Reise in die Unterwelt
sein, ehe er zurückkehrte.
Der Weg führte sie durch die halbe Stadt und einen Hang empor, in dessen Mitte sich Steeps Jaw hervorhob, wo der Eingang zur Unterwelt gähnte. Doch ehe sie so weit gekommen waren, schlug Polderbag vor, erst noch einen kleinen Imbiß in einer der Tavernen einzunehmen. Sie ließen sich auf einer Terrasse nieder und bestellten Käse und Wein. Der einzige andere Gast war ein düster blickender Mann mit einem hohen konischen Hut aus weißem Pelz. Er schien sich in seiner Haut ganz offensichtlich nicht wohl zu fühlen, und starrte den drei Neuankömmlingen mißtrauisch entgegen.
Polderbag rückte nun mit seinem wahren Motiv für die Einkehr hier heraus. »Ich habe nachgedacht«, erklärte er. »Ich werde euch in die Unterwelt begleiten, bis zu den Gewürzfeldern.«
»Aber weshalb, geschätzter Polderbag?« Der Than hob die Brauen.
»Um ehrlich zu sein, die Rechte, die ihr zu erstehen gedenkt, sind äußerst begehrenswert. Unterweltgewürze bringen auf der Oberwelt aufgrund ihrer psychischen Potenz viel Geld ein. Für euch ist die Erntegenehmigung lediglich ein Vorwand zum Betreten der Unterwelt. Für mich ist sie eine einmalige Chance. Gestattet mir, sie zu ergreifen. Als Gegenleistung helfe ich euch, euren Wachen zu entschlüpfen, denn das ist unbedingt erforderlich, wenn ihr tiefer in die Dämonenwelt eindringen wollt. Ich werde auf den Gewürzfeldern die Aufmerksamkeit von euch ablenken, damit ihr euch verstecken könnt.«
Mumber Sull war äußerst zufrieden mit diesem Vorschlag und nickte gerade zustimmend, als der Mann mit dem hohen Spitzhut einen Schrei ausstieß. Er hatte die Finger nach der Flasche auf seinem Tisch ausgestreckt. In diesem Moment verwandelte seine Hand sich in eine Stachelkröte, die mit ihren Vorderpfoten die Flasche packte und sie schmatzend leerte.
Einen Augenblick starrte der Mann nur auf diese Kreatur, in die sein rechter Arm auslief. Dann riß ein brüllendes Gelächter in der Luft hinter ihm ihn aus seiner Benommenheit. Mit einem Schrei warf der Fremde sich herum, als wollte er sich über das Gelächter stürzen. Doch da es nicht von fester Substanz war, hämmerte er nur hilflos auf den Boden. Dabei zerplatzte die Stachelkröte. Blauer Staub wirbelte hoch und setzte sich auf allem, das er berührte, fest – einschließlich der bisher unsichtbaren Gestalt eines Mannes, die nun unter dem Staub bläulich glitzerte. Der Mann mit dem Pelzhut warf sich wütend auf ihn. Die beiden stürzten mit solcher Wucht auf den Boden, daß die morschen Holzbretter brachen und sie in das darunterliegende Bad fielen.
Sull und Cugel rannten zum Rand des ausgezackten Loches. Sie sahen, wie der Mann mit dem Spitzhut eine gewaltige Schlangenbrut heraufbeschwor, die der Blauglitzernde mit einer ganzen Badewanne voll gelber Spinnen abwehrte. Polderbag rief seinen beiden Begleitern zu: »Wir wollen uns schleunigst von hinnen begeben. Es könnte gefährlich werden, sich auch nur in der Nähe einer solchen Auseinandersetzung aufzuhalten.«
Unterwegs fragte der Than Polderbag, was das Ganze zu bedeuten hatte. Der Dicke seufzte. »Vorfälle wie diese sind hier in der Stadt schon fast alltäglich. Sie sind ein Beweis der verhängnisvollen Sucht, die die Bewohner zu Sklaven der Dämonen macht.«
»Die Streitenden waren demnach Agenten der Unterwelt?«
»Nein, lediglich Opfer ihrer teuflischen Verführungskünste. Vom Anfang des Unterwelthandels an haben die Menschen dieser Stadt von allen lieferbaren Produkten der Unterwelt die der Magie bevorzugt. Die Bürger geben ihre letzte Münze für schwarzen Zauber, um damit ihre zahllosen Fehden zu ihren Gunsten zu beenden. Viele verfallen dadurch ihren Gläubigern, bis sie zu deren persönlichem Eigentum herabsinken und von den nächtlichen Karawanen in die Unterwelt verschleppt werden.«
Cugel nickte nachdenklich, er erinnerte sich des nächtlichen Zugs. »Aber weshalb verkaufen die Dämonenlords dann Amulette und so, wenn sie sie doch, nach Warpls Angaben, so hoch einschätzen?«
Polderbag zuckte die Schultern. »Da alle Zauber, die einem Menschen verkauft werden, in den Besitz des Dämons zurückgelangen, sobald der Mensch in dessen Schuld steht, sind sie nicht wirklich verloren, sondern lediglich eine Art Investition, die hohe Zinsen bringt. Nicht nur der Mensch selbst, sondern sein ganzes weltliches Gut kann in den Besitz des Unterweltgläubigers übergehen, wenn letzterer dem ersteren ein paar Amulette und Zauber verkauft.«
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