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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Spitze des Zuges sahen, um die so jämmerlich unterbrochene Reise fortzusetzen.
    Als die Maschine anlangte, wendete sich Mrs. Aouda an den Conducteur:
    »Sie wollen abfahren? fragte sie.
    – Im Augenblick, Madame.
    – Aber die Gefangenen ... unsere unglücklichen Begleiter ...
    – Ich kann den Dienst nicht unterbrechen, versetzte der Conducteur. Wir sind schon um drei Stunden verspätet.
    – Und wann wird der nächste Zug von San Francisco vorbeikommen?
    – Morgen Abend, Madame.
    – Morgen Abend! Aber das ist zu spät. Sie müssen warten ...
    – Unmöglich, erwiderte der Conducteur. Wollen Sie mitfahren, so steigen Sie ein.
    – Ich fahre nicht mit«, war die Antwort.
    Fix hatte der Unterredung zugehört. Einige Augenblicke zuvor, als jedes Mittel der Weiterbeförderung ihm abging, wäre er im Stande gewesen, Kearney zu verlassen, und jetzt, da der Zug zum Abfahren bereit war, und er nur einzusteigen brauchte, fühlte er sich mit unwiderstehlicher Gewalt festgehalten. Bei erneuertem Schwanken behielt der Zorn über seinen Mißerfolg die Oberhand.
    Inzwischen hatten die Passagiere und einige Verwundete – unter andern der Oberst Proctor – ihre Plätze im Waggon eingenommen.
    Die Locomotive kommt zurück. (S. 207.)
     
    Die siedenden Kessel summten, der Dampf entwich aus den Klappen, der Maschinist pfiff, [208] der Zug setzte sich in Bewegung und enteilte rasch, seine Dampfwirbel verschwanden im Schneegestöber.
    Der Agent Fix war nicht mitgefahren.
    Es verlief Stunde auf Stunde bei sehr schlimmem Wetter, strenger Kälte. Fix saß auf einer Bank im Bahnhof unbeweglich, man konnte meinen, er schlafe. Mrs. Aouda verließ trotz des Unwetters jeden Augenblick das ihr eingeräumte Zimmer.
    Handgemein mit den Sioux. (S. 210.)
     
    Sie lief bis an's Ende des Quai, trachtete durch das Schneewetter hindurch zu sehen, den dichten Nebel zu durchdringen, horchte [209] auf jedes Geräusch. Vergebens. Dann kehrte sie ganz starr zurück, um bald nachher wieder zu kommen, doch immer vergebens.
    Es ward Abend, und die Truppe war noch nicht zurück. Wo mochte sie eben sein? War es möglich, die Indianer einzuholen? Kämpften die Soldaten, oder schweiften sie im Nebel umher? Der Kapitän war in großer Unruhe, obwohl er's nicht merken lassen wollte.
    Es ward Nacht, der Schnee fiel nicht mehr so arg, aber die Kälte nahm [210] zu. Unermeßliches Dunkel, tiefe Stille lag über der Ebene, kein Vogelflug, keine Spur eines Wildes.
    Mrs. Aouda, den Geist voll schlimmer Ahnungen, das Herz voll Angst, lief die ganze Nacht hindurch unstet am Rande des Wiesengrundes hin und her. Ihre Phantasie malte ihr tausend Gefahren vor: sie litt unaussprechlich in diesen langen, langen Stunden.
    Fix, stets unbeweglich an derselben Stelle, war ebenfalls schlaflos.
    So verlief die Nacht. Bei Tagesanbruch stieg die halb erloschene Sonnenscheibe am nebeligen Horizont auf. Doch konnte der Blick bis auf zwei Meilen weit dringen. Im Süden, wohin Phileas Fogg mit seiner Truppe gezogen, war Alles öde und leer. Es war sieben Uhr Vormittags.
    Der Kapitän, in äußerster Besorgniß, wußte nicht, was er anfangen sollte. Der ersten Truppe eine zweite zum Beistand nachschicken? Durste er bei so wenig Aussicht auf Rettung noch mehr Truppen opfern? Er winkte einem Lieutenant und befahl eine Recognoscirung vorzunehmen, – da ließen sich Schüsse vernehmen, die Soldaten stürzten aus dem Fort heraus, und in der Entfernung einer halben Meile sah man die kleine Truppe in bester Ordnung auf der Rückkehr, Herrn Fogg an der Spitze und neben ihm Passepartout mit den beiden anderen Reisenden, den Händen der Sioux entronnen.
    Zehn Meilen südwärts von Kearney hatte ein Kampf stattgefunden. Kurz vor der Ankunft der Truppen waren Passepartout und seine Gefährten bereits handgemein mit ihren Hütern, und der Franzose hatte schon drei derselben mit der Faust niedergeschlagen, als sein Herr mit den Soldaten zu ihrem Beistand erschien.
    Die Retter und Geretteten wurden mit Freudengeschrei empfangen, und Phileas Fogg händigte den Soldaten die zugesagte Prämie ein, während Passepartout nicht ganz ohne Grund sich sagte:
    »Wahrhaftig, ich mache meinem Herrn große Kosten.«
    Fix sprach kein Wort, sah Herrn Fogg in's Angesicht; was für Gefühle sich in seinem Innern stritten, wäre nicht leicht zu bestimmen. Mrs. Aouda ergriff die Hand des Gentleman, drückte sie warm in den ihrigen, ohne ein Wort vorbringen zu können.
    Passepartout hatte sich sogleich, wie er ankam,

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