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Reise nach Ixtlan.

Reise nach Ixtlan.

Titel: Reise nach Ixtlan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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die Nasenlöcher auf. Er warf einen  Blick auf mein Notizbuch und tat so, als wollte er schreiben.
    »Ich glaube, Carlos ist fester denn je«, sagte Don Juan zu Don Genaro.
    »Vielleicht ist er zu fest«, warf Don Genaro ein. »Das kann gut sein«, räumte Don  Juan ein. Ich wußte nicht, was ich an diesem Punkt noch beisteuern sollte, daher schwieg ich.
    »Erinnerst du dich daran, wie ich damals dein Auto blockierte?« fragte Don Juan beiläufig.
    Diese Frage kam unverhofft und hatte nichts mit dem zu tun, worüber wir gesprochen hatten. Er bezog sich auf eine Gelegenheit, als es mir nicht gelungen war, den Motor meines Wagens anzulassen, bis er sagte, nunmehr ginge es. Ich entgegnete, niemand könne so ein Erlebnis vergessen. »Das war noch gar nichts«, sagte Don Juan in sachlichem Ton. »Überhaupt nichts, nicht wahr, Genaro?«
»Stimmt«, sagte Don Genaro unbeteiligt.
    »Was willst du denn damit sagen?« protestierte ich. »Was du damals getan hast,  überstieg wirklich meine Vorstellungskraft.«
    »Das will nicht viel besagen«, konterte Don Genaro.«
    Beide lachten laut, und Don Juan klopfte mir auf den Rücken. »Genaro kann etwas viel Besseres, als dein Auto blockieren«, fuhr er fort. »Nicht wahr, Genaro?«
»Stimmt«, antwortete Don Genaro und spitzte wie ein Kind den Mund.
    »Was kann er denn?«fragte ich und versuchte unbefangen zu wirken.
    »Genaro kann dein ganzes Auto verschwinden lassen!« rief Don Juan dröhnend. Im  selben Ton fügte er hinzu: »Nicht wahr, Genaro?«
    »Stimmt!« erwiderte Don Genaro mit der lautesten Stimme, die ich je bei einem Menschen gehört hatte.
    Ich sprang unwillkürlich auf. Mein Körper verkrampfte sich in drei oder vier nervösen Zuckungen.
    »Was meinst du damit, daß er mein ganzes Auto verschwinden lassen kann?« fragte ich.
    »Was meinte ich, Genaro?« fragte Don Juan.
    »Du meinst, daß ich in das Auto steigen, den Motor anlassen und davon fahren  kann«, antwortete Don Genaro mit wenig überzeugendem Ernst.
    »Laß das Auto verschwinden, Genaro«, drängte Don Juan ihn in scherzhaftem Ton.
    »Schon gemacht!« sagte Don Genaro, runzelte die Stirn und sah mich schief an.  Ich bemerkte, daß er seine Augenbrauen wellenförmig runzelte, was ihm einen bösen, stechenden Blick verlieh. »Na gut!« sagte Don Juan ruhig. »Gehen wir und schauen wir nach dem Auto.«
    »Ja«, echote Don Genaro. »Gehen wir hin und schauen wir nach dem Auto.«
    Sie standen sehr langsam auf. Einen Moment wußte ich nicht, was ich tun sollte,  aber Don Juan bedeutete mir, ebenfalls aufzustehen.
    Sie gingen den kleinen Hügel vor Don Juans Haus hinauf. Die beiden flankierten mich, Don Juan ging zu meiner Rechten und Don Genaro zu meiner Linken. Sie gingen etwa drei Meter vor mir, immer so, daß ich sie sehen konnte. »Laßt uns nach dem Auto sehen«, sagte Don Genaro nochmals. Don Juan bewegte die Hände, als spönne er einen unsichtbaren Faden. Don Genaro tat dasselbe und wiederholte: »Laßt uns nach dem Auto sehen.« Sie bewegten sich irgendwie in Sprüngen. Ihre Schritte waren länger als normal und sie bewegten die Hände, als peitschten oder droschen sie auf irgendwelche unsichtbaren Gegenstände vor ihnen ein. Nie hatte ich Don Juan solche Kapriolen aufführen sehen, und fast war es mir peinlich, ihn anzusehen. Als wir oben anlangten, schaute ich zu der etwa fünfzig Meter entfernten Stelle am Fuß des Hügels hinab, an der ich das Auto geparkt hatte. Mein Magen krampfte sich zusammen. Der Wagen stand nicht dort. Ich lief den Hügel hinab. Das Auto war auch sonst nirgends zu sehen. Für einen Moment stürzte ich in tiefe Verwirrung. Ich war desorientiert.
    Mein Wagen hatte dort geparkt, seit ich am frühen Morgen angekommen war. Etwa vor einer halben Stunde erst war ich noch hinuntergegangen, um einen neuen Block Schreibpapier zu holen. Bei dieser Gelegenheit hatte ich daran gedacht, wegen der extremen Hitze die Fenster offen stehen zu lassen, doch die vielen Moskitos und anderen fliegenden Insekten, die es in dieser Gegend in Mengen gab, veranlaßten mich, meinen Vorsatz aufzugeben, und so hatte ich den Wagen wie üblich verschlossen gelassen. Wieder schaute ich mich überall um. Ich weigerte mich zu glauben, daß er fort war. Ich ging bis an den Rand der gerodeten Fläche. Don Juan und Don Genaro kamen mir nach und stellten sich neben mich, wobei sie dasselbe taten wie ich - nämlich in die Ferne spähen, ob das Auto irgendwo zu sehen sei. Ich erlebte einen Moment der

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