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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Sturm, und das Meer zeigte sich so ruhig und eben, als wäre es seit zwölf Stunden nicht aufgeregt worden.
    Der Grund dieses plötzlichen Wechsels lag in einem außerordentlichen Phänomen, wie es einst der Kapitän Sabine in den Meeren Grönlands erlebte.
    Der Nebel ward, ohne aufzusteigen, in seltsamer Weise von Licht durchdrungen.
    Die Schaluppe fuhr in einem Streifen elektrischen Lichtes; einem ungeheuren Sanct Elmsfeuer voll Glanz, aber ohne Wärme. Der Mast, das Segel, das Takelwerk hob sich schwarz auf dem phosphorescirenden Hintergrund des Himmels mit unvergleichlicher Klarheit ab. Die Schiffenden waren rings von durchsichtigen Strahlen umspielt, und ihre Gesichter färbten sich in feurigem Reflex.
    Die plötzlich eintretende Windstille an dieser Stelle des Oceans rührte ohne Zweifel von der aufsteigenden Bewegung der Luftsäulen her, während der Sturm als eine Art Wirbelwind mit reißender Schnelligkeit rings um dieses stille Centrum fortwüthete.
    Aber diese feurige Atmosphäre regte bei Hatteras einen anderen Gedanken an.
    »Der Vulkan! rief er aus.
    – Ist’s möglich? sagte Bell.
     

    Ein unerklärter Feuerschein. (S. 471.)
     
    – Nein! Nein! entgegnete der Doctor; solche Flammen würden, wenn sie bis hierher drängen, uns ersticken.
    – Vielleicht ist’s sein Widerschein im Nebel, äußerte Altamont.
    – Ebensowenig. Man müßte denn annehmen, wir seien nahe dem Lande und in diesem Falle würden wir das Getöse des Ausbruchs vernehmen.
    – Aber dann? … fragte der Kapitän.
    – Es ist ein kosmisches Phänomen, erwiderte der Doctor, welches bis jetzt noch wenig beobachtet worden ist! … Fahren wir weiter, so werden wir bald aus dieser erleuchteten Sphäre heraus-und wieder in das Dunkel und das Sturmwetter hineinkommen.
    – Wie dem auch sein mag, vorwärts! versetzte Hatteras.
    – Vorwärts!« stimmten seine Gefährten ein, und dachten nicht einmal daran, an dieser ruhigen Stelle sich zu erholen.
    Das Segel mit feurigen Falten hing am funkensprühenden Mast herab; die Ruder tauchten in glühende Wogen und schienen Wellen von Funken aufzurühren, die aus hellleuchtenden Wassertropfen bestanden.
    Hatteras schlug nach Maßgabe des Compasses wieder die nördliche Richtung ein; allmälig verlor der Nebel seinen Lichtgehalt, dann seine Durchsichtigkeit; man hörte in der Nähe Windessausen, und bald kam die Schaluppe wieder in die Zone der Stürme.
     

    Ausbruch eines Eisvulkans. (S. 474.)
     
    Aber der Wind schlug glücklicher Weise südwärts um, und das Fahrzeug konnte mit dem Wind gerade auf den Pol zufahren, zwar mit Gefahr zu scheitern, aber mit unsinniger Schnelligkeit; jeden Augenblick konnte es auf eine Klippe, Felsen oder eine Eismasse stoßen, wodurch es unfehlbar in Stücke gehen mußte.
    Inzwischen wurde die Nähe der Küste merkbar; es ergaben sich dafür auffallende Anzeichen. Plötzlich spaltete sich der Nebel wie ein Vorhang, den der Wind zerriß und man konnte einen Moment am Horizont eine ungeheure Flammensäule himmelwärts aufsteigen sehen.
    »Der Vulkan! Der Vulkan! …«
    So rief’s aus allen Kehlen, aber die phantastische Erscheinung verschwand wieder; der Wind schlug in Südost um, faßte das Fahrzeug quer, und trieb sie nochmals von diesem unnahbaren Lande zurück.
    »Verdammt! rief Hatteras, und zog sein Segel ein; wir waren nur noch drei Meilen von der Küste!«
    Hatteras vermochte der Gewalt des Sturmes nicht zu widerstehen; aber, ohne zu weichen, lavirte er im Wind, der mit unbeschreiblichem Ungestüm tobte. Mitunter ward die Schaluppe auf die Seite gelegt, daß zu befürchten war, ihr Kiel möge völlig emportauchen; doch gelang es mit Hilfe des Steuerruders, sie wieder aufzurichten.
    Hatteras, mit flatternden Haaren, die Hand wie an’s Steuerruder geschmiedet, schien die Seele der Barke zu sein.
    Mit einem Mal bot sich ein schrecklicher Anblick seinen Augen dar.
    Keine sechzig Fuß weit entfernt schaukelte ein Eisblock auf der Spitze hochgethürmter Wellen; gleich der Schaluppe wogte er auf und nieder; er drohte herabzustürzen, wobei er sie dann schon bei einer Berührung zertrümmern würde.
    Aber neben dieser Gefahr, in den Grund hinabgerissen zu werden, zeigte sich noch eine andere, nicht minder schreckliche; denn dieser auf’s gerathewohl treibende Block war mit weißen Bären besetzt, die wider einander gedrängt vor Schrecken betäubt waren.
     

    Der Eisberg mit Bärenbesatzung. (S. 475.)
     
    »Bären! Bären!« rief Bell mit stockender Stimme.
    Und

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