Rein Wie Der Tod

gerade, sich eine teuflische Replik auszudenken, als Rindal ihm zuvorkam.
    »Mein Beileid, alter G.«
    Gunnarstranda antwortete nicht.
    Rindal grinste. »Scheiße, solche Augenblicke muss man festhalten. Stell dir vor, du mit langer Nase!« Er kicherte.
    »Was meinst du?«
    »Der Verlobte von Veronika Undset, mir war so, als hätte ich in der Zeitung etwas über eine gewisse Niederlage vor dem Untersuchungsgericht gelesen.«
    »Oh?«, sagte Gunnarstranda säuerlich. »Hast du das in der Zeitung gelesen? Wo du doch die Verantwortung trägst? Vielleicht solltest du ein bisschen am internen Kommunikationsfluss arbeiten?«
    »Es gibt zwei Sorten von Verlierern, Gunnarstranda, die einen, die den Schnabel hängen lassen, und die anderen, die die Zähne zusammenbeißen und weiterkämpfen. Worauf wartest du? Kopf hoch, das wird schon, wie der Dichter sagt.«
    Der Fahrstuhl hielt im zweiten Stock, und die Tür ging auf. Ein renommierter Rechtsanwalt stieg ein. Die beiden nickten dem Mann zu und schwiegen.
    Der Fahrstuhl hielt im ersten Stock. Der Anwalt stieg aus.
    »Es gibt zwei Herausforderungen für eine Führungskraft«, sagte Rindal und sah an die Decke. »Die eine ist das Wegweisen, die andere das Motivieren.«
    »Du bringst da was durcheinander«, sagte Gunnarstranda. »Was du da zitierst, ist die Einleitung zu deinem Vortrag beim nächsten Seminar. Jetzt stehst du aber gerade mit mir im Fahrstuhl.«
    »Eben. Und ich habe beschlossen, zu motivieren. Das betrifft den Psychologen, den du aufgespürt hast.«
    »Was ist mit ihm?«
    Der Fahrstuhl hielt wieder. Sie waren unten, die Türen öffneten sich. Sie traten hinaus.
    »Lena hat gute Arbeit geleistet«, sagte Rindal. »Das Mädchen hat Potential. Sie hat den Namen von Valeur im Netz überprüft, und weißt du, was sie gefunden hat? Erik Valeur hat in der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung einer Klinik in Troms gearbeitet.«
    »Und weiter?«
    Rindal grinste: »Der Psychologe ist polizeilich registriert. Du weißt, was das bedeutet?«
    »Wie wär's, wenn du zur Sache kämst, statt hier Faxen zu machen?«
    »Denk doch mal an Finsnes 2006.«
    »Und was ist das? Eine neue Basketballmannschaft?«
    »Very funny«, parierte Rindal im gleichen Tonfall. »Du vergisst dabei eines, Gunnarstranda - deine Sarkasmen sind auf die Dauer nicht gut, sie führen den Intellekt in Sackgassen. Das ist genau wie Würstchen und Pizza essen für mein Herz, auf die Dauer ungesund.«
    »Sarkasmen? Ich habe aufgrund deines Aufzugs assoziiert und habe keinen Schimmer, wovon du sprichst.«
    Denk nach, Gunnarstranda, denk nach! Finsnes, in Senja, Mai 2006!«
    »Mord?«
    »Es wird wärmer, Gunnarstranda, es wird wärmer!« Rindal joggte auf der Stelle und boxte ihm gegen die Schulter.
    Zwei von Rindals Trainingskameraden liefen vorbei, und er rief ihnen hinterher: »Komme, Jungs!« Beinahe wäre ihm das Kaugummi aus dem Mund gefallen, aber er fing es mit einer Kopfbewegung und einer ungewöhnlich flinken Zunge wieder ein. Wie ein Fliegenschnäpper, dachte Gunnarstranda beeindruckt.
    »Junges Mädchen, ermordet auf einer Müllhalde, ungefähr so viel weiß ich noch«, sagte er.
    »Signe Herring«, sagte Rindal. »Neunzehn Jahre.« Er senkte die Stimme und flüsterte: »Der Psychologe - Valeur, taucht in den Verhörprotokollen auf!« Rindals Gesicht war ein einziges Lächeln. »Der Psychologe hat Signe Herring behandelt, weil sie an Essstörungen litt. Und hier kommt Onkel Rindal dir zu Hilfe: Ich habe die Kripo gebeten, die Fallakte rüberzufaxen, und was finde ich da? Der Mord an Senja ist fast identisch mit dem Fall Veronika Undset. Das Mädchen wurde vergewaltigt, erstochen und danach wie Abfall auf den Müll geworfen. Scheiß nochmal, wenn du dieses Mal gut spielst, dann gibt es Presse. Serienmord, alter G., hä? Cool, was?«
    Zum ersten Mal seit Langem blieb Gunnarstranda eine Antwort schuldig.
    »Da siehst du mal, was du für einen tollen Chef hast«, grinste Rindal. »Hilft und unterstützt bei Gegenwind und kommt mit nützlichen Tipps. Cheer up, lass den Schnabel nicht hängen!«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Na klar.«
    »Ich habe gerade den Nachbarn von Veronika ermordet aufgefunden. Und dann kommst du mit einem alten Fall aus Nordnorwegen an. Wo sollten wir denn deiner Meinung nach ansetzen?«
    Rindal grinste wieder. »Tja, frag mich nicht, wie der Mann sagte - als sie die Leiche seiner Frau im Gefrierschrank fanden.«
    Und damit sprintete Rindal zur Tür hinaus. Gunnarstranda sah nur