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Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Baumkronen konnte man vage die Holzverkleidung einer Terrasse erkennen. Dort unten, fast unsichtbar für das bloße Auge, lag jemand und drehte sich gerade auf den Bauch.

29
    Manchen Menschen missfallen manche Wörter. Gunnarstranda hatte einmal einen Professor für Norwegisch erlebt, der wegen des falschen Gebrauchs der Präposition »auf« fast die Kontrolle verlor. Der Mann sagte den Untergang der norwegischen Sprache und Kultur voraus und schien bereit, aus diesem Grunde zu morden. Wenn Gunnarstranda darüber nachdachte, dann gab es ein paar Wörter, die auch ihm missfielen. Eines davon war Serienmord.
    An diesem Morgen schaute er auf dem Weg ins Büro im Gerichtsmedizinischen Institut vorbei und traf den Kollegen Schwenke schon auf dem Flur. Schwenke war leicht zu erkennen. Sein dünner, hagerer Körper stand im Kontrast zu seinem ungewöhnlich großen Kopf, der mit einer wirren Mähne und einem ebensolchen Bart geschmückt war.
    »Hätten wir das nicht am Telefon klären können?«, fragte Schwenke ärgerlich, öffnete aber trotzdem die Tür zu seinem Büro. Gunnarstranda nahm auf dem abgewetzten Ledersessel am Fenster Platz, während der Gerichtsmediziner sich an seinen Schreibtisch setzte und eine Weile Schubladen öffnete und wieder schloss, auf der Suche nach Papieren. Auf dem Schreibtisch türmten sich Nachschlagewerke und Akten. Ganz oben auf einem erloschenen Vulkan aus bedrucktem Papier thronte ein schwarzer Laptop.
    »Wenn ich angerufen hätte, wären Sie nicht drangegangen, und ich hätte vergessen, Sie wieder anzurufen.«
    »Da«, sagte Schwenke, hob einen Stoß Papiere aus einer Schublade und platzierte ihn zuoberst auf einem schon wackligen Haufen.
    »Wo drückt der Schuh?«
    »Irgendetwas stimmt an unserer Zielrichtung im Fall Veronika nicht. Wir gehen davon aus, dass der Täter clever ist.«
    »Mörder sind also nicht clever?«
    »Nie«, sagte Gunnarstranda.
    Schwenke hob zweifelnd seinen Löwenkopf. »Und wie dumm ist so ein Mörder?«
    Gunnarstranda dachte nach. »Zum Beispiel dieser Typ, der Geld brauchte. Als die Töchter ein Studiendarlehen vom Staat bekamen, wollte die Mutter für die Töchter bei der Bank Geld abheben. Draußen vor der Bank sollte der Ehemann einen Überfall vortäuschen und schlug seiner Frau einen Spaten auf den Kopf. Leider schlug er so hart zu, dass sie starb. Nicht einmal Geld hat er dabei verdient, weil die Studienkasse immer nur ein Monatsgehalt zurzeit ausbezahlt.«
    »Ja, und?«
    »Ich meine, dass Mörder sich immer auf diesem Niveau bewegen.«
    »Und ganz konkret? Wieso halten Sie Veronikas Mörder für clever?«
    »Er hat die Leiche abgebrüht. Warum hat er das getan?«
    Schwenke zögerte mit der Antwort. Er hielt den Blick nachdenklich auf einen Punkt an der Decke gerichtet.
    »Er schlägt sie und vergewaltigt sie, und das Ganze endet mit Messerstichen und Mord«, sagte Gunnarstranda. »Hinterher denkt er: DNA! Ich muss Spuren vernichten. Und dann fängt er an, sie mit so heißem Wasser zu waschen, dass sie Brandwunden bekommt. Muss er sich da nicht selbst auch verbrannt haben?«
    »Er hat es sicher in zwei Etappen gemacht, sie erst gründlich gewaschen, und danach mit kochendem Wasser nachgespült, um ganz sicherzugehen.«
    »Okay - aber ist es nicht genauso unwahrscheinlich mit so einem Plan Glück zu haben, wie im Lotto zu gewinnen?«
    Schwenke betrachtete ihn eindringlich unter buschigen Augenbrauen hervor. »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«, fragte er misstrauisch.
    »Ich brauche nur Hilfe. Wenn der Täter biologische Spuren hinterlassen hat, wäre es ihm dann gelungen, alle bis ins Letzte zu entfernen?«
    Schwenke war leicht gereizt. »Der Kerl kann genauso ein guter Spurensucher sein wie unsere Leute.«
    »Aber er hat sie nicht obduziert. Das haben Sie getan.«
    »Was wollen Sie von mir hören?«
    »Kann es sein, dass sie gar nicht vergewaltigt wurde?«
    »Sie meinen, das Abspülen mit kochend heißem Wasser hätte einem anderen Zweck gedient, als die Spuren einer Vergewaltigung zu vernichten? Was für ein Zweck sollte das sein?«
    Gunnarstranda lächelte schwach. »Sie sind sich mit anderen Worten nicht sicher, ob ...«
    Schwenke unterbrach ihn: »Sie hören nicht zu.«
    »Was glauben Sie denn?«
    Schwenke schüttelte den Kopf und schlug mit beiden Handflächen auf die Tischplatte. »Sie gehen zu weit! Kommen hier an und faseln was von bescheuerten Mördern, damit ich sage, was Sie hören wollen. No way. Ich will nicht Ihr Zeuge für Dinge sein,

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