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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wieder erlangt. Auch Ben-Zouf reckte und dehnte sich wie ein Mensch, der aus langem, tiefem Schlafe erwacht.
    Jetzt häuften sich die Besuche in den verlassenen Räumen des Nina-Baues. Kapitän Servadac, Graf Timascheff und Lieutenant Prokop stiegen sogar wieder bis zum Strande des Meeres hinab. Zwar herrschte noch immer eine ungeheure Kälte, doch hatte auch die Atmosphäre nichts von ihrer gewohnten Ruhe verloren. Keine Dunstmasse zeigte sich, weder am Horizonte noch im Zenith, kein Windhauch zitterte durch die klare Luft.
    Die letzten Fußspuren auf dem Strande sah man noch immer so rein wie am ersten Tage.
    Nur an einer Stelle war das Bild des Ufers verändert, und zwar nahe dem felsigen Vorgebirge, welches die Hafenbucht deckte. Dort hatte die aufsteigende Bewegung der Eisschichten weitere Fortschritte gemacht. Sie erhoben sich jetzt daselbst bis auf hundertfünfzig Fuß. In derselben Höhe schwebten auch die Goëlette und die Tartane, zu welchen jeder Zugang abgeschnitten war. Ihr Sturz bei eintretendem Thauwetter schien gewiß, ihr Untergang unausweichlich, denn es gab kein Mittel, sie zu retten.
    Glücklicher Weise begleitete Isaak Hakhabut, der seinen Kramladen in der Tiefe des Berges niemals verließ, den Kapitän Servadac nicht bei dieser Promenade.
    »Wenn er jetzt hier wäre, meinte Ben-Zouf, welches Pfauengeschrei hätte der alte Spitzbube erhoben! Wie ein Pfau zu schreien und dessen Schweif nicht zu haben, das paßt aber nicht zusammen!«
    Die zwei nächsten Monate, Juli und August, näherten die Gallia der Sonne bis auf 98. 4 Millionen Meilen. Während der kurzen Nächte blieb die Kälte noch außerordentlich heftig; während des Tages aber strahlte die Sonne, da sie durch den Aequator der Gallia ging, eine merkbare Wärme aus und hob die Temperatur wohl um zwanzig Grade. Die Bewohner der Gallia kamen dann herbei, um sich an den belebenden Strahlen zu erfreuen, und machten es dabei ganz wie die Vögel, welche ebenfalls in der freien Luft herumflatterten, um erst mit dem sinkenden Tage wieder zu verschwinden.
    Diese Art Frühling – doch darf man sich hier des Wortes bedienen? – übte einen sehr heilsamen Einfluß auf die Bewohner der Gallia aus. Die Hoffnung, das Vertrauen kehrte allmälig zurück. Während des Tages zeigte sich die Sonnenscheibe am Horizonte schon vergrößert; während der Nacht schien die Erde mitten unter den tausend Sternen zu wachsen. Man sah jetzt das Ziel vor sich – noch war es zwar entfernt – doch, man sah es ja, wenn es im Weltraume auch nur gleich einem Punkte erschien.
    Eines Tages veranlaßte diese Beobachtung Ben-Zouf zu folgender Bemerkung gegenüber Kapitän Servadac und Graf Timascheff:
    »Wahrhaftig, sagte er, es wird mich Niemand glauben machen, daß mein Montmartre auch da unten liegen soll!
    – Und doch, antwortete Kapitän Servadac, ich hoffe mit Sicherheit darauf, daß wir ihn daselbst noch wiederfinden!
    – Ich auch, Herr Kapitän! Aber sagen Sie mir, ohne Ihnen Vorschriften machen zu wollen, wenn nun Herrn Rosette’s Komet nicht so freundlich gewesen wäre, nach der Erde zurückzukehren, gäbe es dann gar kein Mittel, ihn dazu zu zwingen?
    – Nein, mein Freund, erwiderte Graf Timascheff. Keine menschliche Macht wäre im Stande, die Stellung der Himmelskörper zu verändern. Welche Verwirrung müßte es geben, wenn Jeder den Gang seines Planeten nach Belieben bestimmen könnte! Aber Gott hat das nicht gewollt, und ich glaube, er that weise daran!«

Fünfzehntes Capitel.
Worin der ersten und letzten Beziehungen zwischen Palmyrin Rosette und Isaak Hakhabut Erwähnung geschieht.
    Der Monat September kam heran. Noch immer war es unmöglich gewesen, die dunklen, aber doch warmen Zufluchtsstätten im Untergrunde der Gallia zu verlassen, um die Wohnung im Nina-Baue wieder zu beziehen. Die Bienen wären ohne Zweifel in ihren alten Zellen erfroren.
    Glücklicher oder unglücklicher Weise drohte der Vulkan nicht wieder in Thätigkeit zu treten.
    Glücklicher Weise, denn eine plötzliche Eruption hätte die Bewohner der Gallia in dem Centralkamine, dem einzigen Abfluß für die Lava, überraschen können.
    Unglücklicher Weise, weil Jedermann das verhältnißmäßig geordnete und fast comfortable Leben in dem höher gelegenen Nina-Bau gern wieder aufgenommen hätte.
    »Da haben wir nun sieben abscheuliche Monate hier unten zugebracht, Herr Kapitän, begann eines Tages Ben-Zouf. Haben Sie unsere Nina während dieser Zeit beobachtet?
    – Gewiß, Ben-Zouf,

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