Reise ohne Ende
noch mehr Jahre“, sagte Gilrae gut gelaunt. Ihm gegenüber war sie immer so gutgelaunt, dachte er mißmutig.
Sie behandelte ihn genauso, als sei er noch einer von den Kleinen! Sie sah sich noch einmal in der Kinderstation um.
„Ich gehe ungern hier weg. Es macht mir Spaß, hier mit den Kindern und den Ärzten zu arbeiten. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte mich auf Medizin spezialisiert.“ Rae war in diesem Jahr biologischer Offizier gewesen, und wenn in der Kinderstation kleine Kinder waren, verbrachten die Biologen, wie die Mediziner, den größten Teil ihrer Zeit damit, die Kinder zu pflegen und für sie zu sorgen. Sie sagte noch: „Die Gruppe hier habe ich richtig liebgewonnen, jetzt, da ich weiß, daß sie alle überleben werden. Ich denke, es ist an der Zeit, ihnen ihre Namen zu geben, meinst du nicht auch?“
„Noch ein paar Wochen, dann sind sie ein volles Jahr alt“, sagte Gildoran. Nach Schiffszeit war es nun fast ein Jahr her, daß sie den Planeten verlassen hatten, auf dem er aufgewachsen war. Er konnte nun ohne allzu große Schmerzen an Janni denken. Er dachte kaum noch an sie. Wenn sie heute einen Planeten finden und zurückkehren würden, dann wäre sie alt, eine alte Frau, oder tot.
Weit öfter als an Janni dachte er an Merrik, der den Weltraum gewollt hatte und wußte, daß er ihn nie bekommen konnte. Er hatte Merrik nur so kurz gekannt und war ihm in dieser kurzen Zeit nähergekommen als Janni in einem ganzen Jahr. War ein Freund einem immer näher als eine Geliebte?
Vielleicht kommt das daher, dachte er, daß mir Gilmarin noch immer fehlt. Die ganze Zeit, jeden Tag. Gilmarin wird mir immer fehlen. Oder Giltallen.
Er schaute Rae an und dachte daran, daß ihr Giltallen ebenso fehlte wie ihm sein Freund, sein erster Freund, Gilmarin fehlte.
Er sagte impulsiv: „Vielleicht sollte unter den Kindern dort ein Giltallen sein, wenn wir ihnen die Namen geben, Rae. Oder vielleicht eine Giltallena.“
Er sah, wie sie zusammenzuckte, und erkannte den nackten Schmerz in ihren Augen. Sie schluckte und konnte ihm einen Moment nicht antworten. Dann sagte sie: „Noch nicht, meine ich. Das ist zu früh, Doran. Laß mir… laß uns allen noch ein bißchen Zeit.“ Ihre Stimme war ruhig, aber er hatte gesehen, wie sie zusammengezuckt war. Sie sagte schnell: „Ich muß hoch zu der Zeremonie. Ich schicke dir sofort jemanden herunter, sobald ich Bescheid weiß, der dir sagt, was du als nächstes zu tun hast. Kopf hoch – noch drei Jahre, und du bist alt genug, dir dein erstes Spezialgebiet auszusuchen.“ Sie ging weg, und Gildoran machte damit weiter, den Kindern das Besteck für das Abendessen hinzustellen. Es war nicht so, daß er den Dienst in der Kinderstation nicht mochte. Nein, aber er hatte die Strampelhosen der Kinder und ihre Rasseln ein wenig satt, und er war es müde, die Spielsachen aufzulesen, die sie von einem Ende der Station zum anderen verstreuten. Die Vierjährigen waren gerade dabei, die Schiffsdisziplin zu lernen, die eiserne Regeln darüber einschloß, alles wieder dorthin zu bringen, wo es hingehörte, damit es für den nächsten zur Verfügung stand, aber soweit waren die Kleinen noch nicht. Noch schlimmer als das Durcheinander war das Essen.
Die Rationen in der Kinderstation waren sicherlich ganz genauso nahrhaft wie das Essen in irgendeinem anderen Teil des Schiffs, vielleicht sogar nahrhafter, aber die fade Kost hatte er satt – und das Personal aß das gleiche Essen wie die Kinder.
Er fragte sich, wie die Puhbären das aushalten konnten.
Oder vielleicht war es so, daß sie auf der Welt, von der sie kamen – welche auch immer es sein mochte – ebenfalls fades Essen aßen. Er wußte es eigentlich nicht wirklich. Die Puhbären und die Späher teilten sich schon seit undenkbaren Zeiten die Schiffe, aber er hatte im Grunde keine Ahnung, von welcher Welt sie wirklich kamen, und auch sonst wußte niemand etwas darüber, abgesehen vielleicht von ein paar Spezialisten in der Geschichte der Späher.
Einer war gerade am anderen Ende der Station damit beschäftigt, die Vierjährigen mit leiser Stimme dazu anzuhalten, ihre bunten Wachsmalstifte wieder wegzuräumen, während ein anderer die Blätter mit den bunten Farbflecken an die Wand hing. Einer von den Kleinen hatte seinen Malkasten umgeworfen, und der Puhbär erzählte ihm eine Geschichte, während er mit geschickten Fingern jede Farbe in die richtige Aussparung im Kasten einordnete.
„…und da sagte der Kapitän:
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