Auto ja für den ganzen Tag gemietet.«
    »Wo könnte ich denn noch hinfahren?« fragte ich.
    Eine Minute dachte er nach. »Hm, eigentlich nirgendwohin.«
    Er sah ein wenig niedergeschlagen aus.
    »Schon gut«, sagte ich. »Ich habe viel gesehen!« Und ich meinte es im weitesten Sinne.
     

Achtundzwanzigstes Kapitel
     
    So, jetzt erzähle ich Ihnen, warum ich immer im Pentland Hotel absteigen werde, wenn ich in Thurso bin. An dem Abend, bevor ich fuhr, bat ich die liebenswürdige Dame am Empfang, mich um fünf Uhr morgens zu wecken, weil ich einen Frühzug nach Süden erwischen mußte. Und da fragte sie mich – vielleicht sollten Sie Platz nehmen, wenn Sie nicht schon sitzen –, also, sie fragte: »Möchten Sie das warme Frühstück?«
    Ehrlich, ich dachte, sie wäre ein bißchen schwer von Kapee, und sagte: »Verzeihung, ich meinte fünf Uhr morgens. Ich muß um halb sechs los. Halb sechs in der Früh.«
    »Ja, mein Lieber. Möchten Sie das warme Frühstück?«
    »Um fünf Uhr morgens?«
    »Es ist im Zimmerpreis mit drin.«
    Und alle Achtung, da servierte mir diese wunderbare kleine Herberge doch wahrhaftig am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe um 5.15 Uhr eine hübsche Portion Gesottenes und Gebratenes und eine Kanne heißen Kaffee.
    Als glücklicher und ein wenig dickerer Mann verließ ich das Hotel, tigerte durch die Dunkelheit zum Bahnhof und erlebte dort die zweite Überraschung des Morgens. Das Ding war rappelvoll mit Frauen, die in festlicher Stimmung auf dem Bahnsteig standen, die eisige, dunkle Luft mit Atemwolken und munterem Highlandgeschnatter erfüllten und geduldig darauf warteten, daß der Schaffner seine Kippe zu Ende rauchte und die Zugtüren öffnete.
    Ich fragte eine Dame, was los sei, und sie erzählte mir, daß sie alle zum Einkaufen nach Inverness führen. Das machten sie jeden Samstag. Sie fuhren fast vier Stunden hin, deckten sich neu ein mit Marks-&-Spencer-Unterhosen und Plastikkotze und was immer Inverness hatte, das Thurso nicht hatte (was ziemlich viel war), nahmen dann den Achtzehn-Uhr-Zug zurück und kamen rechtzeitig zum

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