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Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)

Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)

Titel: Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Hottenrott
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was er vor hatte.
    „Es ist unsere einzige Chance.“
    Ich nickte und öffnete sogleich das Fenster so weit, wie es eben möglich war. Doch der Schlitz, der dadurch entstand, war gerade einmal groß genug für meinen Körper. Mein Begleiter hätte da niemals durch gepasst.
    „Dann gehe ich zu den Kontrollen und du gehst hier heraus. Wir treffen uns dann später auf den Toiletten, in Ordnung?“
    Ich hatte kaum eine Möglichkeit den Plan zu durchdenken. Vertrauen war jetzt wichtig, aber konnte ich dem Mann so einfach vertrauen? Nichtsdestotrotz nickte ich, er erwiderte es und reihte sich in die lange Schlange draußen ein.
    Ich hingegen zwängte mich durch den engen Schlitz und hoffte darauf, dass mich niemand sehen würde. Denn wie sollte ich solch ein Verhalten plausibel erklären?
    Ich rollte mich auf dem Boden des Bahnsteigs ab. Glücklicherweise war es keine allzu große Höhe. Und noch einmal sah ich mich um, ob mich mögl icherweise jemand beobachtet hat.
    Langsam und vorsichtig schlich ich den Zug en tlang. Meine Sinne waren aufmerksamer als jemals zuvor. Kein Mensch war zu sehen.
    Diese Station war komischerweise rec ht leer.
    Nun galt es nur no ch, die Toiletten zu finden.
     
     
     
     
    „Maximilian, kann ich kurz mit ihnen reden?“ Präsidentin Monroe sah nicht allzu glücklich aus, als sie in der Tür des Innenministers stand. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und leh nte locker im Türrahmen.
    „Natürlich, kommen sie ruhig rein“, sagte der schelmisch lächelnde Mann in seinem bequemen Bürostuhl. Er schloss die Akte, die vor ihm auf dem gläsernen Schreibtisch lag.
    Monroe trat in das Büro ein und die Tür schloss sich automatisch hinter ihr. Langsam lief sie auf den Schreibtisch zu. Sie suchte nach den passenden Worten.
    „Ich habe von ihrer Suchaktion gehört, Maximil ian. Sie sollten wissen, dass ich solches Vorgehen nicht dulden kann.“
    Maximilian fühlte sich ertappt. Er hatte alles d afür getan, dass die Obrigkeit nichts davon bemerkte und doch wusste es die Präsidentin. Es mussten Köpfe rollen.
    „Mir sind außerdem einige Beschwerden bezü glich der Zustände in den Gegenden der Armen zu Ohren gekommen. Es liegt in ihrem Zuständigkeitsbereich, dafür zu sorgen, dass die Armut bekämpft wird, aber sie sollten auch wissen, dass ich Bekämpfung nicht wortwörtlich meine, Maximilian.“
    Der Innenminister blieb stumm. Er nickte.
    „Haben sie nichts zu ihrer Verteidigung zu sagen?“, fragte Monroe ungeduldig.
    Er schüttelte den Kopf.
    „Nun gut. Ich werde weiterhin ein Auge auf ihrer Arbeit und ihrem Verhalten belassen. Sollte es sich nicht verändern, muss ich über die Neubesetzung ihres Postens nachdenken. Ich hoffe, das ist ihnen bewusst?“
    Wieder nickte er nur.
    Die Präsidentin sah den Mann noch ein paar Sekunden lang scharf an, als wolle sie ihn allein mit ihrem Blick zurechtweisen. Dann drehte sie sich wieder herum und verließ das Büro in einem gelassenen Tempo.
    Erst als sie draußen war, schlug Maximilian w ütend auf den Glastisch.
    Seine einzige Frage war, wer hatte ihn verraten? Und wie würde er den Verräter los werden kö nnen?
     
     
     
     
    Ich schlich zwischen all den bunten Reklamen und halbdurchsichtigen Personen hindurch, die immer wieder den gleichen Satz wiederholten, als befänden sie sich in einer Endlosschleife.
    Verzweifelt und überfordert suchte ich nach einem Hinweis auf die Toiletten. Doch ich wusste nicht einmal, wie ein solcher Hinweis aussehen sollte. Ich war verloren.
    Zwar hatte ich es aus dem Getto geschafft, aber weiter scheine ich auch nicht mehr zu kommen. Was für ein Rückschlag.
    Und plötzlich spürte ich eine enorme Schwere in meiner Brust. Ich musste um jeden Atemzug ri ngen. Ich presste meine Hände auf meinen Brustkorb, kämpfte um Luft. So musste es sich anfühlen, wenn man ertrank, dachte ich.
    Eine freundlich aussehende Frau in einem m odern geschnittenen Hosenanzug kam auf mich zu. Sie legte ihre Hand auf meine Schulter. „Ist alles in Ordnung, Liebes?“
    Ich deutete immer wieder auf meinen Brustkorb und rang nach Luft. Hoffentlich verstand sie, was ich meinte.
    Sie nickte mir zu, drehte sich herum und rief in die Menge der Menschen hinein: „Ich brauche hier Hilfe! Dieses Kind bekommt keine Luft.“
    Augenblicklich bildete sich eine kleine Traube aus Reisenden um meine Person. Sie alle trugen Anz üge, aber keiner von ihnen wusste so recht, was zu tun war.
    „Wir sollten sie zu einem Notarzt bringen“,

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