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Reise zu Lena

Reise zu Lena

Titel: Reise zu Lena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Neven DuMont
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mit einem kameradschaftlichen Anflug. Ich überlegte kurz. Dann fragte ich ohne Umschweife:
    >War Geld in dem Kuvert, viel Geld?<
    Seine Antwort kam ohne Zögern, keineswegs überrascht:
    >Ja, es war ein ziemlich hoher Betrag, nicht wenig für Lena. Aber das war eben der Preis, sie wollte ihre Ruhe wiederhaben und vor allem Deine Ruhe. Noch eine Frage?<
    Ich überlegte lange, obwohl es mir auf der Zunge lag:
    >Der Mann, der das Kuvert genommen hat, wer war das?< Der Doktor war aufgestanden, ging im Raum hin und her, legte seinen Kopf zur Seite, sah nachdenklich zum Fenster hinaus. Ich schaute ebenfalls hinaus. Draußen im Hof stand ein einsamer Baum, kein sehr prächtiger, eher einer, der nicht wusste, ob er wachsen oder eingehen sollte.
    >Warum musst Du das wissen, Christie?<
    Seine Stimme hatte jetzt einen väterlichen Klang angenommen: >Ist das wirklich so wichtig für Dich? Was bringt Dir die Antwort, was ändert es?<
    >Ja<, beharrte ich, >ich muss es wissen. Wenn Sie es mir nicht sagen, werde ich eben Mutter fragen.<
    Er setzte sich mit einem leichten Stöhnen auf seinen Stuhl:
    >Nein, Lena wollen wir damit nicht behelligen. Nicht mehr mit der Sache. Sie hat schon genug durchgemacht, meinst Du nicht auch?<
    >Dann sagen Sie es mir: Wer war es? War es vielleicht mein Vater?<
    Der Doktor zuckte zusammen, stand auf und nahm den Gang durch das Zimmer wieder auf, als er von der hereinkommenden Sprechstundenhilfe unterbrochen wurde. Er winkte unwillig ab, stöhnte abermals, schloss dann die Tür:
    >O.k., Christie! Ich kenne Dich von klein auf, Du warst immer ein liebes Kind . . .<
    >Ja, bitte?<
    >Also gut, es war Dein Vater.<
    Ich sagte: >Danke<, erhob mich und verließ grußlos den Raum.
    Den nächsten Sommer verbrachten wir, Glorie und ich, unsere Ferien in den Bergen im Wallis. Es waren wunderschöne Tage. Zum ersten Mal hatten mich Glories Eltern nach oben eingeladen. Glorie war längst wie meine Schwester und wir beide wurden uns immer ähnlicher, hatten dieselben Redensarten, dasselbe Lachen. Unsere Körper waren in der Zwischenzeit etwas runder geworden, aber Gott sei Dank nicht zu sehr. Wie erwachsene Frauen wollten wir damals nun wirklich nicht aussehen. Aber wir waren ordentlich gewachsen, kräftiger und konnten mit Albert bereits große Bergwanderungen unternehmen. Er war reizend zu uns, und wir flirteten ganz schön mit ihm. Vor Fremden quoll er vor Stolz über, es war ihm sichtlich eine Freude, zwei so hübsche junge Mädchen in seiner Begleitung zu haben. Einmal sprangen wir, weil wir die Badesachen nicht dabei hatten, beide nackt in einen eiskalten Bergsee. Vater Albert durfte natürlich nicht hinsehen. Beim Abstieg hänselten wir ihn, warfen ihm vor, doch heimlich geguckt zu haben. Wir erklommen so manche Bergspitze, einmal einen Dreitausender.
    Abends lagen wir dann wie Tote in unseren Betten.
    Gerade dort oben, wo es am schönsten war, mitten in diese unbeschwerte Zeit, fiel Glorie zum ersten Mal in das >schwarze Loch<, wie sie es nannte. Ich musste verzweifelt mit ansehen, wie sie am Morgen mit glasigen Augen an mir vorbeisah und auf meine Fragen nicht antworten wollte. Ich verstand erst nicht, was mit ihr geschah. Sie war offenbar in einer anderen Welt, weinte lautlos vor sich hin. Die Traurigkeit hatte sie in ihre Fänge genommen. Als sie sich wieder mit mir verständigen konnte, kamen wir überein, den Vorfall vor ihren Eltern geheim zu halten. Doch Albert durchschaute uns schnell. Er kannte seine Tochter zu gut, sie war ihm so vertraut, dass er die kleinste Veränderung an ihr wahrnahm. Er brachte Glorie mit der Zahnradbahn ins Tal, wo sie von einem Arzt untersucht wurde. Ohne Resultat. Der offensichtlich überforderte Doktor sprach etwas von temporärem jugendlichem Irresein, vielleicht hervorgerufen durch Menstruationsstörungen oder körperliche Überanstrengung in den Bergen. Etwas Schonung und gesunde Nahrung würden genügen. So hockten wir in den letzten Tagen in unserem Zimmer, sahen wehmütig zu den Berggipfeln hinauf, die unsere Freunde geworden waren, und langweilten uns. Ann stellte uns zu unserer Ablenkung zwei französische Jungen vor, die im Nachbarhaus wohnten und mit deren Mutter sie jeden Tag Bridge spielte. Der eine von den beiden küsste mich auf den Mund, ein ziemlich nasses Vergnügen, der andere streichelte Glories Busen, was sie mir in allen Einzelheiten erzählte, und sie verliebte sich in ihn. Und ich ebenfalls. Glorie war ein wenig eifersüchtig. Aber es schien ihr

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