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Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Andreas.
    War das die Antiklimax? War Andreas aufs Land gefahren, um sich zu sonnen?
    Nein. Frølich spürte ein Brennen im Magen. Seine Gedanken überschlugen sich. Verdachtsmomente, Ungeduld.
    Der Sekundenzeiger schlich langsam im Kreis. Der Minutenzeiger schlug wie ein Hammer. Frølich verlor Flüssigkeit. Die Kleider klebten ihm am Körper. Es war fast eine Stunde vergangen. In seinem Kopf rauschte es.
    Dann geschah etwas. Jemand trat auf die Terrasse.
    Frølich umklammerte das Fernglas. Auch dieser Typ war splitternackt - sonnengebräunt und muskulös, sogar sein Hintern war braun. Aber wer war das?
    Frølich presste das Fernglas vor seine Augen. Die Gestalt verschwand hinter dem Laub, kam wieder zum Vorschein. Ging in die Hocke. Zwei nackte Männer auf der Terrasse. Andreas nickte und nickte. Von dem anderen sah Frølich nur den Rücken. Nun dreh dich schon um, Mann, dachte er. Dreh dich um!
    Der Braungebrannte stand auf, zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch aus und kratzte sich etwas von der Unterlippe. Endlich drehte er sich um.
    Yes!
    Es war der Bruder, Mattis.
    Die Puzzleteile passten ineinander.
    Er hielt es nicht aus, länger zu warten und eilte zurück zum Auto. Packte Klebeband und Handschellen aus, während er nach Luft rang.
    Sein Herz hämmerte bis in die Ohren. Er hielt inne und zögerte. Es könnte auch alles ganz anders sein. Er wusste noch gar nichts!
    Aber er konnte nichts anderes hören als sein Herz. Und die Insekten. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Hyperventilierte. Beruhigte sich wieder. Richtete sich gerade auf. Sah sich um. Solche Insekten gab es nicht in diesem Land. Aber das Geräusch war da. Der Gesang der Zikaden und das harte Klopfen seines eigenen Herzens. Er hielt sich die Ohren zu. Er war hier, auf einem Hügel in Vestfold!
    Eine Hummel, die über die Kühlerhaube seines Wagens krabbelte, fiel ihm ins Auge. Er horchte angespannt, wie sie sich bewegte.
    Endlich verstummte das Zirpen.
    Erst da riss er sich los. Lief zurück über Stock und Stein, zu dem Nest, in dem er Rucksack und Fernglas gelassen hatte. Er hob das Fernglas an die Augen. Mattis war jetzt allein. Er lag auf dem Rücken auf einer Luftmatratze und sonnte sich. Las einen Comic. Hielt das Heft hoch, zum Schutz vor der Sonne.
    Frølich hyperventilierte immer noch. Versuchte zu denken. Mattis allein. Erst war Andreas allein gewesen.
    Seine schlimmsten Befürchtungen mussten nicht zutreffen. Aber sie konnten zutreffen.
    Er griff nach Taschenlampe, Handschellen und Klebeband und setzte sich in Bewegung. Hüpfte lautlos von Stein zu Felsen zu Stein, in weichen Joggingschuhen.
    Solange er auf Steinen lief, konnte er sich lautlos bewegen.
    Am Ende des Hügels lag ein Abhang, und nun war das Sommerhaus nicht mehr weit entfernt. Er setzte sich und hievte seinen Körper hinunter, den Blick auf das Verandageländer ein Stück vor ihm gerichtet.
    Schließlich musste er springen und landete mit beiden Beinen auf Laub und trockenen Ästen.
    Es knackte. Er blieb in der Hocke, bewegungslos. Hielt den Atem an, um zu lauschen. Hörte nichts. Hatten sie ihn entdeckt?
    Er atmete wieder, mit offenem Mund.
    Ohne einen Muskel zu bewegen, während der Schweiß ihm das Gesicht hinunterlief, wartete er, bis er sicher war, dass alle normalen Geräusche wieder da waren. Das Rascheln des Laubes, das wellenartige Dröhnen eines Flugzeugs in der Ferne ...
    Als er weiterging, konzentrierte er sich darauf, immer auf Steine zu treten.
    Die Holzhütte tauchte zwischen den Bäumen auf. Ein schmales Haus mit zwei Stockwerken, winzige Grundfläche, in eine Mulde gepresst. Vor dem Haus hatte jemand versucht, einen Rasen anzulegen. Am Rande des Rasens standen Büsche. Frølich hockte sich zwischen die dünnen Zweige, geschützt vom Buschwerk.
    Die letzten zehn Meter gab es keine Deckung. Das Espenlaub raschelte, als ein Windstoß über den Berg fuhr. Er hörte, wie Mattis eine Seite des Comics umblätterte.
    Zwei schwarze Plastikrohre am Boden verrieten, dass es in der Hütte im Sommer fließend Wasser gab.
    Zwei Eingänge. Der eine durch eine breite Tür direkt vor ihm. Der andere in der oberen Etage, zur Terrasse hin, auf der sich Mattis befand.
    Welchen Weg sollte er nehmen?
    Und wie?
    Da hörte er Stimmen. Lauschte. Die Stimmen kamen von drinnen. Nein. Es war nur eine Stimme. Die Stimme wurde lauter und brach dann plötzlich ab.
    Er betrachtete das Häuschen. Abweisende Fenster und graublaue Wände. Die Landschaft, Bäume und

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