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Reise um den Mond

Reise um den Mond

Titel: Reise um den Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einen directen Fall auf die Mondoberfläche hervorzurufen.
    – So recht! sprach Michel.
    – Wir haben das nicht gethan, als wir uns zum ersten Mal auf dem Punkt des Stillstandes befanden, und konnten’s auch nicht thun, weil die bewegende Kraft im Projectil noch zu beträchtlich war.
    – Richtig geurtheilt, sagte Nicholl.
    – Warten wir in Geduld ab, fuhr Barbicane fort. Versichern wir uns für jeden Fall des Vortheils, dann fasse ich, nachdem wir so lange verzweifelten, wieder Hoffnung, daß wir unser Ziel erreichen werden.«
    Michel Ardan begrüßte diese Aeußerung mit Hip und Hurrah! und keiner dieser Tollkühnen erinnerte sich, daß sie zu der Resolution gekommen waren: Nein, der Mond ist nicht bewohnt, der Mond ist wahrscheinlich nicht bewohnbar! Und dennoch waren sie im Begriff, Alles zu versuchen, um auf demselben anzukommen!
    Es blieb nur noch die Frage zu beantworten: in welchem Moment würde das Projectil genau den Punkt gleicher Anziehung erreichen, wo sodann die Reisenden Alles auf’s Spiel setzen wollten?
    Um diesen Moment bis auf einige Secunden genau zu berechnen, brauchte Barbicane nur seine Reisenotizen zu Rathe zu ziehen und herauszuheben, wann er über den verschiedenen Parallelgraden des Mondes sich befand. Es mußte demnach die Zeit, welche erforderlich war, um die Linie zwischen dem Punkt des Stillstandes und dem Südpol zu durchlaufen, derjenigen gleich sein, welche vom Nordpol bis zu dem Stillstandspunkt zu durchlaufen war. Die Zeitpunkte der zurückgelegten Linie waren genau notirt, und dadurch die Berechnung leicht.
    Barbicane fand nun, daß das Projectil um ein Uhr frühe in der Nacht vom 7. zum 8. December diesen Punkt erreichen werde. In diesem Moment war es drei Uhr frühe in der Nacht vom 6. zum 7. December. Folglich mußte, wenn keine Störung eintrat, das Projectil binnen zweiundzwanzig Stunden an dem gedachten Punkt anlangen.
     

    Ein Uhr. (S. 179.)
     
    Die Raketen hatten ursprünglich die Bestimmung, das Fallen auf den Mond langsamer zu machen, und jetzt waren die Wagehälse im Begriff, sie für den gerade entgegengesetzten Zweck zu verwenden. Wie dem auch sein mochte, sie waren bereit, im Augenblick angezündet zu werden.
    »Weil wir jetzt nichts zu thun haben, sagte Nicholl, so mache ich einen Vorschlag.
    – Welchen? fragte Barbicane.
    – Zu schlafen.
    – Das wäre köstlich! rief Michel Ardan.
    – Seit vierzig Stunden haben wir die Augen nicht geschlossen, sagte Nicholl. In einigen Stunden werden wir uns völlig erholen.
    – Niemals, entgegnete Michel.
    – Gut, versetzte Nicholl, thue jeder nach Belieben! Ich für meinen Theil schlafe!«
    Und Nicholl streckte sich auf einen Divan und bald schnarchte er gleich einem Achtundvierzig-Pfünder.
    »Der Nicholl ist gescheit, sagte Barbicane. Ich mach’s ihm nach.«
    Und nach einigen Augenblicken secundirte er mit seiner Baßbegleitung den Bariton des Kapitäns.
    »Gewiß, sagte Michel Ardan, als er sich allein sah, diese praktischen Leute haben Ideen, die so übel nicht sind.«
    Und seine langen Beine ausgestreckt, seine Arme unterm Kopf, schlief auch Michel ein.
    Aber dieser Schlaf konnte weder ruhig noch dauernd sein. Die drei Männer hatten doch allzuviel beunruhigende Gedanken im Kopf, und nach einigen Stunden, gegen sieben Uhr frühe, waren sie alle drei wieder auf den Füßen.
    Das Projectil entfernte sich immer mehr von dem Mond und kehrte ihm immer mehr seine Spitze zu. Die Erscheinung war bis jetzt unerklärlich, aber zum Glück den Absichten Barbicane’s förderlich.
    Noch siebenzehn Stunden bis zum Moment des Handelns.
    Dieser Tag wurde ihnen lang. So kühn die Reisenden auch waren, so lebhaft waren sie doch beunruhigt beim Herannahen des Augenblicks, der die Entscheidung bringen sollte, ob sie nach dem Mond fallen, oder ewig in einer unabänderlichen Bahn festgehalten werden sollten. Sie zählten die Stunden, welche ihnen allzulang wurden, Barbicane und Nicholl unablässig in ihre Berechnungen vertieft, Michel zwischen den engen Wänden hin und her gehend mit sehnsüchtigen Blicken nach dem Mond.
    Bisweilen durchkreuzten flüchtige Erinnerungen an die Erde ihren Kopf. Sollten sie ihre Freunde des Gun-Clubs, und vor Allen den theuren J.T. Maston wieder sehen? In dem Augenblick mußte der ehrenwerthe Secretär an seinem Posten im Felsengebirge sein. Wenn er das Projectil vor dem Spiegel seines Riesenteleskopf sah, was dachte er wohl? Nachdem er’s hinter dem Südpol des Mondes verschwinden gesehen, sah er’s

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