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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Shea
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verlustig werdet, wenn ihr euch in der Unterwelt eines Kapitalverbrechens schuldig macht.«
    »Es ist eine Beleidigung, auch nur daran zu denken, daß meine Begleiter und ich etwas Ungesetzliches tun würden!« empörte sich der Than. »Wir betrachten deshalb Eure Worte als reine Formalität.«
    »Meinen Herren ist es gleichgültig, in welchem Licht ihr diesen Vertrag seht«, erwiderte die Zombie, »solange ihr ihn unterzeichnet. Jeder von euch muß seinen Handballen als Beglaubigung auf das Pergament drücken.«
    Nachdem die drei es getan hatten, überreichte ihre Begleiterin jedem ein kleines dickes Reptil, das einen lavendelfarbigen Schimmer ausstrahlte. Diese winzigen Wesen trugen eiserne Halsbänder mit Ketten, die die drei Pilger an ihrer Weste befestigen sollten. Die Reptilien ließen sich daraufhin auf ihren Schultern nieder. Nun führte die Zombie die drei über die Schwelle in die Unterwelt.
    Kurz zuvor fiel Cugel einen Schritt hinter dem Than zurück und hing seine beiden Beutel mit Sulls Eigentum an dessen Gürtel. Als sie die dunkle Schwelle hinter sich gelassen hatten, holte Cugel eilig die Beutel zurück, noch ehe dem Than ihr Gewicht bewußt geworden war.
    Die kleinen Reptilien strahlten ein dumpfes rosa Glühen aus, das jeden der drei mit genügend Licht versorgte, ein paar Schritt weit zu sehen. Ein schwerbeladenes Packtier folgte ihnen und vervollständigte den kleinen Zug.
    »Wie kommt es«, fragte Cugel Polderbag leise, als sie bereits eine beträchtliche Strecke zurückgelegt hatten, »daß nichts von dem beachtlichen einseitigen Verkehr zu bemerken ist, von dem Ihr spracht? Wo sind die Karawanen mit den von den Schuldnern eingetriebenen Gütern? Wo sind die geketteten Schuldner selbst, die nach Euren Worten Nacht für Nacht in die Tiefe verschleppt werden, und von denen ich persönlich in Millions Gather einen Trupp sah? Statt des erwarteten infernalen Trubels gibt es hier nur trostlose Stille und Öde.«
    Das stimmte. Die Stille war vollkommen. In all den Stunden ihrer Wanderschaft waren sie nicht ein einziges Mal auf andere Reisende, weder menschlicher noch dämonischer Natur gestoßen. Das Glühen der Reptilien drang durch die Dunkelheit vor und hinter den dreien. In diesem Licht stapften sie auf der breiten, immer noch gut erhaltenen Straße dahin, die in weiten Schlangenlinien in die Tiefe führte. Fast an jeder Kurve waren zerfallene Terrassen, wo die Karawanen in früheren Zeiten eine Rast eingelegt hatten.
    Die Gegend ringsum war nur sehr undeutlich erkennbar. Vorherrschend war ein rauhes Gestein, das grünlich glimmte.
    »Die Öde, die Ihr so zu recht bemerkt habt«, murmelte Polderbag nun in Antwort auf Cugels Frage, »ist einer Politik der Unterweltlords zuzuschreiben. Sie wollen nicht, daß der Umfang ihrer Plünderung bekannt wird, damit er nicht gar zu organisiertem Widerstand führt. Alle Gefangenen, sowohl als auch das beschlagnahmte Eigentum, wird des Nachts in die Tiefe geschafft, und gewöhnlich durch weniger bekannte Eingänge als Steeps Jaw. Befinden sie sich erst einmal in der Unterwelt, verteilen sie sich schnell.«
    Die Zeit verging, ohne daß irgend etwas Bemerkenswertes die Eintönigkeit unterbrach. Zweimal hielt die Gruppe an, um zu essen, dann um zu schlafen. Sie wußten nicht, wie bald sie wieder geweckt wurden, ihrer Meinung nach jedenfalls viel zu schnell für ihre müden Glieder. Danach ging die Wanderung endlos weiter.
    Schließlich verlor sogar der Than die Geduld. Er rief der Zombie und verlangte eine Rast und eine Stärkung. Ihre übelriechende Begleiterin war ihnen während dieser letzten Etappe ziemlich weit vorausgeschritten, und sie führte auch das Packtier am Zügel. Sie erklärte dies als Vorsichtsmaßnahme, da dieser Teil der Straße, wie sie sagte, sehr unübersichtlich, ja sogar gefährlich war.
    Mumber Sull rief ein zweites Mal, doch die Zombie reagierte auch jetzt nicht. »Mir kommt nun erst zu Bewußtsein«, murmelte Cugel, »daß ich schon längere Zeit ihren scheußlichen Gestank nicht mehr rieche. Ich glaubte schon, ich hätte mich daran gewöhnt.«
    »Diese Kreatur hat uns verlassen und das Packtier mit unserer Verpflegung mit sich genommen!« rief Sull entrüstet.
    Nach dem ersten Schrecken stieß Polderbag triumphierend hervor: »Das löst das Problem für uns, wie wir uns ihr unbemerkt hätten entziehen können.«
    Cugel schüttelte den Kopf. Er hatte ein ungutes Gefühl. »Etwas ist hier faul. Weshalb hat sie uns verlassen? Und wie

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