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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Bären wurden so auf wechselnde Art verbracht; das Thauwetter machte sichtliche Fortschritte; das Thermometer stieg auf zweiunddreißig Grad über Null (– 0° hunderttheilig). Bergströme rauschten in den Hohlwegen und tausend Wasserfälle bildeten sich an den Abhängen der Hügel.
    Der Doctor räumte etwa einen Morgen Landes auf und säete darein Kresse, Sauerampher und Löffelkraut, die eine so vortreffliche Heilwirkung beim Scorbut äußern. Schon sproßten kleine grüne Blättchen aus der Erde auf, als der Frost plötzlich wieder die Oberhand in seinem Reiche gewann.
    In einer Nacht sank das Thermometer bei strengem Nordwind etwa vierzig Grade, bis auf acht unter Null (– 22° hunderttheilig). Alles war wieder gefroren; Vögel, Vierfüßler und Amphibien verschwanden wie durch Zauberschlag; die Robbenlöcher schlossen sich wieder; die Risse verschwanden und das Eis bekam wieder die Härte des Granites, während die Cascaden, in ihrem Herabsturz gehemmt, lange Krystallzapfen bildeten.
     

    Eine merkwürdige Veränderung des Anblicks ging in der Nacht vom 11. zum 12. Mai vor, und als Bell am Morgen die Nase in diesen schneidenden Frost hinaussteckte, hätte er sie beinahe draußen gelassen.
    »O, über diesen Norden, rief der Doctor etwas verdrießlich, das ist so eine seiner Plagen! Nun werde ich mein Säen von Neuem anfangen können.«
    Hatteras nahm die Sache weniger philosophisch, so sehr trieb es ihn, seine Untersuchungen aufzunehmen, doch wohl oder übel mußte er sich fügen.
    »Und werden wir diese Kälte lange Zeit haben? fragte Johnson.
    – Nein, mein Freund, antwortete Clawbonny, das ist gewöhnlich der letzte Anfall des Frostes! Sie wissen, daß er hier zu Hause ist und ohne Widerstand läßt er sich nicht vertreiben.
    – Er vertheidigt sich wirklich gut, warf Bell ein, sich das Gesicht reibend.
    – Ja wohl, bestätigte der Doctor; aber ich hätte das wissen können und meine Sämereien nicht wie ein Unwissender vergeuden sollen, zumal da ich sie nöthigenfalls in der Nähe des Küchenofens hätte treiben lassen können.
    – Wie, sagte Altamont, Sie konnten diesen Temperaturwechsel voraussehen?
    – Gewiß, und ohne deshalb Prophet zu sein. Ich hätte wenigstens meine Sämereien unter den unmittelbaren Schutz der Heiligen Mamertus, Pancratius und Servatius stellenmüssen, deren Namenstage auf den 11., 12. und 13. dieses Monats fallen.
     

    – Können Sie mir beispielsweise sagen, Doctor, rief Altamont, welchen Einfluß die genannten drei Heiligen auf die Temperatur haben könnten?
    – Einen sehr großen, wenn man den Gärtnern, welche sie ›die drei Eisheiligen‹ nennen, Glauben schenkt.
    – Und wie das, wenn ich fragen darf?
    – Weil gewöhnlich im Monat Mai ein periodisches Froststadium einfällt, und der niedrigste Stand der Temperatur vom 11. bis 13. stattfindet. Das ist mindestens Thatsache.
    – Es ist merkwürdig; doch hat man eine Erklärung dafür? fragte der Amerikaner.
    – Ja; sogar zwei: Entweder erklärt man es durch die Annahme einer größeren Zahl Asteroïden 1 , die an diesem Tage zwischen Sonne und Erde vorüberziehen sollen; oder einfacher durch die Schmelzung der Schneemassen, welche eine große Menge Wärme bindet. Beide Erklärungen haben Etwas für sich. Muß man die Richtigkeit derselben anerkennen? – Ich weiß es nicht; aber wenn ich das auch nicht thue, durfte ich doch die Thatsache nicht außer Acht lassen und dadurch meine Pflanzungen in Gefahr bringen.«
    Der Doctor hatte Recht; mochte nun Dies oder Jenes die Ursache sein, die Kälte hielt bis Ende des Monats an; die Jagd mußte unterbrochen werden, nicht weil der Frost zu heftig gewesen wäre, als weil es Nichts zu jagen gab; zum Glück waren die Vorräthe an frischem Fleische bei Weitem noch nicht erschöpft.
    Die Ueberwinternden waren also zu neuer Unthätigkeit verurtheilt; während der nächsten vierzehn Tage, vom 11. bis 25. Mai, wurde ihr eintöniges Leben nur von einem einzigen Ereigniß unterbrochen, einer schweren Krankheit, die Rachenbräune, welche den Zimmermann unerwartet überfiel; bei den heftig geschwollenen Mandeln und den falschen Membranen, die darauf abgelagert waren, konnte der Doctor bezüglich der Diagnose nicht in Zweifel sein; hier war er aber in seinem Elemente, und die böse Krankheit, die auf ihn gewiß nicht gerechnet hatte, wurde bald abgewendet. Die Behandlung Bell’s war sehr einfach, und die Apotheke nicht weit. Der Doctor that Nichts weiter, als daß er den Kranken

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