Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
uns lag.
Langsam schob Bloomquvist einen Schlüssel in die Tür. Ein leises Klick und die Tür sprang auf. Er öffnete sie.
Ich blickte in einen weiteren Raum, der scheinbar nichts beinhaltete außer Dunkelheit. Bis das Licht anging.
Zeitungen befanden sich an den Wänden. Bilder und Fotografien mir unbekannter Personen waren ebenfalls dort befestigt und in der Mitte des kleinen Raumes stand ein Tisch, der ebenfalls überfüllt war mit Schriftstücken.
Doch einige der Personen konnte ich erkennen. Catherine Monroe und Paul Maximilian.
„Ich hatte dir doch in der Station erzählt, dass es einen Widerstand gibt, nicht wahr?“
„Ja, und du hast gesagt, dass du zu ihnen gehörst“, erwiderte ich.
„Vielleicht verstehst du jetzt, warum meine Frau nicht möchte, dass du das hier siehst.“
Akt IV
„Du musst all die Zusammenhänge verstehen lernen, Serah.“ Bloomquvist schob die Bilder und Artikel immer wieder Hin und Her. Dabei entwarf er ein komplexes Netz aus Menschen, Gruppierungen und Konzernen.
„Es muss dich enorm viel Zeit gekostet haben, all diese Informationen herauszufinden, oder?“
Bloomquvists Blick ruhte auf dem Tisch. Er nickte. „Seit damals, seit mir die Regierung alles genommen hat, habe ich mich mit ihnen beschäftigt. Ich hatte Pläne der Rache ausgearbeitet, aber niemals umgesetzt.“
„Und warum nicht?“
„Weil ich begriffen habe, dass es nicht die Soldaten, nicht die Polizisten, nicht die einfachen Menschen sind, die mir geschadet haben. Sie sind lediglich Handlanger, die es vermutlich selbst nicht besser wissen, die nur einfache Befehle ausführen, um nicht selbst beseitigt zu werden. Die Menschen, die mir geschadet haben, sind gut versteckt, niemals in der Öffentlichkeit sichtbar. Sie lassen die dreckige Arbeit erledigen.“
In Bloomquvists Stimme war eine deutliche Ve rbitterung zu hören. Ich konnte seinen Schmerz verstehen.
Nahezu jeden Tag erinnere ich mich an das G esicht meiner Mutter, die Dummheit meines Bruders, die ihn das Leben kostete.
„Du darfst den Schmerz nicht zu dicht an dich heran lassen.“ Bloomquvist sah mich an. „Du sol ltest ihn vielmehr nutzen, um zu kämpfen. Nur wenn du ein klares Ziel vor Augen hast, wenn du ganz genau weißt, was du willst, dann kannst du auch effektiv kämpfen.“
Ich nickte. Und überraschenderweise verstand ich seine Worte auf Anhieb.
Es war spät am Abend und Sam wartete bereits auf ihren Mann.
Vorsichtig öffnete er die Tür zum gemeinsamen Schlafzimmer, denn Bloomquvist rechnete damit, dass seine Frau bereits schlafen würde. Doch sie lag noch immer wach und las ein Buch. Das tat sie jeden Abend.
„Oh“, entfuhr es ihm, als er die schwach leuc htende Nachttischlampe wahrnahm. „Du bist ja doch noch wach.“
Sam sah nur kurz hoch, um zu sehen, wer da war. Dann widmete sie sich wieder dem Buch.
„Ich dachte mir schon, dass du es schon weißt.“
Sam musste nichts sagen. Bloomquvist wusste sofort, warum sie so reagierte.
„Ich weiß, dass du es nicht magst, wenn ich andere und vor allem fremde Menschen mit ins Vertrauen ziehe, aber du musst Serahs Situation bedenken. Sie wird sicher die letzte Person sein, die uns bei der Regierung verraten wird.“
Sam ließ das aufgeschlagene Buch sinken. „Da rum geht es nicht, Schatz. Ich weiß um Serahs Situation und gerade deswegen solltest du sie nicht mit ins Vertrauen ziehen.“
Bloomquvist trat in den Raum ein und schloss dabei die Tür hinter sich. „Wie meinst du das? Sie würde dem Widerstand ideal dienen.“
Sam sah ihren Mann erschrocken an. „Bist du schon so von deiner Rebellion und deinem Widerstand geblendet, dass du selbst unschuldige Mädchen rekrutieren willst?“
Er zog seine Schuhe aus.
„Serah braucht jetzt Ruhe und ganz sicher keine Unterrichtsstunden darin, wie sie die Regierung vernichten kann.“
„Sie ist stärker, als du glauben magst.“
„Das spielt doch keine Rolle! Mein Gott, dieses arme Mädchen hat ihre eigene Mutter und ihren Bruder verloren. Was meinst du, wie sie sich fühlt? Dann wurde sie noch von der Regierung entführt. Sie sollte sterben.“
Bloomquvist hatte se ine Hose über den Stuhl gehängt. Dann setzte er sich zu Sam ins Bett. Er war müde von den vielen Erzählungen.
„Ich weiß. Aber sie will es so, Schatz. Sie will kämpfen und irgendwie muss sie ihre Wut loswe rden.“
„Nur weil für dich der Kampf die richtige Option zu sein scheint, muss dies nicht auch auf andere Menschen
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