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Reise im Mondlicht

Titel: Reise im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antal Szerb
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berufshalber außerhalb der Mauer bewegte, der viel ungebrochener und gesünder als Mihály
     war, ob der wohl   … Tiger, tiger burning bright   …
    Der Sonntagnachmittag in Auteuil war schön und langweilig, nach Film aussehende Gestalten gab es diesmal nicht, das Ganze
     hatte einen mondänen, vornehmen Anstrich, mit Vertretern der französischen Haute Bourgeoisie, die Erzsi nicht interessierten,
     da diese Leute noch konformer und untigerhafter waren als die entsprechenden in Budapest. Sie atmete erst auf, als Szepetneki
     sie auf dem Heimweg zum Abendessen einlud und dann mit ihr tanzen ging. János zog sämtliche Register, er versuchte, sie betrunken
     zu machen, gab groß an, deklamierte, weinte und war zwischendurch höllisch männlich – wobei das alles eigentlich kaum nötig
     war. Wie immer chargierte János seine Rolle, denn auch wenn er kein Wort gesagt hätte, hätte Erzsi die Nacht bei ihm verbracht,
     in Befolgung der inneren Logik der Dinge und auf der Suche nach den brennenden Tigern.

|145| Dritter Teil
Rom
    Go thou to Rome – at once the Paradise,
    The Grave, the City, and theWilderness.
    P.   B.   Shelley: Adonais

|147| 1
    Mihály war schon seit Tagen in Rom, und es war ihm noch immer nichts widerfahren. Kein romantisches Flugblatt war vom Himmel
     gefallen, um ihm den Weg zu weisen, so wie er es aufgrund von Ervins Worten erwartet hatte. Einzig Rom war ihm widerfahren,
     wenn man das so sagen darf.
    Im Vergleich mit Rom schrumpften sämtliche italienischen Städte. Verglichen mit Rom war Venedig, wo er sich offiziell mit
     Erzsi aufgehalten hatte, nicht das Wahre gewesen, und Siena auch nicht, wohin er zufällig mit Millicent gekommen war. Denn
     in Rom war er allein und zwar, wie er fühlte, auf einen Fingerzeig von oben. Alles, was er in Rom sah, stand im Zeichen des
     Schicksals. Schon bei anderen Gelegenheiten, bei einem frühmorgendlichen Spaziergang oder an einem der geheimnisvollen späten
     Sommernachmittage, hatte er ein solches Gefühl gehabt, daß sich alles mit einem besonderen, unnennbaren Sinn füllte. Hier
     aber empfand er das in jedem Augenblick. Straßen und Häuser hatten bei ihm schon früher weitreichende Ahnungen geweckt, aber
     nie so stark wie die Straßen, Palazzi, Ruinen und Gärten Roms. An den ungeheuren Wänden des Teatro Marcello vorbeischlendern,
     auf dem Forum zuschauen, wie zwischen antiken Säulen kleine Barockkirchen herauswuchsen, oder von einem Hügel auf die Sternform
     des Regina Coeli-Gefängnisses hinunterblicken, durch die Gassen des Ghetto spazieren, oder durch merkwürdige Höfe von Santa
     Maria sopra Minerva zum Pantheon hinübergehen, durch dessen große, runde Dachöffnung der dunkelblaue Sommerabendhimmel sichtbar
     war – damit vergingen seine Tage. Und abends müde, todmüde ins Bett sinken, im häßlichen kleinen Hotelzimmer mit dem Steinfußboden,
     in der Nähe des Bahnhofs, wohin er sich am ersten Abend erschreckt verkrochen und dann |148| nicht die Energie gehabt hatte, es gegen eine bessere Behausung auszutauschen.
    Aus dieser Trance wurde er durch Tivadars Brief aufgerüttelt, den ihm Ellesley aus Foligno nachgeschickt hatte.
     
    Lieber Mischi,
    es erfüllt uns mit großer Sorge, daß Du krank gewesen bist. Mit Deiner gewohnten Nachlässigkeit hast Du vergessen zu schreiben,
     was Dir eigentlich gefehlt hat, obwohl Du Dir vorstellen kannst, daß wir das gerne wüßten.Bitte hole es nach.Bist Du wieder
     ganz gesund? Deine Mutter ist sehr beunruhigt. Nimm mir nicht übel, daß ich Dir erst jetzt Geld schicke, aber Du weißt ja,
     wie viele Schwierigkeiten es mit den Valuten gibt. Ich hoffe, die Verspätung hat Dir keine Unannehmlichkeiten bereitet. Du
     schreibst, ich solle ›viel Geld‹ schicken; Du drückst Dich da etwas ungenau aus, ›viel Geld‹ ist immer relativ. Vielleicht
     wirst Du die überwiesene Summe für wenig halten, da sie ja kaum mehr beträgt als das Geld, das Du, wie Du schreibst, schuldest.
     Für uns ist aber auch das viel Geld, in Anbetracht des aktuellen Geschäftsgangs, von dem wir besser gar nicht reden, und in
     Anbetracht der großen Investitionen, die wir in letzter Zeit getätigt haben und die erst nach Jahren amortisiert sein werden.
     Doch auf jeden Fall wird das Geld reichen, damit Du dein Zimmer bezahlen und nach Hause fahren kannst. Zum Glück hast Du ja
     eine Fahrkarte hin und zurück. Denn ich brauche wohl nicht erst zu betonen, daß Du keine andere Möglichkeit hast. Du kannst
     Dir

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