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Reise ohne Ende

Reise ohne Ende

Titel: Reise ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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können, dann können sie auch das Funkgerät umbauen.“
    Sie lachte. „Vielleicht hätten wir einen Transmitter auf Deck vier installieren sollen. Dann könnten wir hingehen und sie dazu bringen, mit uns zu reden.“ Er sah in ihr lachendes Gesicht. Ich liebe sie, dachte er. Ich würde es ihr nicht verübeln, wenn sie mich haßt, und vielleicht tut sie das auch. Aber ich liebe sie.
    „Meinst du, sie wären mit einem anderen Schiff einverstanden, wenn sie mit anderen tauschen würden, die bereit wären, mit uns zusammenzuarbeiten? Und wenn sie das nicht wollten –
    könnten wir sie zum Gehen zwingen, Merrit?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte sie besorgt. „Ich weiß noch nicht einmal, ob wir das tun sollten. Sie sind unsere Mütter, Doran.
    Du bist genau wie ich in der Tasche eines Puhbärs aufgewachsen. Man wirft seine Mutter nicht aus dem Haus, auch dann nicht, wenn sie wütend auf dich ist, auch dann nicht, wenn sie nutzlos für dich ist.“ Sie warf einen einzigen kalten Blick auf ihre entstellte Hand und sagte mit gekünstelter Abgeklärtheit: „Denn was Nutzlosigkeit betrifft…“
    „Du bist nicht nutzlos“, protestierte er, wußte aber zur gleichen Zeit, daß sie ihn nicht einmal hörte. Sie sagte abrupt: „Hast du nicht jetzt Dienst in der Kinderstation?“ Er sah auf die Uhr. „Stimmt.“ Seit dem Auszug der Puhbären machte jedes Mannschaftsmitglied der Samtfalter jeden zweiten Tag zwei Stunden Dienst in der Kinderstation. Das war die einzige Methode, den Kindern die enge persönliche Zuwendung zukommen zu lassen, die sie brauchten. Intelligenz bei Kindern schien in engem Zusammenhang mit direkter und ständiger Stimulation während der Kindheit und ständiger persönlicher Interaktion mit Erwachsenen zu stehen. Er zögerte jedoch, da er Gilmerrit nur ungern allein ließ. Versank sie wieder in eine ihrer immer wiederkehrenden Depressionen, in denen sie außerhalb ihrer regulären Dienststunden auf dem Schiff stundenlang in ihrer Hängematte lag, nicht las, nicht einmal meditierte, sondern nur dumpf brütend die Wand anstarrte?

    „Warum kommst du nicht mit in die Kinderstation? Eine Person mehr ist da immer willkommen“, schlug er vor, und sie drehte sich zu ihm um.
    „Verdammt noch mal, nein! Ich bekomme auf der Brücke schon genug Liebe und Freundlichkeit! Jeder findet für mich Arbeit, die mich physisch nicht anstrengt! Und wenn ich Gilmarina noch einmal ansehe, werde ich verrückt, glaube ich!
    Habe doch einmal ein wenig Mitleid mit mir, Doran!“ Er protestierte wieder. „Merrit, bleib nicht allein – das ist nicht gut für dich…“
    „Für mich ist nichts gut“, sagte sie und warf wieder den zwanghaften, bitteren, unpersönlichen Blick auf die häßliche, nutzlose Klaue, zu der, trotz ihrer heftigsten Bemühungen, ihre Hand verheilt war.

    Wir hätten sie sofort in den Regenerationstank stecken sollen.
    Gilmarinas Fuß ist so gut wie neu, und sie weiß ganz genau, daß ihre Hand ebensogut aussehen könnte. Es war mein Fehler. Ich habe ihr das angetan. Ich kann es ihr nicht verdenken, wenn sie mich wirklich haßt. Ich würde an ihrer Stelle genauso empfinden.

    „Merrit… Liebling…“ begann er, aber sie unterbrach ihn ungeduldig. „Kosmos! Gildoran, hör auf, mich zu bemuttern!“
    „Ich will doch nur…“
    Ihr Gesicht wurde sanfter. „Ach, ich weiß. Ich bin nichts für dich, Gildoran. Ich bin für niemanden gut. Ich bin schlimmer als die Puhbären! Eigentlich haßt du mich, nicht wahr, Doran?“
    „Dich hassen? Wie kannst du nur so etwas fragen?“ sagte er bestürzt und streckte die Hand nach ihr aus.
    Sie aber schob ihn weg. „Deine Schuldgefühle und deine Freundlichkeit habe ich verdammt satt“, sagte sie mit sich überschlagender Stimme und rannte durch den Gang zu dem Aufzug.
    Gildoran wollte ihr nachgehen, scheute aber bei dem Gedanken an eine weitere Szene zurück und wandte sich der Kinderstation zu. Er konnte nichts für sie tun, nicht im Augenblick. Später würde sie sich wieder beruhigen, wie sie das immer tat, und dann würde sie voller Schuldgefühle und unterwürfig zu ihm kommen, weil sie ihn belästigt hatte, ihn um Verzeihung bitten und insgeheim von der Angst verzehrt werden, er wolle sie verlassen. Er kannte den Kreislauf inzwischen, aber er liebte sie trotzdem.
    Er versuchte ärgerlich die Gedanken abzustellen, die sich in seinem Kopf drehten, und ging zur Kinderstation hinunter.
    Aus der Kinderstation erklang Musik. Rae saß an dem einen Ende

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