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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Vertrauen einflößen? Was habe er für Empfehlungen geltend zu machen? Was für Referenzen aufzuweisen?
    Wie er in solche Gedanken ging, fielen seine Blicke auf ein ungeheures Affiche-Blatt, welches von einem Clown in den Straßen Yokohama's herumgetragen wurde. Dasselbe lautete wörtlich:
     
[151]
    Japanesische Akrobaten-Truppe
    von William Batulcar.
     
    Letzte Vorstellungen
    vor ihrer Abreise nach den Vereinigten Staaten Nordamerika's der
    Langnasischen Lang-Nasen.
    Directe Anrufung des Gottes Tingu.
     
    Höchst anziehend!
     
    »Nach den Vereinigten Staaten Amerika's! rief Passepartout, das wäre gerade was für mich!« ...
    Er folgte dem Zettelträger nach und kam hinter ihm her bald in das Japanesische Stadtviertel. Nach einer Viertelstunde befand er sich vor einer großen Schaubude, welche mit einigen Bündeln Fähnlein geschmückt, und außen an den Wänden mit einer ganzen Gaukler-Bande in grellen Farben bemalt war.
    Es war die Anstalt des honorablen Batulcar, eines amerikanischen Barnum, Directors einer Truppe Seiltänzer, Zauberkünstler, Clowns, Akrobaten, Equilibristen, Gymnasten, welche, wie die Affiche besagte, ihre letzten Vorstellungen gab, bevor sie das Sonnenreich verließ, um in die Vereinigten Staaten sich zu begeben.
    Passepartout trat unter eine Vorhalle, die sich am Eingang der Bude befand, und fragte nach Herrn Batulcar. Derselbe erschien persönlich.
    »Was wollen Sie? sprach er zu Passepartout, den er anfangs für einen Eingeborenen hielt.
    Passepartout japanisirt. (S. 150.)
     
    – Können Sie einen Diener brauchen? fragte Passepartout.
    – Einen Diener, rief der Barnum, indem er sich seinen dichten grauen Bart unter'm Kinn strich, ich hab' [152] deren schon zwei, die mir treu und gehorsam sind, mich noch nie im Stich gelassen, und unentgeltlich bedienen, sofern ich sie nur ernähre ... Sehen Sie da! und zeigte dabei seine beiden kräftigen Arme, die mit dicken Adern bezogen waren, wie eine Baßgeige mit Saiten.
    – Also, können Sie mich zu nichts brauchen?
    Langnasen-Künstler. (S. 156.)
     
[153]
    [154] – Zu nichts.
    – Teufel! Es hätte mir doch gerade gepaßt mit Ihnen zu reisen.
    – Ah, sagte der honorable Batulcar, Sie sind gerade soviel Japanese, als ich Affe! Warum haben Sie sich denn in solche Kleidung gesteckt?
    – Man kleidet sich, wie man kann!
    – Sie haben Recht. Franzose sind Sie?
    – Ja, ein Pariser aus Paris.
    – Nun, dann müssen Sie auch Gesichter schneiden können?
    – Ganz gewiß, erwiderte Passepartout, den es doch ärgerte, daß man seiner Nationalität zu nahe trat, wir Franzosen verstehen uns allerdings darauf, Gesichter zu schneiden, aber doch nicht so gut, wie die Amerikaner!
    – Richtig. Nun denn, kann ich Sie auch nicht als Diener brauchen, so können Sie mir doch als Hanswurst dienen. Verstehen Sie, mein Wackerer, in Frankreich braucht man Ausländer als Possenreißer, und im Ausland Franzosen!
    – Ah!
    – Sie sind übrigens kräftig?
    – Besonders, wenn ich vom Essen komme.
    – Und Sie können singen?
    – Ja, versetzte Passepartout, der früher schon in Straßenconcerten aufgetreten war.
    – Aber verstehen Sie sich auch eine Vorstellung zu geben kopfunten, mit einem sich drehenden Kreisel auf der linken Fußsohle, und dabei mit der rechten einen Säbel im Gleichgewicht halten?
    – Wahrhaftig! erwiderte Passepartout, dem seine ersten Jugenderinnerungen in den Kopf kamen.
    – Das ist alles, sehen Sie!« versetzte der honorable Batulcar.
    Und er nahm ihn sogleich in Dienst.
    Kurz und gut, Passepartout hatte eine Stelle gefunden. Er hatte sich verbindlich gemacht, in der berühmten japanesischen Truppe alles mitzumachen. Das war zwar wenig schmeichelhaft, aber vor Ablauf von acht Tagen sollte er nach San Francisco unterwegs sein.
    Die Vorstellung, welche vom honorablen Batulcar mit großem Geräusch angekündigt war, sollte um drei Uhr beginnen, und bald ließen sich die ürchterlichen Instrumente eines japanesischen Orchesters, Trommeln und Tam- [155] Tams, am Eingang vernehmen. Natürlich hatte Passepartout nicht mehr eine Rolle einstudiren können, aber er sollte bei dem Hauptstück, der »Menschentraube«, welches die Langnasen des Gottes Tingu aufführten, mit seinen starken Schultern eine Stütze bieten. Dieses »höchst anziehende« Stück bildete den Schluß der Vorstellungen.
    Bereits vor drei Uhr war der Zuschauerraum der großen Bude gefüllt. Europäer und Eingeborene, Chinesen und Japanesen, Männer, Weiber und Kinder

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