Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
Sein Gesicht war fragend.
Ich senkte meinen Kopf. „Ich verstehe diese Welt einfach nicht.“
Er nickte. „Du hast dich sicher gefragt, wieso es diese krassen Unterschiede gibt, nicht wahr? Ich kann es dir auch nicht sagen, aber ich kann dir sagen, dass sie gewollt sind. Damit einige, wenige Menschen reich sein können, müssen viele Menschen Armut erleiden.“
„Aber wer kreiert eine solche Gesellschaft? Wo ist das Verantwortungsbewusstsein der reichen Menschen?“
Bloomquvist zuckte mit den Achseln. „Ein zufriedener Mensch stellt keine Fragen.“
Ein klatschendes Auditorium. Nahezu alle anw esenden Parlamentarier waren aufgestanden. Genauso hatte sich Maximilian seinen Aufstieg vorgestellt.
„Und damit übergebe ich das Wort an den neuen Präsidenten der Europäischen Union“, verkündete der Parlamentspräsident klatschend. Er lief einige Schritte zurück und machte so Maximilian am Pult Platz.
Für den ehemaligen Innenminister war es kein ungewohntes Gefühl, vor dem Parlament zu sprechen. In seiner neuen Position aber war es sehr wohl ein anderes Gefühl.
Die Anwesenden klatschten noch ein paar S ekunden weiter und dann nahmen sie allmählich Platz.
„Vielen Dank“, begann Maximilian seine Rede und kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, klatschten einige Parlamentarier erneut.
„Ich bin unter, sagen wir, äußerst unglücklichen Umständen in diese hohe Position gekommen. Leider ist unsere geliebte und hoch geschätzte Präsidentin Catherine Monroe hinterhältig getötet worden. Noch viel schlimmer ist die Tatsache, dass ich es, obwohl ich mich am selben Ort befand, nicht verhindern konnte. Das ist nun die Geschichte. Was ich als neuer Präsident aber sehr wohl kann, ist, für Gerechtigkeit zu sorgen!“ Energisch schlug er mit seinen Händen auf das Rednerpult, vor dem er stand.
Und wieder klatschten die Anwesenden kurz, aber dafür umso intensiver.
„Meine erste Handlung in diesem hohen Amt wird es sein, die Verräterin ausfindig zu machen und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Die Europäische Union mit ihrem Rechtsstaat kann es nicht dulden, dass ein solch schwerwiegendes Verbrechen ungesühnt bleibt. Außerdem ist es auch wichtig, dass ein Zeichen gesetzt wird. Denn schon zu lange dulden wir bestimmte Menschen wie diese Verräterin in unserer Union. Deswegen wird es mein Ziel sein, die Aufgaben meiner Vo rgängerin fortzuführen, ihre gesteckten Ziele, die wahrlich hoch sind, zu erreichen, nein, ich werde ihre Ziele übertreffen!“
Wieder standen einige Parlamentarier auf und klatschten in die Hände. Sie waren begeistert, beeindruckt von dieser Tatkraft.
„Unter meiner Führung, dieses Ziel habe ich mir gesteckt, soll die Europäische Union einen Höhepunkt ihrer Geschichte erreichen und ihre Vergangenheit, die wahrlich nicht so glanzvoll war, abschütteln können.“
Fassungslos saß ich vor dem Fernseher. Bloo mquvist und Sam saßen neben mir. Auch sie schienen fassungslos über diese Rede, über dieses Verhalten zu sein.
„Er hat es wirklich geschafft. Dieser Bastard ist mit seiner Taktik durchgekommen“, sagte Bloo mquvist durch zusammengepresste Zähne.
Sam nickte. „Und diese politischen Idioten jubeln ihm auch noch zu. Sie haben keine Ahnung, dass er die Präsidentin ermordet hat, nur um ihren Posten zu erhalten.“
„Das ist eben Politik“, erklärte Bloomquvist resignierend. „Und wir können nur zusehen.“
Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, wir müssen etwas tun! Wir müssen Widerstand leisten, denn wir sind das Volk und sie sind unsere Vertreter.“
Sam sah mich lächelnd an. „Du bist wirklich eine kleine Rebellin, was?“
„Rebellion wäre die einzige Option. Aber im Moment sollten wir uns bedeckt halten. Hier wird uns niemand suchen, also sind wir hier wah rscheinlich sicher.“
„Ich hasse es , zu warten“, sagte ich. Mein Blick fixierte den jubelnden und sich freuenden neuen Präsidenten Maximilian.
Der nächste Morgen.
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal in meinem Leben so gut schlafen konnte. Als würde ich auf einem Bett aus Wolken liegen. Die strahlende Sonne hatte mich schließlich aus meinem Schlaf geweckt.
Langsam hob ich meine Beine aus dem Bett he raus. Ich streckte mich. Ein süßer und mir unbekannter Geruch drang an meine Nase, und ich wusste sofort, dass Sam wieder etwas gekocht hatte.
Ich lief zu dem großen Holzschrank. Bloomquvist meinte, dass ich dort ein paar
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