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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und ebenso zahm zu sein, wie die Hasen und die Vögel dieser friedlichen Gegend. – Solcher Art waren wohl die Beziehungen des ersten Menschen zur Thierwelt bald nach der Schöpfung der Erde.
     

    Die Jäger gelangten in die Mitte der Truppe, die keinen Schritt entfloh; diesmal hatte der Doctor nicht wenig Mühe, Altamont’s Jagdtrieb zu zügeln; der Amerikaner konnte das herrliche Wild nicht sehen, ohne daß ihm das Blut berauschend zu Kopfe stieg. Hatteras betrachtete mit Rührung diese sanften Thiere, die ihre Nasen an den Kleidern des Doctors, der eben ein Freund aller lebenden Wesen war, rieben.
     

    Das Paradies in der Polarzone. (S. 411.)
     
    »Aber sind wir denn nicht eigentlich zum Jagen hierher gekommen? sagte Altamont.
    – Um Bisonochsen zu erlegen, antwortete Hatteras, aber nichts Anderes! Wir wüßten mit diesem Wilde Nichts zu beginnen, da unsere Vorräthe noch reichlich sind. Wir wollen doch lieber das rührende Schauspiel genießen, den Menschen sich der Freude dieser schüchternen Thiere anschließen zu sehen, und ihnen keine Furcht einflößen.
    – Das beweist uns, daß sie noch nie einen Menschen gesehen haben.
    – Unzweifelhaft, bestätigte der Doctor, und daraus kann man auch noch den weiteren Schluß ziehen, daß diese Thiere nicht amerikanischen Ursprungs sind.
    – Und warum das? fragte Altamont.
    – Weil, wenn sie im nördlichen Amerika geboren wären, sie wissen würden, was sie von dem zweihändigen Geschöpfe, das man Mensch nennt, zu erwarten haben, und sie bei unserem Anblick dann sicher geflohen wären.
     

    Nein, wahrscheinlich sind sie aus dem Norden gekommen und entstammen jenen unbekannten Gegenden Asiens, denen Unseresgleichen sich noch nie genähert haben, von wo aus sie möglicher Weise die dem Pole benachbarten Continente überschritten. Demnach, Altamont, haben Sie nicht das Recht, sie als Landsleute zu beanspruchen.
    – O, entgegnete Altamont, darauf sieht ein Jäger nicht so genau; das Wild gehört immer dem Lande desjenigen an, der es erlegt.
    – Nun beruhigen Sie sich, tapferer Nimrod! Ich für meinen Theil würde lieber mein Lebenlang auf jeden Flintenschuß verzichten, als dieser liebenswürdigen Bevölkerung Schrecken einjagen. Sehen Sie, sogar Duk fraternisirt mit den allerliebsten Thieren. Glauben Sie mir, und bleiben wir gütig, so lange es möglich ist! Die Güte ist eine Macht!
    – Schön, schön! entgegnete Altamont, der dieses Feinfühlen nicht ganz verstand, aber ich möchte Sie mit dieser Güte statt jeder Waffe mitten in einem Haufen von Bären oder Wölfen sehen.
    – O, es fällt mir nicht ein, auch wilde Thiere zu liebkosen, entgegnete der Doctor, an die Zaubereien eines Orpheus glaube ich nicht sehr; übrigens würden Wölfe und Bären auch nicht wie jene Hasen, Hühner und Rennthiere auf uns zukommen.
    – Und warum nicht, erwiderte Altamont, wenn auch sie noch keinen Menschen gesehen hätten.
    – Weil derartige Thiere von Natur wild sind, und die Wildheit, so wie die Schlechtigkeit, den Verdacht nähren; das ist eine Beobachtung, die an Menschen und Thieren gleichmäßig zu machen ist. Wer schlecht ist, ist auch herausfordernd, und Furcht haben die selbst leicht, welche sie Anderen einzuflößen gewöhnt sind.«
    Diese kleine philosophische Belehrung schloß die Unterhaltung.
    Der ganze Tag verstrich in diesem Thale, welches der Doctor Arkadien des Nordens zu nennen beliebte, wogegen seine Genossen gar keinen Einwand erhoben; und als der Abend kam, schlummerten die drei Jäger nach einer Mahlzeit, welche keinem der Bewohner dieser Gegend das Leben gekostet hatte, in einer Felsenaushöhlung, die eigens für sie gemacht schien, friedlich ein.
Siebenzehntes Capitel.
Altamont’s Vergeltung.
    Am andern Morgen erwachte der Doctor und seine zwei Gefährten nach einer völlig ruhig verbrachten Nacht. Die Kälte hatte sie, wenn sie auch nicht bedeutend war, doch am Morgen belästigt; aber gut bedeckt, wie sie waren, hatten sie, unter Obhut der friedlichen Thiere, fest geschlafen.
    Das Wetter blieb schön, und sie beschlossen, auch noch diesen Tag der Erforschung des Landes und dem Aufspüren von Bisonochsen zu widmen. Man mußte schon Altamont die Möglichkeit bieten, ein wenig zu jagen, und man einigte sich also dahin, daß, wenn diese Thiere auch die friedliebendsten der ganzen Welt wären, er das Recht haben solle, sie zu schießen. Uebrigens bietet ihr Fleisch, wenn es auch stark nach Moschus riecht, eine schmackhafte Speise, und die Jäger

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