Reise durch die Sonnenwelt
mich nicht täuschen können.
Palmyrin Rosette preßte den Kopf zwischen beide Hände. (S. 409.)
Meine Beobachtungen sind richtig, meine Rechnungen auch! Alle Wetter, ich werde auf den Grund kommen!«
Und Palmyrin Rosette preßte den Kopf zwischen beide Hände und raufte sich fast die Haare aus, an welchen sein Scheitel doch keinen Ueberfluß hatte. Und immer und immer erhielt er dasselbe Resultat: eine Differenz zwischen seinen Berechnungen und den nachträglichen Beobachtungen.
»Sollte in der Himmelsmechanik, sagte er sich, wirklich eine Störung eingetreten sein? Nein, das ist nicht möglich! Ich, nur ich bin es, der sich irrt! Und doch … dennoch …«
Wenn es bei Palmyrin Rosette noch angegangen wäre, weiter abzumagern, jetzt wäre die Gelegenheit dazu gewesen.
Fühlte er sich aber in seiner Erwartung getäuscht, so beunruhigten sich die Anderen in seiner Umgebung, was ihm freilich die geringste Sorge machte.
Dieser Zustand der Dinge sollte indeß auch ein Ende nehmen.
Eines Tages, es war am 12. October, hörte Ben-Zouf, der sich im Hauptsaale zu schaffen machte, den zufällig eben da anwesenden Professor laut und freudig aufschreien.
Ben-Zouf lief auf ihn zu.
»Ist Ihnen etwas zugestoßen? fragte er in ziemlich gleichgiltigem Tone.
– Heureka, sage ich Dir, Heureka!« erwiderte der Professor, der sich fast wie toll geberdete.
In seiner Antwort trat ebensoviel Befriedigung als Aufregung zu Tage.
»Heureka? wiederholte Ben-Zouf verblüfft.
– Ja, Heureka! Weißt Du, was das sagen will?
– Nein.
– Nun, dann geh’ zum Teufel!
– Ei, dachte die Ordonnanz wegen Mangels einer passenden Antwort, es ist doch ein Glück, daß Herr Rosette sich immer in höflichen Formen bewegt!«
Er ging davon, und wenn auch nicht zum Teufel, so doch zu Hector Servadac.
»Herr Kapitän, begann er, es giebt etwas Neues!
– Das wäre?
– Unser gelehrter Herr … er hat … ja, er hat ›Heureka‹ …
– Er hat es gefunden! … rief Kapitän Servadac. Aber was hat er denn gefunden?
– Ja, das weiß ich nicht.
– Eben das müssen wir jedoch vor Allem wissen!«
Kapitän Servadac ward unruhiger, als er je vorher gewesen.
Inzwischen verfügte sich Palmyrin Rosette wieder nach seinem Observatorium und murmelte immer für sich:
»Gewiß, so ist es … Es kann nicht anders sein! … O, dieser Schurke! Wenn ich recht habe, soll er’s theuer zahlen! … Doch, würde er es zugestehen? Nimmermehr! … Er müßte ja wieder herausgeben! … Wohlan, ich werde mich einer List bedienen … den Erfolg werden wir ja sehen!«
Wenn das Alles auch nicht zu verstehen war, so zeigte sich doch offenbar, daß Palmyrin Rosette von diesem Tage ab sein Benehmen gegen den Juden Isaak Hakhabut auffallend veränderte. Bisher hatte er ihn stets vermieden oder wegwerfend behandelt. Jetzt wurde das ganz anders.
Wer erstaunte darüber am meisten? Natürlich Meister Isaak selbst, welcher ein solches Entgegenkommen niemals gewohnt gewesen war. Den Professor sah er nun häufig nach seiner dunklen Klause herunterkommen. Palmyrin Rosette interessirte sich für ihn, für seine Person und seine Angelegenheiten. Er fragte ihn, ob er seine Waare gut verkauft habe, was er wohl dabei gewonnen, ob er nicht eine Gelegenheit ausgenutzt habe, wie sie vielleicht niemals wiederkehren werde u.s.w. u.s.w. und alles das mit der nur schwierig verhehlten Absicht, jenen in die Enge zu treiben.
Isaak Hakhabut antwortete, mißtrauisch wie ein alter Fuchs, nur ausweichend. Diese Veränderung in dem Benehmen des Professors ihm gegenüber machte ihn stutzig. Er fragte sich, ob Palmyrin Rosette nicht etwa darauf ausgehe, von ihm Geld zu leihen.
Bekanntlich war Isaak Hakhabut im Principe gar nicht abgeneigt, solche Geschäfte zu machen, und berechnete dabei nur den bei ihm üblichen Zinsfuß. Er rechnete sogar auf solche Operationen, um sein Geld nie müßig liegen zu lassen. Er verlangte dabei aber stets eine sichere, solide Bürgschaft, und hier – gestehen wir es nur – sah er nur den Grafen Timascheff, den reichen Russen, mit dem er etwas Aehnliches gewagt hätte. Kapitän Servadac erschien ihm selbstverständlich bettelarm wie ein Gascogner. Den Professor selbst betreffend, wer hätte jemals die Idee gehabt, an einen Professor Geld auszuleihen! Meister Isaak hielt sich also sehr zurück.
Andererseits sollte der Jude in die Lage kommen, von seinem Gelde Gebrauch zu machen, wobei er sich natürlich möglichst beschränkte, worauf er aber doch
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