Reise durch die Sonnenwelt
ist nur ein Telegraph!«
Es war in der That ein Telegraph, ähnlich jenen Semaphoren der Seeküsten (Zeichentelegraphen zur Communication mit Schiffen auf offener See), der auf dem Felsen von Ceuta functionirte.
»Mordio! wiederholte Kapitän Servadac, wenn sich dort aber ein Telegraph befindet, so muß ihn wohl Einer errichtet haben.
– Wenigstens, bemerkte Ben-Zouf, wenn auf der Gallia die Telegraphen nicht etwa wie Bäume wachsen.
– Und wenn er gesticulirt, so muß ihn Jemand in Bewegung setzen.
– Wahrhaftig!«
Sehr enttäuscht, wandte Hector Servadac den Blick gen Norden.
Da, an der Grenze des Horizontes erhob sich der Felsen von Gibraltar und auf dem Gipfel des Eilandes sah Ben Zouf sowohl wie er selbst einen zweiten Telegraphen errichtet, der auf die Zeichensprache des ersteren zu antworten schien.
»Sie haben Ceuta schon besetzt, sagte Kapitän Servadac mürrisch, und unser Erscheinen wird nach Gibraltar hinüber gemeldet.
– Nun und dann, Herr Kapitän?
– Dann, Ben-Zouf, erwiderte dieser, müssen wir unser Project der Eroberung aufgeben und zum bösen Spiele gute Miene machen.
– Aber, Herr Kapitän, es können höchstens fünf bis sechs Engländer zur Vertheidigung Ceutas bei der Hand sein …
– Nein, nein, Ben-Zouf, erklärte Kapitän Servadac bestimmt, sie sind uns zuvorgekommen, und wenn meine Argumente sie nicht bestimmen, den Platz zu räumen, so ist eben nichts zu machen.«
Hector Servadac und Ben-Zouf langten jetzt, nicht in bester Stimmung, bei dem Felsen von Ceuta an. Plötzlich erschien eine Wache, als habe den Mann eine Feder emporgeschnellt.
»Wer da?
– Gut Freund! Frankreich!
– England!«
So lauteten die zuerst gewechselten Worte, als vier Soldaten auf dem oberen Theile des Eilandes sichtbar wurden.
»Was wünschen Sie? fragte Einer von den Leuten, welche zur Garnison von Gibraltar gehört hatten.
– Ich möchte Ihren Vorgesetzten sprechen, antwortete Kapitän Servadac.
– Den Kommandanten von Ceuta?
– Den Kommandanten von Ceuta, wenn Ceuta schon einen Befehlshaber hat.
– Ich werde es ihm melden!« antwortete der englische Soldat.
Kurze Zeit darauf trat der Kommandant von Ceuta in voller Uniform auf die äußersten Felsen des Eilandes vor.
Es war kein Anderer als Major Oliphant.
Nun klärte sich Alles vollkommen auf Kapitän Servadac’s Gedanken, Ceuta zu besetzen, hatten die Engländer nicht nur ebenfalls gehabt, sondern ihn auch früher zur Ausführung gebracht. Nach Besitzergreifung des Felsens höhlten sie in demselben einen wohlkasematirten Wachtposten aus. Lebensmittel und Heizmaterial wurden auf dem Boote des Kommandanten von Gibraltar schon übergeführt, bevor das Meer zufror.
Eine dichte, aus der Felsmasse selbst aufsteigende Rauchsäule bewies, daß hier während des Gallia-Winters tüchtig gefeuert worden sein und die Garnison trotz seiner Strenge nicht Noth gelitten haben mochte. Die britischen Soldaten zeigten in der That ein sehr befriedigendes Embonpoint und selbst Major Oliphant war, so unbequem ihm das auch sein mußte, etwas behäbiger geworden.
Die Engländer von Ceuta lebten dabei gar nicht so sehr vereinsamt, da sie nur zweiundeinhalb Meilen von Gibraltar trennten, so daß sie entweder durch Ueberschreitung der alten Meerenge oder durch ihren Telegraphen stets in Verbindung mit ihren Genossen blieben.
Wir bemerken hierbei gleichzeitig, daß Brigadier Murphy und Major Oliphant nicht einmal ihre Schachpartie unterbrochen hatten und sich ihre wohl überlegten Züge telegraphisch übermittelten.
Sie ahmten damit jenen zwei amerikanischen Gesellschaften nach, welche im Jahre 1846 trotz Sturm und Regen telegraphisch eine berühmte Schachpartie zwischen Washington und Baltimore auskämpften.
Wir brauchen es wohl nicht ausdrücklich zu sagen, daß es sich zwischen Brigadier Murphy und Major Oliphant noch immer um jene Partie handelte, welche sie schon vor dem Besuche Kapitän Servadac’s auf Gibraltar begonnen hatten.
Inzwischen erwartete der Major sehr ruhig, was die beiden Fremdlinge von ihm begehrten.
»Der Herr Major Oliphant, glaub’ ich? begann Kapitän Servadac salutirend.
– Major Oliphant, Gouverneur auf Ceuta, erwiderte der Officier und setzte sogleich hinzu: Mit wem hab’ ich die Ehre zu sprechen?
– Mit Kapitän Servadac, General-Gouverneur von Warm-Land.
– Ah, sehr schön, antwortete der Major.
– Erlauben Sie mir, mein Herr, fuhr Hector Servadac fort, Ihnen meine Verwunderung auszudrücken, Sie hier,
Weitere Kostenlose Bücher