Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
passende Kleider für mich finden könnte.
Über dem Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand, hingen noch meine alten Kleider. Sie waren durch die Behandlung in diesem Lager ziemlich zerfetzt worden.
Als ich die beiden Holztüren des Schranks öffn ete, kam mir ein weiterer, sehr angenehmer Duft in die Nase. Es roch nach Blumen. Und genauso ein buntes Bild, wie es ein Blumenfeld abgeben konnte, bot sich mir im Inneren des Schranks. Es waren so viele Kleidungsstücke darin, dass ich mich kaum entscheiden konnte.
Ich zog mir ein Top an und eine frische Jeans. Die Hose war noch neu und dementsprechend eng lag sie am Körper an. Ein Gefühl, das sich merkwürdig gut anfühlte.
Nachdem ich die Türen wieder geschlossen habe, betrachtete ich mich in dem Spiegel, der direkt an einer Tür angebracht war.
Ich war dünn, ungesund dünn.
Plötzlich klopfte es sanft an der Tür. „Bist du schon wach, Serah?“ Es war Bloomquvists Stimme und er sprach ungewöhnlich leise.
„Ja, ich habe mir gerade etwas angezogen. Du kannst gern reinkommen.“
Langsam, fast zögerlich öffnete der Mann die Tür und er schob zuerst seinen Kopf hinein. Wahrscheinlich wollte er absolut sicher gehen, dass er mich nicht in einer ungünstigen Lage vorfinden würde.
Doch als er mich erblickte, sah ich etwas Mer kwürdiges in seinen Augen. Sein Gesicht entspannte sich plötzlich. Zu gerne hätte ich gewusst, was er in diesem Moment gedacht hat.
„Ich soll dich zum Essen holen. Sam hat Eierk uchen gemacht.“
Ich wusste zwar nicht, was Eierkuchen waren, aber ich nickte und lächelte. Nachdem gestrigen Abendessen war ich mir so gut wie sicher, dass jedes Gericht, das Sam zubereitete, göttlich schmecken musste.
Noch einmal wandte ich mich zu dem Spiegel herum, zog an meinem Top, damit es keine Falten warf und dann ging ich auf Bloomquvist zu, der nach wie vor wartend in der Tür stand.
Zusammen liefen wir die Treppe nach unten. Je mehr wir uns der Küche näherten, desto intensiver wurde dieser köstliche Geruch. Man konnte diese Eierkuchen förmlich schmecken.
„Guten Morgen“, schallte es mir mit freudiger Stimme entgegen. Sam hatte wieder ihre rote Schürze übergestreift und stellte gerade ein paar Teller auf den großen, runden Esstisch.
„Nimm schon mal Platz“, forderte mich Bloo mquvist auf, dann half er seiner Frau. Sie waren wirklich ein perfektes Paar.
Bloomquvist stellte einen großen Teller in die Mitte des Tisches. Noch befand sich auf diesem Teller eine Haube, sodass man nicht sehen konnte, was auf dem Teller lag. Dann nahm er Platz, wä hrend seine Frau die Schürze ablegte.
Auch sie nahm Platz. „Du hast bestimmt noch nie in deinem Leben Eierkuchen gesehen oder gege ssen?“, fragte mich Sam lächelnd.
Ich schüttelte den Kopf.
„Dann wird es aber Zeit!“, sagte Bloomquvist lachend und hob die silbern glänzende Haube vom Teller hoch.
Ein Schwall dieses köstlichen Duftes breitete sich sofort in der Luft aus.
Sam nahm eine Gabel und hievte damit einen Eierkuchen auf meinen Teller. „Wenn du möchtest, kannst du dir auch gern noch Zucker oder Apfelmus auf den Eierkuchen machen.“
Doch ich winkte ab. Ich wollte ihn erst einmal probieren. Und als ich den ersten Bissen geno mmen hatte, war ich wirklich überzeugt, dass Sam hervorragend kochen konnte.
Später am Tag, ich befand mich gerade in me inem Zimmer und übte Lesen, klopfte es erneut an die Tür. Ich schlug das kleine Buch mit der Aufschrift ‚Die Bibel‘ zu. „Ja?“
Wieder schob sich Bloomquvists Kopf in den Raum hinein und er lächelte mir zu, als er mich auf dem Fensterbrett sitzend sah.
„Darf ich dich kurz stören?“
Ich legte das Buch auf dem Fensterbrett ab und stand auf. „Natürlich darfst du.“
„Ich muss dir eine wichtige Sache zeigen, aber du darfst Sam nichts davon erzählen, okay?“
Ich nickte. Hatte er etwa Geheimnisse vor seiner Frau?
„Dann komm mal mit, Serah.“
Bloomquvist ging mit mir zusammen die Treppe nach unten, aber jetzt blieben wir nicht im Erdg eschoss. Stattdessen führte er mich in den Keller des Hauses.
„Sam würde nicht wollen, dass ich einer Fremden wie dir unser Heiligtum zeige. Sie ist sehr misstra uisch“, erklärte Bloomquvist.
„Wer kann es ihr verübeln?“
Bloomquvist nickte und schaltete das Licht an. Wir befanden uns in einem kleinen Vorraum und der hatte nur zwei Wege. Entweder lief man die Treppe wieder nach oben oder man ging durch eine weiße Tür, die nun direkt vor
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