Reise nach Ixtlan.
war blockiert. Um das Auto fortzuschaffen, hätten sie es mit Muskelkraft hochheben müssen. Dafür wären so viele Helfer nötig gewesen, wie sie meiner Überzeugung nach keiner von ihnen hätte auftreiben können. Eine andere Möglichkeit war, daß sie sich mit jemand abgesprochen hatten, der das Auto aufgebrochen, kurzgeschlossen und weggefahren hatte. Das jedoch hätte Spezialkenntnisse erfordert, über die sie nicht verfügten. Die einzige weitere mögliche Erklärung war, daß sie mich vielleicht hypnotisierten. Ihre Bewegungen waren für mich so neu und kamen mir so verdächtig vor, daß ich anfing, eine Kette von Rationalisierungen anzustellen. Wenn sie mich hypnotisierten, so dachte ich, .dann war ich in einem veränderten Bewußtseinszustand. Bei meinen Erfahrungen mit Don Juan hatte ich festgestellt, daß man in einem solchen Zustand unfähig ist, sich den Zeitablauf zusammenhängend zu vergegenwärtigen. In all den Zuständen einer anderen Realität, die ich erlebt hatte, hatte es, was den Zeitablauf betraf, nie eine kontinuierliche Ordnung gegeben, und ich folgerte daraus, daß, wenn ich wachsam blieb, ein Punkt kommen mußte, an dem ich meine übliche Zeitordnung verlor. So etwa, wenn ich in einem bestimmten Augenblick einen Berg anschaute und im nächsten bewußten Moment feststellte, daß ich in entgegengesetzter Richtung ins Tal schaute, ohne daß ich mich erinnerte, mich umgedreht zu haben. Wenn nun etwas dieser Art mit mir geschehen sein sollte, so folgerte ich, dann könnte ich das, was hier mit meinem Auto passiert war, vielleicht als einen Fall von Hypnose erklären. Ich fand, daß ich nichts anderes tun konnte, als jede Einzelheit mit peinlicher Genauigkeit zu beobachten. »Wo ist mein Auto?« fragte ich, mich an beide wendend. »Wo ist das Auto, Genaro?« fragte Don Juan mit todernstem Gesicht. Don Genaro fing an, kleine Steine umzuwenden und darunter zu suchen. Er arbeitete sich fieberhaft über die ganze Fläche vor, an der mein Auto gestanden hatte. Er drehte jeden einzelnen Stein um. Von Zeit zu Zeit tat er so, als würde er wütend, und schleuderte den Stein ins Gebüsch.
Don Juan schien unbeschreibliches Vergnügen an dem Schauspiel zu finden. Er kicherte und lachte und schien meine Anwesenheit fast vergessen zu haben. Don Genaro hatte soeben in einem Anfall von gespielter Frustration einen Stein weggeschleudert, als er sich einem ziemlich großen Felsblock zuwandte - dem einzigen großen, schweren Stein auf der Parkfläche. Er versuchte ihn umzudrehen, der war aber zu schwer und zu tief im Boden verankert. Er kämpfte und keuchte, bis er in Schweiß geriet. Dann setzte er sich auf den Stein und rief Don Juan zu Hilfe.
Don Juan drehte sich mit strahlendem Lächeln nach mir um und sagte: »Komm, wir wollen Genaro zur Hand gehen.«
»Was tut er denn?« fragte ich.
»Er sucht nach deinem Auto«, sagte Don Juan in beiläufigem, sachlichem Ton.
»Um Himmels willen! Wie will er es unter den Steinen finden?« protestierte ich.
»Um Himmels willen, warum nicht?« erwiderte Don Genaro, und beide lachten schallend.
Wir konnten den Stein nicht von der Stelle rücken. Don Juan schlug vor, wir sollten zu seinem Haus gehen und einen soliden Holzbalken holen, um ihn als Hebel einzusetzen. Auf dem Weg zum Haus sagte ich ihnen, ihr Tun sei absurd, und alles, was sie für mich täten, sei unnötig. Don Genaro schaute zu mir herüber. »Genaro ist ein sehr gründlicher Mann«, sagte Don Juan mit ernster Miene. »Er ist genauso gründlich und peinlich genau wie du. Du selbst sagtest, daß du nie vergißt, einen Stein umzuwenden. Er tut dasselbe.«
Don Genaro klopfte mir auf die Schulter und meinte, Don Juan habe völlig recht, und er wolle wirklich so sein wie ich. Er sah mich mit einem törichten Blinzeln an und riß die Nasenlöcher auf. Don Juan schlug die Hände zusammen und warf seinen Hut auf den Boden.
Nachdem wir lange hinter dem Haus nach einem soliden Balken gesucht hatten, fand Don Genaro einen langen, ziemlich dicken Baumstamm, ein Stück von einem Dachbalken. Er legte ihn über die Schulter, und wir machten uns wieder zu dem Platz auf, wo mein Auto gewesen war.
Als wir den kleinen Hügel hinaufstiegen und kurz vor der Wegbiegung waren, von der aus man die ebene Parkfläche sehen konnte, hatte ich plötzlich eine Idee. Ich glaubte, ich könnte ihnen zuvorkommen und das Auto finden, aber als ich hinabschaute, war am Fuß des Hügels kein Auto zu sehen.
Don Juan und Don Genaro
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