Reise nach Genf
murmelte er zweifelnd.
Nach einer halben Stunde hatten sie den Tatort gefunden.
»Es war da vorne in einem Weizenfeld. Hier die Jeans Ihrer Frau. Wir fahren jetzt zu dem Zeltlager.«
»Ja, ja«, sagte ich matt. »Ich bin im Hotel. Wie finde ich das Krankenhaus?«
Er beschrieb es mir. Ich stand auf und ging zum Hotel. Das Restaurant war leer, an meinem Tisch saß der Baron und starrte mir entgegen. »Sie müssen nichts sagen«, sagte ich. »Blum war in Genf im Hotel ›Beau Rivage‹, als Watermann krepierte. Nicht wahr? Und Sie haben das gewußt. Westphal auch.«
»Es ist in den letzten Jahren alles außer Kontrolle geraten«, sagte er dumpf. »Ich habe das gewußt, ja. Ich wollte es nicht wissen, ich habe es geahnt. Die sind so fanatisch, lieber Gott. Was ist mit Ihrer Frau?«
»Sie haben sie vergewaltigt«, sagte ich. »Wissen Sie denn, woher Blum die Medikamente hatte, die Watermann eingetrichtert wurden?«
Er schüttelte den Kopf. »Weiß ich wirklich nicht. Damals fingen sie an, alles an mir vorbeizuplanen, ich wurde nicht mehr informiert. Ich denke, Gerber hat ihnen die Medikamente gegeben, oder?«
»Wahrscheinlich«, sagte ich. »Aber letztlich ist das auch egal. Wo ist Blum?«
»Verschwunden«, sagte er. »Er verschwand, kurz nachdem Sie gegangen sind.«
»Alles sauber, alles logisch«, sagte ich. »Ich fahre jetzt ins Krankenhaus.«
»Kann ich mitfahren?«
»Nein«, sagte ich heftig. »Zumindest diese Schweinerei hätten Sie verhindern können.«
Er starrte blicklos in die Gegend und nickte. »Westphal ist natürlich auch weg«, sagte er.
»Ist mir egal«, sagte ich.
»Er war ja damals auch in Genf«, sagte er tonlos. »Das habe ich erst später erfahren, als Blum sich mal verplapperte. Er hat sich Daun genannt. Ich habe das verdrängt. Sie sind die Mörder.«
»Wie schick«, sagte ich.
Zwei Polizeibeamte kamen herein. Einer von ihnen verbeugte sich linkisch vor dem Baron. »Im Zeltlager ist nichts festzustellen. Die Leute haben alle geschlafen. Ein paar haben Kratzer. Aber sie sagen, das stammt von den Streifzügen durch die Wälder. Tja, ich weiß nicht.«
Er wandte sich zu mir: »Sie ist nicht Ihre Frau, nicht wahr?«
»Nein, meine Freundin.«
»Sind Sie sicher, daß sie sich mit niemandem freiwillig eingelassen hat?«
»Noch so eine Frage, und Sie haben keine Zähne mehr«, sagte ich.
»He«, er wurde scharf und wollte irgend etwas Hitziges sagen.
Ich machte zwei schnelle Schritte und langte zu. Ich weiß nicht einmal mehr, wo ich ihn traf, ich erinnere mich nur, daß er auf einen Tisch fiel.
Dann ging ich nach draußen, setzte mich in den Jeep und fuhr in das Krankenhaus. Sie wollten mich nicht zu Minna lassen, sie sagten, sie seien noch bei der Untersuchung. Sie verwiesen mich in eine dieser trostlosen Sitzgruppen, die aus mir unerfindlichen Gründen in beinahe jedem Krankenhaus in der Regel zwischen zwei vergammelten Gummibäumen stehen.
Irgendwann kam ein junger Arzt vorbei und setzte sich mir gegenüber. »Sie ist nicht vergewaltigt worden«, sagte er. »Aber das macht kaum einen Unterschied. Sie ist genauso geschockt, als wäre es tatsächlich passiert.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie lange sie hierbleiben muß?«
»Wir würden gerne einen Psychologen hinzuziehen«, sagte er.
»Sicher eine Woche. Es sind sehr tiefe seelische Wunden.«
»Ja, das will ich meinen. Haben Sie ein Schmerzmittel für mich?« Ich zeigte ihm den Gips an der Hand.
»Natürlich«, sagte er. Er verschwand und kam mit einer kleinen Packung Tabletten zurück. »Nehmen Sie zwei. Wenn Sie nicht schlafen können …«
»Ich habe keine Zeit zu schlafen«, sagte ich. »Sagen Sie ihr, ich komme so schnell wie möglich wieder, und ich rufe sie an.«
»Gut«, sagte er. Er war froh, mich loszuwerden.
Ich fuhr zum Hotel, ich packte unsere Sachen, ich lud sie in den Jeep und machte mich auf den Weg. Einmal, zwischen Ulm und Augsburg, bekam ich Regen. Ich öffnete alle Fenster und empfing die Nässe mit Dankbarkeit. In Augsburg ging ich wieder auf die B 23 und trudelte vor mich hin. Gegen morgen, als der LKW-Verkehr einsetzte, machte ich eine Pause auf einem Parkplatz und schlief zwei Stunden. Die Träume, die mich quälten, waren so ekelhaft, daß ich sofort weiterfuhr und nicht eher haltmachte, bis ich Oberammergau erreichte.
Ich ging in die nächste Drogerie und gab unsere Filme ab. Ich sagte: »Ich bezahle das Doppelte, wenn ich einen Abzug pro Bild innerhalb von zwei Stunden bekomme. Jedes Bild
Weitere Kostenlose Bücher