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Reigen des Todes

Reigen des Todes

Titel: Reigen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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traute sich nicht, dem Kerl, der sich da so unverschämt neben ihn an den Tisch gedrängt hatte, ins Gesicht zu blicken. Der Inspector ließ einige Zeit verstreichen, bevor er sich zu Schöberl beugte (der Kerl stank fürchterlich!) und ihm zuflüsterte: »Bleib ganz ruhig sitzen, Schöberl. Ich bin’s, dein Inspector von den Polizeiagenten. Mach keinen Bahöö 12 und sag ja nicht Inspector, Oberpolizeirat oder sonst so einen Schwachsinn zu mir.«
    Schöberl schaute zuerst ganz verdattert, dann aber leuchtete ein Erkennen in seinen Augen auf. Er grinste. »Na, das wird ja heute ein richtiges Familientreffen.«
    »Wie meinst denn das?«
    »Na, weil der Doktor Goldblatt ja auch noch kommt.«
    »Also bist du sein Informant! Wo hast denn die Hand her?«
    Schöberl zögerte zuerst, erinnerte sich aber dann, dass ihm Nechyba vor fünf Jahren gehörig aus der Patsche geholfen hatte und dass er ihm so einiges verdankte. Im Flüsterton berichtete er wahrheitsgetreu über seinen Fund.
    »Und was ist mit dem Kannibalismus? Was ist das für ein G’schichterl?«
    Schöberl druckste herum und plötzlich erschien Leo Goldblatt – zu spät, wie immer. Nechyba schob seinen linken Nachbarn samt Sessel zur Seite. Der sprang auf, murmelte – ohne Nechyba direkt anzuschauen – ein paar halblaute Flüche und ging. Auf dem frei gewordenen Stuhl nahm Goldblatt Platz. Die drei Männer steckten die Köpfe zusammen, und nachdem Goldblatt dem Schöberl zwei Kronen zugesteckt hatte, erzählte der Folgendes: »Unterm Karlsplatz, dort, wo der Wienfluss überdacht ist, gibt es ein Gewölbe, das schwer zugänglich ist. Dort soll angeblich, seit ein paar Tagen, eine Reliquie verehrt werden. Ein Schädel, der aus dem Kanal gefischt worden ist. Scharen von Griaslern und auch ›anständige‹ Menschen sind schon dort hingepilgert. Es soll der Kopf von Johannes dem Täufer sein …«

XII.
    Gulasch! Sein Frnak 13 witterte Gulasch. Und je näher er seiner Wohnungstür kam, desto intensiver wurde der Geruch. Mit einem erwartungsfrohen Lächeln schloss er auf und trat ein. In der geräumigen Wohnküche, die auch als Vorzimmer diente, stand seine Frau Aurelia am Herd und rührte in einem dampfenden Gulaschtopf.
    »Servus, Nechyba, na, wie war der Nachtdienst?«
    Statt eine Antwort zu geben, trat er hinter sie und zwickte sie in die Hüften, sodass sie kurz aufschrie. Dann gab er ihr einen Kuss ins Genick und drückte das geliebte Wesen kräftig an sich. Sie entwand sich seiner Umarmung und schimpfte: »Du bist ein Grobian, Nechyba.«
    Er gab ihr ein zartes Busserl 14 auf den Mund und schnurrte: »Geh! Das g’fallt dir doch …«
    Sie erwiderte nichts, sondern schob ihn zum Küchentisch, wo er sich mit einem Seufzer der Erleichterung niederließ. Sie servierte ihm eine ordentliche Portion Gulasch, die er – das Sodbrennen war zum Glück abgeklungen – mit großem Appetit verschlang. Wieder einmal dankte er dem lieben Gott, dass ihm vor fünf Jahren die Herrschaftsköchin Aurelia Litzelsberger über den Weg gelaufen war. Hartnäckig hatte er ihr damals den Hof gemacht, sich nach einem Jahr mit ihr verlobt und sie nach einem weiteren Jahr geheiratet.
    »Wann hast denn das Gulasch g’macht?«
    »Gestern Abend. Ich bin früher heimgegangen, weil die Herrschaft gestern in der Oper war. Da hab ich kein Abendessen kochen müssen. Und weil ich weiß, dass du nach dem Nachtdienst immer hungrig wie ein Wolf bist, hab ich ein Gulasch gekocht.«
    »Ich hab’s schon draußen im Gang gerochen.«
    »Stinkt’s sehr?«
    »Ganz im Gegenteil. Es duftet! Heut Nacht hab ich geruchsmäßig sowieso was mitgemacht … Ich war in einem Griaslerlokal am Tiefen Graben. Was glaubst, wie die Leut da gerochen haben? Es war kaum zum Aushalten. Übrigens hab ich dort auch einen alten Bekannten getroffen.«
    Er stand auf und holte mit einem Krug frisches Wasser von der vor seiner Wohnungstür befindlichen Bassena. Nachdem er sich und seiner Frau jeweils ein Glas eingeschenkt hatte, schilderte er ihr seine Begegnung mit Schöberl.
    Aurelia Nechyba, die früher selbst oft bei Schöberl Fleisch eingekauft hatte, war entsetzt. »Wie kann ein Mensch, der noch dazu einen ordentlichen Beruf erlernt hat, so verkommen?«
    »Das geht leider manchmal sehr schnell. Und schuld sind oft die Frauen …«
    »Geh! Was redest denn für einen Blödsinn?«
    Nechyba lachte und sagte: »In dem Fall stimmt’s wirklich. Der Schöberl hat ein Gspusi 15 mit der Frau seines Fleischhauermeisters gehabt.

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