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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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den Kopf und ging langsam, ohne Anděl bemerkt zu haben, quer über die verschneite Wiese auf den Transporter zu. Als er etwa auf halbem Weg war, kam ein Mann, der eine große Kiste schleppte, aus dem Stollen heraus. Schwarze Kleidung, helles Haar, das Gesicht, das Anděl von dem verknitterten Personalausweis kannte, den er in seiner Jackentasche trug. Martin Trojan, kein Zweifel. Aber da war noch etwas … Irgendwas an diesem Mann kam ihm bekannt vor. Trojan schien den Alten nicht zu bemerken, ging auf das Heck des Wagens zu. Anděl überlegte fieberhaft, wie er den Alten aus dem Weg kriegen konnte. Keine Chance. Aber er konnte Trojan nicht einfach laufen lassen. Er entsicherte die Pistole, trat einen Schritt vor, aus dem Schatten des Gebüsches heraus. Der Schnee knarzte unter seinen Schuhen. Die Pistole hielt er in beiden Händen mit dem Lauf zum Boden.
    »He, Sie«, rief der Alte dem Mann mit der Kiste zu, ohne stehen zu bleiben. »Was machen Sie da? Sie dürfen da nicht …«
    Trojan sah in die Richtung, aus der die Stimme kam, stellte langsam die Kiste auf den Boden. Fasste mit einer Hand in seine Jacke.
    Anděl beobachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen. Diese Bewegung … die schwarze Kleidung … ein anderer Ort … nachts … der Bürgersteig vor seinem Haus … Eva … das helle Oval hinter ihr, ein fast körperloses Gesicht, das ihn einen Moment lang irritiert hatte … Man trifft sich im Leben immer zwei Mal …
    »Hände hoch. Polizei«, schrie Anděl, Mottls Pistole im Anschlag.
    Trojan zog etwas aus seiner Jacke, den Blick auf den Alten gerichtet, scheinbar ohne Anděls Aufforderung wahrgenommen zu haben. Etwas glitzerte kurz in der Sonne. Der alte Mann stand wie erstarrt auf der Wiese, nur sein Kopf drehte sich von einem zum anderen, wie bei einem Tennismatch, sein Gesichtsausdruck wechselte von Erstaunen zu Angst. In der Ferne begann eine Sirene zu heulen.
    Es waren nur Bruchteile von Sekunden, doch Anděl erschienen sie wie eine Ewigkeit. Ein Mensch, dachte er, mein geliehenes Alter Ego. Solo Lovec … Yvan Tzara … ein Schriftsteller … so ein gutes Buch … Kunst … Keine Sentimentalitäten!
    »Fallen lassen!«, schrie er. »Runter, Mann!«
    Trojans Arme streckten sich in Richtung des Alten, dann drehte er sich plötzlich. Sah Anděl an. Stutzte. Entsetztes Erkennen spiegelte sich in seinem Gesicht. Er zögerte. Einen Augenblick zu lang.
    Anděl zog den Abzug durch.

40
    Touhu není záhodno realizovat.
Miluju nepřítomné, nenarozené a mrtvé.
    Sehnsucht ist nicht praktikabel.
Ich liebe Abwesende, Ungeborene und Tote.
    Anděl stand im Hof von Valeskas Anwesen. Er hatte am gestrigen Tag zusammen mit Larissa und Prokop Tatarka mehrere Stunden lang die Befragung durch Inspektor Tomáš Marný über sich ergehen lassen. Es war nicht einfach gewesen, ihm die ganze vertrackte Geschichte nahezubringen. Der Inspektor hatte lange mit Ota Nebeský telefoniert, um sich alles bestätigen zu lassen, und sich auch bei Staatsanwalt Otčenášek rückversichert, dass man tatsächlich nicht versuchte, ihm einen gewaltigen Bären aufzubinden. Schließlich hatte er die drei ziehen lassen. Unwillig, aber es war ihm nichts anderes übrig geblieben, da der alte Mann vom Infohäuschen bestätigt hatte, dass Anděl in Notwehr geschossen hatte.
    Trojan war tot. Sein erster Toter. Anděl hatte immer gehofft, nie in eine solche Situation zu kommen. Nun war es doch passiert. Er fühlte nichts, noch nicht einmal Genugtuung. Er hätte Trojan weit lieber vor Gericht als tot im Schnee gesehen. Aber er hatte nicht riskieren wollen, den Mann nur anzuschießen, das wäre eine fahrlässig gefährliche Variante gewesen angesichts der Kaltblütigkeit des Killers.
    Nach der Befragung durch den Inspektor hatte er lange mit Ota und Felix telefoniert und noch länger mit Magda. Die drei waren, wie nicht anders zu erwarten, zutiefst erleichtert gewesen, dass ihm nichts passiert war. Trotzdem waren die Gespräche seltsam angespannt gewesen. Vermutlich auch kein Wunder. Ota Nebeský hatte ihm die Teile der Geschichte erzählt, die sie von Čestmír Kafka erfahren hatten. Alles hatte sich zur allgemeinen Zufriedenheit aufgelöst. Sogar die Frage, was nun mit Hermiona geschehen sollte. Er hatte lange mit dem Mädchen gesprochen und sie schließlich gefragt, was sie wollte. Sie habe die Wahl, sie könne vorerst bei Valeska bleiben, was diese spontan angeboten hatte, nachdem sie alles erfahren hatte, oder sie könne mit ihm nach Prag

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