Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise ohne Wiederkehr

Reise ohne Wiederkehr

Titel: Reise ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna R. Unger
Vom Netzwerk:
Literaturkreis geleitet, die Zeitschrift
Freies Deutschland
herausgegeben und zwei Romane geschrieben. Seit 1947 lebte sie wieder in Ost-Berlin. Dort übernahm sie den stellvertretenden Vorsitz des Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, war Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste und trat der SED sowie dem Weltfriedensrat bei. Ende der Vierzigerjahre reiste sie in die Sowjetunion und nach Polen. Für ihre künstlerische und kulturpolitische Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet: Den Nationalpreis der DDR erhielt sie 1951, 1959 und 1971, den Stalin-Friedenspreis 1951, und die Universität Jena verlieh ihr 1959 die Ehrendoktorwürde.
    Mit ihrer Exilvergangenheit trug Anna Seghers dazu bei, die politische Legitimität der DDR zu stärken. Schließlich benötigte der ostdeutsche Staat prominente Fürsprecher, um sich nach innen und außen als das „bessere Deutschland“ gegen die Bundesrepublik behaupten zu können, deren Vertreter die Existenzberechtigung der DDR |120| ebenso infrage stellten wie ihren Anspruch, der „wahre“ deutsche Staat zu sein. Diese staatliche Inanspruchnahme des authentischen Antifaschismus, den die Remigranten verkörperten, sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele von ihnen von der Entwicklung enttäuscht waren, die die DDR nach den Anfangsjahren nahm.
     
    Zwischen allen Stühlen
     
    Über alle politischen Konflikte hinweg fanden sich diejenigen, die tatsächlich nach Deutschland zurückkehrten, mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Ganz grundsätzlich stellte sich die Frage, in was für eine Heimat sie eigentlich zurückkehrten. Carl Zuckmayer, der 1958 aus dem amerikanischen Exil in die Schweiz ging, schrieb später, es gebe für die Remigranten keine Heimkehr im eigentlichen Sinne.
    Die Fahrt ins Exil ist „the journey of no return“. Wer sie antritt und von der Heimkehr träumt, ist verloren. Er mag wiederkehren – aber der Ort, den er dann findet, ist nicht mehr der gleiche, den er verlassen hat, und er ist nicht mehr der gleiche, der fortgegangen ist. Er mag wiederkehren, zu Menschen, die er entbehren musste, zu Stätten, die er liebte und nicht vergaß, in den Bereich der Sprache, die seine eigene ist. Aber er kehrt niemals heim. 11
    Der Schriftsteller Hans Sahl, der in die USA emigriert war, reiste Anfang der Fünfzigerjahre nach West-Berlin. Der Entschluss dazu kam eher zufällig, weil seine New Yorker Wohnung gekündigt worden war, wie er in seinen Memoiren schrieb – ein Zeichen dessen, wie „heimat los “ er selbst nach mehreren Jahren in den Vereinigten Staaten geblieben war. In Berlin arbeitete Sahl als Journalist und versuchte, „die politische Entfremdung von dem Land meiner Geburt zu überwinden“. Allerdings konnte er, der auch in New York aufgrund seiner politischen Ansichten ein Außenseiter gewesen war, nicht recht Fuß fassen. Dass er schließlich in die USA zurückkehrte, war Ausdruck seines Versuchs, „der Alternative zwischen zwei Provisorien ein Ende zu machen, indem ich mich für das entschied, was mir vertrauter geworden war“ – und das waren die Vereinigten Staaten. Dort arbeitete Sahl als Übersetzer amerikanischer Literatur und schrieb für die
Neue Zürcher Zeitung
, die
Welt
und die
Süddeutsche Zeitung
. Das entlastete ihn auch von dem schlechten Gewissen, auf amerikanische Kosten zu leben, sodass er schließlich „Frieden mit Amerika“ schließen konnte. 12
    |121| Erwin Piscator
    Wie viele seiner Generation fand Erwin Piscator, der vor dem Ersten Weltkrieg in München studiert hatte, 1918/19 zum Kommunismus. In Berlin schloss er sich den Dadaisten an, organisierte Theateraufführungen für die Arbeiterschaft und gründete das „proletarische theater“. Mitte der Zwanzigerjahre übernahm er die Leitung der Berliner Volksbühne, an der er einen eigenen Inszenierungsstil entwickelte, der Film und Text in die Theateraufführung integrierte; diese Arbeit führte er an der 1927 gegründeten Piscator-Bühne weiter. 1931 übersiedelte er nach Moskau, um einen Film zu drehen; aufgrund der nationalsozialistischen Machtübernahme wurden daraus fünf Jahre. Als sich Piscator 1936 in Paris aufhielt, erfuhr er von seiner drohenden Verhaftung in Moskau und blieb daher in Frankreich; zwei Jahre später reiste er weiter in die USA. In New York gründete er den Dramatic Workshop an der New School, an dem er u. a. Marlon Brando und Tennessee Williams unterrichtete. Er verließ die USA, um

Weitere Kostenlose Bücher