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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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gebührend?
    Das Auspulen ist für meine zarten Finger ermüdend. Die Hülsen liegen kühl in meinen Händen. Mitunter stecke ich mir eine kugelige Erbse in den Mund. Ein Geschmackserlebnis, das ich noch aus meiner Kindheit kenne. Damals habe ich mit meiner Oma die Schoten von den Ranken gepflückt und an Ort und Stelle aufgebrochen. Es geht nichts über ackerfrische Erbsen.
     
    Shirin kocht Chakchouka.
    Öl im Topf erhitzen,
    zwei Zwiebeln anbraten,
    einen Esslöffel Tomatenmark,
    drei passierte frische Tomaten hinzufügen,
    unter Umrühren zehn Minuten kochen lassen,
    eine Prise Salz,
    Pfeffer,
    Kreuzkümmel,
    scharfes rotes Paprikapulver und Knoblauch dazugeben,
    vier grüne mittelscharfe Paprika,
    zwei kleine Zucchini,
    drei Karotten kleinschnippeln,
    alle Zutaten plus einer knappen Handvoll Erbsen in den Tomatentopf geben,
    zwanzig Minuten kochen lassen,
    kurz vor Ende der Kochzeit drei Eier in das Chakchouka schlagen, sodass sie stocken.
    Shirin wünscht: »Chahia Taiba.«
     
    »Asslema.« Ali Baba, auf Feierabend eingestimmt, wirft trockene Olivenzweige auf den Holzscheit. Walda bringt ihm einen Bottich mit heißem Wasser und traditioneller Seife, damit er seine ölverschmierten Hände säubern kann.
    Zum Chakchouka gibt es frisches, französisches Baguette. Wir tunken das Brot in unser Gemüse. Kulant legt mir Shirin einen Blechlöffel auf den Tisch. Den lasse ich demonstrativ liegen. Ich will nicht, dass man mich ständig als deutschen Gast behandelt. Ich bin hier zu Hause.
    Nach jeder Mahlzeit erledige ich die Drecksarbeit im Kochbereich. Eine kleine Gefälligkeit von mir, weil es mir an nichts Lebensnotwendiges mangelt. Zuweilen hilft mir der kurze Mehdi. Er bringt Kleinigkeiten in die Küche und putzt den Tisch ab. Manchmal stelle ich einen Stuhl vor die Spüle und lasse ihn leichte Plastikteile abwaschen. Es bedeutet doppelte Arbeit für mich, weil ich hinterher heiß spülen muss. Aber es ist ein Teil meines Emanzipationsplans. Ich zeige den Jungs im frühen Alter, dass man das feminine Geschlecht entlasten muss.
    Sofienne schüttelt kritisch den Kopf, wenn er sieht, dass sein Sohn leichte Frauenarbeit verrichtet. Mehdi lässt sich nicht beirren, denn in meinem Trolley befinden sich noch einige Schokobonbons.
    Immer wieder sonntags greift Walda zum Handy und ruft ihren Sohn im fernen Deutschland an. Nachdem sie ihre arabischen Floskeln und Beanstandungen losgelassen hat, gibt sie mir das Mobiltelefon. Auch ich baue meinen Frust ab und quengele über Alltagssituationen, die mir nicht behagen.
    »Jadda und ich halten uns den lieben langen Tag allein zu Haus auf«, beschwere ich mich bei Khalid.
    »Und wie schlagt ihr beiden Hübschen eure Zeit tot?«
    »Mit Däumchen drehen.«
    »Soll ich ein Rückflugticket für dich buchen?«, fragt Khalid, der meine Untergangsstimmung heraushört.
    »Nein«, schreie ich in den Hörer. »Ich will mehr erleben, als die Küche zu putzen und in der Sonne zu braten.«
    Obwohl wir erst Ende März schreiben, knallt die Sonne tagsüber erbarmungslos vom Himmel.
    Nur der Wind bewahrt uns vor einem qualvollen Hitzetod.
    Der profane Alltagstrott, den Jadda und ich zusammen erleben, stumpft mich zusehends ab. Alisha besucht uns aufgrund ihrer Schwangerschaftsbeschwerden nur noch selten. Nayla und die Kinder sind allenfalls sporadisch präsent. Ali Baba werkelt tagsüber in seinem Automobilbetrieb und Walda hält mitsamt den restlichen zwei Schwägerinnen im Magasin nach Kunden Ausschau, da das Geschäft momentan nicht floriert.
    Das Duschen klappt mittlerweile bestens, weil Jamila mir die Duschvorrichtung erklärt hat. Das Wasser für Dusche und Toilette kommt aus einem Regenauffangbehälter plus Pumpe, wobei das meiste Wasser in den elektrischen Boiler läuft. Über diesen Boiler, der in Sofiennes Küche angeschlossen ist, läuft heißes Wasser durch den Duschschlauch. Am Vortag des Abbrausens gebe ich Nayla Bescheid, damit sie frühzeitig den Strom für das heiße Wasser anstellt, was sie gelegentlich vergisst. Die Regenwasserpumpe lärmt wie ein Presslufthammer. Mitunter ist die Auffangwanne leer. In dieser Zeit ist das Duschen untersagt. Ali Baba hat die Toilettenspülung abgestellt, damit wir das kostbare Regenwasser nicht unnütz verbrauchen. Jadda, die als Einzige mit mir die europäische Toilette benutzt, spült mit einem kleinen Becher Wasser nach. Ich spüle mit der WC-Papier-Alternative meine Geschäfte hinunter. Hoffentlich fällt es niemanden auf, dass ich den

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